Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
einem Fischernetz, herausbarst und die Uferböschung hinunterpurzelte. Ich sah es in fast zeitlupenartiger Klarheit, während ich durch die Luft dem grünen Wasser entgegenflog.
Ich klatschte mit der schmerzhaftesten aller Arschbomben ins Wasser – ehrlich, ich habe schon Leute brennende Flugzeuge eleganter runterbringen sehen. Aber das Wichtige war: Ich tauchte an einer Stelle ein, wo das Wasser tief genug war, um die Energie meines Sturzes zu absorbieren, und ich schaffte es irgendwie, bei Bewusstsein zu bleiben. Als ich wieder emporzutreiben begann, zog ich den Siphonschlauch aus meinem Hosenbund, riss den kleinen Hahn ab und steckte ein Schlauchende in den Mund. Ich hielt im Emportauchen so lange wie möglich die Luft an und schob dann, als ich knapp unter der Wasseroberfläche war, das andere Ende des Schlauchs über Wasser. Als ich ein Fleckchen erreichte, wo ich die Füße auf den Grund setzen und das Schlauchende über Wasser halten konnte, stellte ich jede Bewegung ein und versuchte einfach nur stillzustehen.
Ich war fast in der Mitte des Flusses und glaubte nicht, dass eine Kreatur, die wegen eines Wasserstrahls aus einem Schlauch ein solches Geheul angestimmt hatte, in so viel Wasser hinauswaten würde, wenn sie mich nicht mal sehen konnte – und hoffentlich auch nicht riechen, solange ich unter der Oberfläche blieb.
Es war ein aus der Verzweiflung geborener Plan gewesen, und ich war gar nicht dazu gekommen, darüber nachzudenken, wiees sich wohl anfühlte, auf dem Grund eines zehn Grad kalten Flusses zu stehen und durch einen Plastikschlauch zu atmen. Die ersten zwei, drei Minuten war es gar nicht so schlimm, aber nach zehn Minuten fror selbst ich mit meiner, gemessen am menschlichen Durchschnitt, extrem robusten Konstitution so fürchterlich, dass ich schon mit mir debattierte, ob es wirklich schlimmer sein konnte, von dieser Kreatur eingefangen oder getötet zu werden, als in diesem Wasser an Unterkühlung zu sterben.
Ich wartete noch eine Minute, arbeitete mich dann langsam ins Flache zurück und wankte an Land, genauer gesagt, auf ein verstecktes Fleckchen Zementufer unter einem Fußgängersteg. Vom Ghallu keine Spur, aber ich rührte mich nicht, bis ich sah, dass sich Polizisten und Sanitäter an dem Ende der Einkaufsesplanade versammelten, wo das Motorrad durch die Eisenabsperrung gebrochen war, und auf den Fluss hinabzeigten. Ein paar verbogene Metallteile ragten aus dem Wasser. Ich dachte mir, dass demnächst Taucher hinabgeschickt würden, um nach meinem Leichnam zu suchen, also kletterte ich jenseits des Stegs das Ufer hinauf und bemühte mich, den größten Teil des Wassers aus meinen Kleidern zu wringen, in der Hoffnung, auszusehen wie ein Penner, der eine harte Nacht hinter sich hatte. Ob mir kalt und elend war? Fragen Sie nicht.
Ich rief Sam an, aber er ging nicht dran, also sprach ich ihm eine knappe Nachricht auf den Anrufbeantworter, um ihn wissen zu lassen, dass ich noch am Leben war. Ich hoffte, dass das auch für ihn galt, machte mir aber Sorgen, weil ihn die Kreatur mit dem schweren Holzstück übel getroffen hatte. Ich versuchte es bei Monica, ebenfalls vergeblich. Ich hatte wirklich Angst, dass all meine engsten Freunde und Kollegen durch meine Schuld umgekommen waren, konnte aber nicht lange darüber nachdenken, weil ich wusste, dass der Ghallu immer noch irgendwo da draußen war. Wusste, dass ich kein Auto und keine Silbermunitionmehr hatte und dass Eligors Spitzel inzwischen garantiert in der ganzen Stadt lauerten.
Zitternd probierte ich es bei Clarence, dem Engel-Azubi, doch nicht mal den konnte ich erreichen, und allmählich fragte ich mich, ob mich alle einfach mieden – aus Selbstschutz. Ich wollte nicht triefnass den hellerleuchteten Veterans Boulevard entlangmarschieren, um mir ein Motelzimmer zu suchen, und ich wusste von keiner Obdachlosenunterkunft, die mich um diese Nachtzeit aufnehmen würde. Es blieb nur eine Möglichkeit.
Ich wählte die Nummer, von der ich nicht geglaubt hatte, dass ich sie je wirklich benutzen würde. Auch da war niemand, aber ich hinterließ eine Nachricht.
Eine Viertelstunde später hielt die lange schwarze Limousine am Rand des Veterans, über der Stelle, wo ich, noch immer tropfend, im Schattendunkel der Uferböschung hockte. Ich krabbelte hinauf und öffnete in geduckter Haltung die Beifahrertür. Als ich einsteigen wollte, presste sich etwas Hartes, das sich sehr nach Pistole anfühlte, an meine Stirn.
»Ihnen ist doch klar, dass
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