Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
darauf?“, scherzte Helene.
Henryk lächelte.
„Ich wusste es.“ Etwas flackerte in Baeskens’ Blick. „Gleiche Schaffensperiode?“
Henryk hörte Geschirr klappern, während er Baeskens ins Innere des Hauses folgte. Helene räumte den Tisch ab. Er fragte sich, ob sie Hausangestellte beschäftigten. Er hatte niemanden außer Peter und Helene gesehen. Andererseits schien es fast unmöglich, ein Anwesen dieser Größe ohne Personal zu bewirtschaften. Jemand musste sich um den Garten kümmern, und darum, dass die zahlreichen Zimmer sauber gehalten wurden. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Helene ihre Tage damit verbrachte, die Böden zu wischen.
Sie stiegen die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Peter öffnete eine Tür und lud Henryk mit einer Handbewegung ein, den Raum zu betreten. „Willkommen im Allerheiligsten.“
„Ihr Büro?“
Hinter Baeskens’ Schreibtisch hing ein kleines Gemälde, das ein Jagdstillleben zeigte.
„Oh“, hauchte er. „Ein Original?“
„Fragen Sie nicht, auf welch verschlungenen Wegen es zu mir gefunden hat.“ Jagdstolz schwang im Tonfall des Sammlers.
„Wie haben Sie es bekommen?“
„Ich habe es in Budapest gekauft. Der Händler hatte keine Ahnung, was er da an der Wand hängen hatte. Wissen Sie, was ich dafür bezahlt habe?“ Er lachte auf. „Also eigentlich kann man das gar nicht erzählen. Sagen Sie es nicht weiter, ja?“
„Werde ich nicht.“
„Viertausend Dollar. Der Mann hat sich gefreut, dass ich in Dollar zahle und nicht in Forint. Sie wissen, was das Ding wert ist, oder?“
Henryk trat dicht an das Bild heran. Das Alter verriet sich auf den ersten Blick. Die Craquelure, die Nachdunklung in den Schattenbereichen. Weiß war zu gelblichem Grau verblichen. Es traf ihn wie ein Schwall kaltes Wasser, als er erkannte, was da vor ihm hing.
„Da haben Sie das Problem“, murmelte er, „wenn sich bleihaltige Pigmente mit einem schweren Firnis verbinden. Das finden Sie bei vielen Rubens-Gemälden. Mit der Zeit saufen die Farben ab.“ Er drehte sich zurück zu Baeskens. „Wie viele Millionen?“
„Unbezahlbar. Sie sind gut, wissen Sie das?“
„Was meinen Sie?“
„Dass Sie den Rubens erkannt haben.“
Henryk zuckte mit den Schultern. Noch immer erfüllte es ihn mit Unglauben, dass er mit Peter Baeskens in diesem Zimmer stand, nachdem er zuvor mit ihm und seiner Frau zu Abend gegessen hatte. Dass sie ihn überhaupt ein zweites Mal eingeladen hatten, und dass seine Gesellschaft ihnen ganz offensichtlich Vergnügen bereitete.
„Ist es das, was das Sammeln ausmacht?“, fragte er. „Bilder aufstöbern, und sie weit unter Wert kaufen?“
„Sie haben die Galerie gesehen. Glauben Sie, ich könnte es mir leisten, für jedes Bild mehrere Millionen Pfund bei Christies hinzulegen?“ Peter beugte sich über den Schreibtisch und zog eine Schublade auf. „Man braucht ein gutes Auge und ein Gespür und natürlich Glück. Manche Bilder habe ich zum Marktwert gekauft. Aber finanzieren kann ich das nur, wenn ich ab und zu mal einen Glücksgriff tue und dann weiterverkaufe.“
„Also sind Sie eigentlich ein Kunsthändler.“
Baeskens nahm einen Umschlag aus der Schublade. „Ich verstehe mich eher als Entdecker.“
„Haben Sie sich schon mal vergriffen?“
„Sie meinen, einen drittklassigen Dorfmaler mit Rubens verwechselt?“ Er lachte. „Das hat mich noch niemand gefragt.“
„Und? Haben Sie?“
Baeskens schüttelte ein paar Fotos aus dem Umschlag. „Sehen Sie, das wollte ich Ihnen zeigen.“
Henryk drehte eines der Bilder ins Licht. „Was ist das?“
„Es hängt im Gastraum eines Restaurants in einer nordfranzösischen Kleinstadt.“
Die Aufnahme war verschwommen, und viel zu dunkel, um Details zu erkennen. Eine Winterlandschaft, Hütten an einem gefrorenen Fluss, am Horizont Kumuluswolken.
Zögernd legte er das Foto zurück auf den Tisch. „Mit französischen Malern kenne ich mich nicht so aus.“
„Kein Franzose.“ Peter lächelte schmal. „Los, sehen Sie genau hin.“
Henryk blätterte durch die Photos. Seine Fingerspitzen fühlten sich kalt an und sehr empfindlich. Er spürte, wie Baeskens ihn beobachtete. Ein paar Namen drehten sich in seinem Kopf, niederländische Meister. In Baeskens’ Galerie hatte er überwiegend Niederländer gesehen. Ein Fleck fiel ihm auf, schwarz in den Schatten.
Dann, als das Rascheln der Abzüge die Stille kaum mehr kaschieren konnte, sagte er: „Jan van de
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