Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
den halbzertrümmerten Tisch, den er hochgehievt hatte, fallen und sprang dann auf mich zu.
Ein Wasserstrahl klatschte auf den Ghallu und drehte ihn seitwärts weg. Auch ich wurde klatschnass, merkte es aber kaum. Das Monster brüllte vor Wut und – halleluja! – Pein. Es war in zischende Dampfschwaden gehüllt. Polizeischeinwerfer leuchteten jetzt von der Straße durch das kaputte Fenster herein, doch selbst in ihrem grellen Schein sah ich unseren Widersacher nur als eine unstete schwarze Form, einen Schatten innerhalb eines Schattens.
Monica und Annie Pilgrim standen im Durchgang zu den Toiletten und kämpften mit einem riesigen Feuerwehrschlauch wie mit einer lebenden Anakonda, beballerten den Dämon mit einem Wasserdruck von dreizehn Bar. Die Dampfwolken wurden immer dichter, aber die Kreatur stand noch, ja schien sogar gegen den donnernden Strahl anzuwaten, hin zu dessen Quelle.
Die Idee war phantastisch, doch es war leider nicht genug Wasser, um den Ghallu ganz abzukühlen, und die Wucht reichte nicht, um ihn auch nur beträchtlich zu verlangsamen. Aber es brachte mich auf eine Idee und gab mir die Chance, sie umzusetzen. Während der Raum sich allmählich in eine siedend heiße Sauna verwandelte und das Monstrum brüllend und gurgelnd gegen den Wasserstrahl ankämpfte, sprang ich über die Bar und wühlte in den Trümmern, bis ich die Siphonschläuche für Mineralwasser und Tonic fand. Ich riss den nächstbesten samt Hahn und allem heraus, kroch dann durch das Chaos an die Wand hinter der Bar, tastete, bis ich eine dicke Verlängerungsschnur fand, und zog sie aus der Steckdose. Irgendwo in den Trümmern hörte ich Chico stöhnen.
»Chico?«, rief ich. »Bist du okay, Mann?«
»Paar gebrochene Rippen, glaub ich. Muss nachladen, finde aber die verfluchten Patronen nicht …!«
»Ich sehe zu, dass ich hier rauskomme – er wird mir bestimmt folgen.« Ich stopfte den Siphonschlauch in meinen Hosenbund, ergriff die Verlängerungsschnur und watete dann, so schnell ich konnte, an dem wütenden Riesenmonster vorbei zu dem zertrümmerten Fenster. Durch die dichten Dampfwolken konnte ich kaum etwas sehen, aber der Ghallu zum Glück auch nicht, also schaffte ich es, an ihm vorbeizuwitschen. Von der Hitze des Dämons wurde das Wasser um meine Knöchel bereits unangenehm warm, als ich die Jukebox erreichte und die Verlängerungsschnur darumwarf, wie ein Baumkletterer sein Doppelseil an einem Ast verankert. Das Fenster war zu hoch über der Straße, um einfach springen zu können, ohne mir zumindest einen Knöchel zu brechen – unsere Engelkörper sind zwar robust, aber nicht unverwundbar –, doch ich hoffte, die Distanz durch diesen kleinen Trick verringern zu können. Ein Kabelende in jeder Hand, stieg ich auf die Fensterbank und trat gefährlich lange Glassplitter aus dem Rahmen; dann, als das Wutgebrüll derKreatur kurz nachließ, rief ich: »Monica – nimm den Wasserstrahl von ihm weg!«
»Bist du verrückt?«
»Vertrau mir!«
Der Wasserstrahl schwenkte zur Seite, und der Ghallu richtete sich auf. Einen Augenblick lang konnte ich erahnen, wie er ohne die Deformation durch die Hitze aussah: die Haut dunkel, knorrig und glänzend. Weil der Druck plötzlich weg war, kam der Ghallu ins Stolpern; ehe er sich wieder gefangen hatte und auf die beiden weiblichen Engel, die ihn so geärgert hatten, losgehen konnte, brüllte ich aus voller Lunge: »He, du da! Ja, du – du großes, heißes, dummes Monster!«
Die dampfende Kreatur drehte sich nach mir um, und ich sprang rückwärts zum Fenster hinaus, die Enden der dicken Verlängerungsschnur umfasst wie die eines Springseils. Zuerst kam ein Moment freien Falls, dann ein schmerzhafter Ruck, der mir beinahe die Arme auskugelte. Aber mir blieb nicht viel Zeit zu leiden: Unter dem jähen Zug meines Gewichts an der Kabelschlinge fiel die Jukebox um, womit ich nicht gerechnet hatte. Statt mich also zwischendurch für den Rest der Strecke wappnen zu können, federte ich nur einmal kurz empor und fiel dann weiter.
Beim Aufprall schoss mir Schmerz durch beide Beine, aber ich tat mein Bestes, eine Fallschirmspringerrolle zu machen, um die Wucht zu verringern. Während ich keuchend am Boden lag und mich nach besonderen Auffälligkeiten wie etwa offenen Knochenbrüchen abtastete, sah ich den Ghallu aus dem zertrümmerten Fenster herabstarren, umgeben von einem Heiligenschein aus Wasser, da Annie und Monica den Schlauch wieder auf ihn gerichtet hatten. Die Kreatur stand trotz
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