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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ihre Geheimagentengarage gesehen hatte, war mir das durchaus vorstellbar. Aber wie auch immer, ich musste demnächst mit jemandemvon meiner Seite sprechen, schon um festzustellen, ob mit Sam und Monica alles okay war. Und mir war klar, dass es mir nicht schaden würde, eine Weile von der Gräfin wegzukommen. Mein letztes bisschen Objektivität ihr gegenüber war längst dahin, und obwohl es noch immer so vieles gab, was ich nicht wusste, und so viele Gründe, ihr nicht zu trauen, war da, als ich sie im Schlaf betrachtete, in meiner Brust ein Gefühl, das ich lange nicht mehr verspürt hatte. Ja, so intensiv hatte ich es wohl noch nie verspürt. Das wäre schon beängstigend genug gewesen, wenn es sich um irgendeine Frau gehandelt hätte, aber bei dieser hier hatte es fast schon etwas Selbstmörderisches.
    Als könnte sie meine aufgewühlten Gedanken lesen, begann Caz im Schlaf zu zucken und zu wimmern. Sie wälzte sich herum, drückte kraftlos etwas, das gar nicht da war, von sich weg und scharrte dann auf ihrem Kopfkissen herum, auf eine Art, die mich so sehr daran erinnerte, was sie vor ein paar Stunden mit meiner Wange gemacht hatte, dass ich mir ans Gesicht fasste und die empfindlichen verschorften Kratzer befühlte.
    »Nein«, sagte sie matt, »nein, nicht …!« Sie kämpfte jetzt heftiger, aber der Albtraum schien sie immer noch fest im Griff zu halten. Ich setzte mich neben ihr aufs Bett und hob sachte mit den Fingerkuppen ihre Lider an, noch immer nicht sicher, ob es vielleicht ein Trick war, aber ihre Pupillen verengten sich nicht, was sie selbst in dem Schummerlicht hätten tun müssen. Vielmehr griff und schlug Caz abwehrend nach meinen Händen, aber so schwach, dass es unverkennbar aus der Tiefe ihres bösen Traums kam. Ihre Ausrufe wurden artikulierter, und jetzt rannen ihr Tränen aus den geschlossenen Augen.
    »Caz!«, sagte ich und schüttelte sie. »Caz, wach auf! Du träumst nur. Es ist nur ein Albtraum.« Ich konnte nicht glauben, dass ich so etwas zu einer Vasallin der Hölle sagte, aber einfach nur daneben sitzen und zuschauen, wie sie sich quälte, konnte ich auch nicht. Doch es schien alles nichts zu nützen, und schließlichzog ich sie aus dem Bett und auf die Beine und hielt sie ganz fest, damit sie nicht hinfiel. Das schien sie ein wenig zu sich zu bringen, doch schon im nächsten Moment bereute ich meine Aktion, da sie, kaum dass sie selbständig stehen konnte, fast so grimmig auf mich losging wie bei unserem letzten Kampf, nur dass sie diesmal ganz offensichtlich nicht wusste, wer ich war. Ich wehrte mich, möglichst ohne ihr wehzutun, und gleich darauf wurden ihre Bewegungen ruhiger. Sie tauchte langsam aus ihrem Albtraum auf.
    »Was …?« Sie sah sich in dem fensterlosen Zimmer um, das ihr ja wohl vertraut sein musste, blickte dann an ihrer schlanken, nackten Gestalt hinab. »Warum …?«
    »Ich hoffe doch, du erinnerst dich, warum du nichts anhast, Caz, denn sonst werde ich wohl einige Mühe haben, dich von der Erklärung zu überzeugen.«
    Sie sah mich bestürzt an. »Mach darüber keine Witze, Bobby, niemals. Wir sind hier. Natürlich ist das alles passiert. Ich wusste nur nicht, warum ich …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Du hast schlecht geträumt. Ich hab versucht, dich zu wecken, aber es ging nicht.«
    Ihre Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. Und ebendiese Tränen, die doch meine sämtlichen Alarmglocken hätten schrillen lassen sollen, nahmen mir endlich den letzten Zweifel. Sie waren so schnell emporgeschossen – niemand, nicht mal eine ausgebildete Schauspielerin, konnte doch wohl aus tiefem Schlaf auftauchen und einen realen Körper sofort durch Reifen springen lassen. »Es war kein Traum«, sagte sie. »Es war eine Erinnerung.«
    Sie kroch wieder ins Bett und zog sich die Decke bis an die Taille. Mit ihrem jungen, großäugigen Gesicht und dem langen weißgoldenen Haar, das ihr über die nackten Schultern fiel, sah sie aus wie ein Bild von Alice, das Reverend Dodgson weggeschlossen und niemandem gezeigt hätte – nicht mal Gott.
    »Das war er , ich habe von ihm geträumt«, sagte sie und schloss schaudernd die Augen.
    »Eligor?«
    Sie lachte. »Nein, der erste ›Er‹ in meinem Leben. Der Mann, dem ich gehörte. Der Mann, den ich getötet habe.« Ich sagte nichts – wagte es nicht –, aber sie musste aus meinem Schweigen etwas herausgehört haben. Sie machte die Augen wieder auf und sagte mit einem schiefen Grinsen: »Du hast doch nicht geglaubt, ich wäre aus

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