Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
hatte auf ihn mit gieriger, unverhohlener Lust reagiert; sie hatte jede einzelne seiner Handlungen genossen. Sie hasste ihn bitterlich dafür, dass er sie dazu gebracht hatte, seinen niederträchtigen, herzlosen Begierden zu erliegen.
«Dies alles hat nichts zu bedeuten», sagte sie heftig. «Ihr habt mich dazu gezwungen. Und selbst wenn Ihr das immer und immer wieder tun würdet, so werde ich doch niemals, nie im Leben Eure Frau werden. Ihr könntet mir eine Pistole an den Kopf setzen und ich würde immer noch nein sagen. In dem Augenblick, in dem ich meinen Vater zum ersten Mal wiedersehen werde, wird er seine Zusage widerrufen.»
«Ich denke allerdings, dass es dafür ein wenig zu spät sein dürfte», sagte Alec. Er entfernte sich ein Stück vom Bett und begann in dem Haufen der von ihm abgelegten Kleidung zu wühlen. «Ich habe den Vertrag über die Mitgift bei mir, wenn du ihn gern sehen würdest», sagte er und zog ein zusammengefaltetes Stück Papier hervor. «Sieh dir die Unterschriften an. Sie sind eine Menge mehr wert, wenn auch nicht so charmant wie deine zornerfüllten Worte.»
Clarissa warf einen Blick auf den Kringel, den sie als ihres Vater Namen erkannte, und das hingekratzte Zeichen Lord Marldons. «Mein Vater kann das, würde das einfach nicht getan haben», keuchte sie. «Er hatte keinerlei Grund dafür.»
«Du denkst zu gut von ihm, Clarissa», antwortete er sachlich. «Er unterscheidet sich keinen Deut von all den anderen dahergelaufenen Neureichen, die zur guten Gesellschaft gehören wollen: verzweifelt bemüht, wenigstens ein bisschen blaues Blut in die Familie zu bekommen, um seinen vulgären Reichtum immerhin ein klein wenig vornehmer wirken zu lassen. Immer zuerst Geschäftsmann und erst in zweiter Linie Vater.»
Clarissa schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass er wahrscheinlich recht hatte, aber trotzdem konnte sie es einfach nicht fassen. Sie hatte ihren Vater nie für einen Mann gehalten, der ein solches Ziel so unbarmherzig verfolgen könnte. Die Wahrheit tat mehr weh als alles andere: Er hatte sie verkauft.
«Ich werde mich weigern, mich an diese Abmachung zu halten», sagte sie aufsässig.
«Dann wird er dich enterben.»
Clarissa drehte ihren Kopf zur Seite. «Das ist mir egal», entgegnete sie beleidigt.
«Ich fürchte, ich kann mir dich kaum als Weißnäherin vorstellen», machte er sich über sie lustig. «Oder als Gouvernante. Natürlich könntest du dich auch als Hure versuchen. Aber selbst deine Leidenschaftlichkeit dürfte nicht dazu ausreichen, dir die erlesene Garderobe zu finanzieren, die du gewohnt bist.»
«Warum also bin ich dann hier?», fragte sie, immer noch ohne ihn dabei anzusehen. «Wenn alles ohnehin beschlossene Sache ist und bereits in trockenen Tüchern, warum treffen wir uns dann nicht erst vor dem Altar?»
«Ich dachte, ich könnte ja mal ausprobieren, wie ich mich dabei anstelle, um eine Frau zu werben», sagte er. «Eine altmodische Anwandlung, ich weiß. Aber ich dachte, es wäre immerhin eine höfliche Geste.»
Kitty hätte schwören können, dass da irgendetwas Merkwürdiges vor sich ging. Sie hatte kein Fitzelchen von Clarissa zu Gesicht bekommen, seit sie gestern Abend zu den Lustgärten aufgebrochen war. Und diese Französin führte auf jeden Fall etwas im Schilde.
Pascale hatte am Morgen verkündet, dass Mademoiselle noch zu müde sei, um zum Frühstück zu kommen. Das hatte Kitty noch nicht wirklich besorgt gemacht, und als sie sich dann schließlich die Treppe hinaufschlich, um an ihrer Schlafzimmertür zu klopfen, hatte sie eigentlich auch nur gehofft, Clarissa dort vorzufinden, wie sie noch in süßen Träumen schwelgte. Kitty war immer begierig darauf, ihre Geschichten zu hören, wer mit wem getanzt und wer mit wem geflirtet hatte. Aber diesmal hatte sich nichts gerührt, und Kitty hatte, ein wenig beunruhigt, einen schnellen Blick in den Raum geworfen. Aber niemand hatte Clarissas Bett auch nur angerührt.
Sie sagte nichts, fand es sogar ganz lustig und abenteuerlich. Aber wirklich lustig wurde es erst, als sie zum Putzen in das Zimmer zurückkehrte – später als sonst, da Mademoiselle ja so lange geschlafen hatte – und dann alle Laken verwühlt und alle Kissen durcheinander geworfen waren. Hatte Clarissa das getan? Oder etwa Pascale?
Und dann war Clarissa auch noch, nach Pascales Aussage, fortgegangen, um einige Tage bei ihrer Kusine zu verbringen, die sich nicht wohl fühle. Allerdings hatte Kitty nichts davon gehört, dass
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