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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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entnahm ihm eine Zigarette, hielt es dann mir hin.
    »Nein, danke. Musste es vor Jahren aufgeben.«
    Sie zündete sich eine an, lehnte sich dann in ihr Kopfkissen und sah zu, wie der Rauch träge zu der erstaunlich hohen Decke emporstieg. »Ich weiß nicht, vielleicht hattest du recht. Vielleicht war ich weniger in ihn verliebt als in das, was er hatte und was er vermochte – was jemand wie er für jemanden wie mich bedeuten konnte.« Sie runzelte die Stirn. »Ich will eigentlich nicht über ihn reden.«
    »Musst du nicht, Casimira.«
    »Caz. Casimira hat mich schon ein paar hundert Jahre niemand mehr genannt.«
    Ich sah sie an. Die Überraschung musste mir ins Gesicht geschrieben sein.
    »Ja, ich bin alt«, sagte sie. »Bin schon eine ganze Weile da. Und du?«
    »Wir wissen das nicht, und sagen tun sie’s uns schon gar nicht.Meine Erinnerung reicht nur bis in die Neunzehnhundertneunzigerjahre zurück, als ich erstmals auf die Erde kam.«
    Sie zog an ihrer Zigarette und ließ einen Rauchgeysir aufsteigen. »Du Glücklicher.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Vergiss es.« Sie drückte die Zigarette in einem Aschenbecher neben dem Bett aus. »Ich wollte dich nicht in diese Sache reinziehen, aber es tut mir trotzdem leid.«
    Auch jetzt noch, nach allem, was passiert war, reagierte ich mit automatischem Misstrauen. Wer hatte je von einem Dämon gehört, der sich entschuldigte? Trug sie zu dick auf? War ich gerade auf den ältesten Trick seit dem Apfel hereingefallen? »Nach allem, was du gesagt hast, hast du mich doch gar nicht da reingezogen«, sagte ich. »Es war doch Grasswax.«
    »Ja, aber wenn ich Eligor nicht hätte verlassen wollen – wenn ich ihn nicht bestohlen hätte, um ihm gegenüber irgendeinen Schutz zu haben …«
    »Langsam, Caz. Du hast ihn bestohlen, weil du ihn verlassen hast? Nicht umgekehrt?«
    Kurz sah ich wieder den Zorn auflodern, aber dann war es vorbei, und etwas unendlich viel Traurigeres trat in ihre Augen. »Er hätte mich sonst nie gehen lassen, Bobby. Wenn ihm etwas erst mal gehört, ist es für immer sein Eigentum. Das gilt sogar für seine lebenden Besitzstücke – nein, erst recht für seine lebenden Besitzstücke. Eine wie ich, die wahrscheinlich so lange lebt wie er und ihm ewig ein Vorwurf wäre … na ja, er würde mich eher vernichten, als mich gehen zu lassen, auch wenn er mich schon lange nicht mehr will.«
    »Also hast du ihm dieses … diese Feder gestohlen. Als Druckmittel, damit er dich in Ruhe lässt?« Das war weitgehend geraten, weil ich ja immer noch keine Ahnung hatte, was diese Feder eigentlich war, das aber nicht zugeben wollte. Zu meiner Erleichterung nickte sie.
    »So könnte man es wohl ausdrücken. Aber ich will nicht mehr an ihn denken – an nichts von alldem. Du bist hier. Ich bin hier. So ein Moment kommt vielleicht nie wieder.« Sie schüttelte den Kopf. »Was rede ich? Das kommt nie wieder.« Sie lächelte – ein starres kleines Lächeln. »So was wie uns hat es nicht zu geben.«
    Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Drang, ihr zu sagen, dass ich sie nie verlassen würde – was in dem Moment mein aufrichtiges Gefühl war –, und der Frage, ob das alles vielleicht doch ein raffinierter Trick war, ob ich mit Haut und Haar auf das zynische Manöver einer eigennützigen Dämonin hereingefallen war. Natürlich war mir klar, wie die Wettquoten ausgesehen hätten, aber angesichts dieser großen, fast schon tränenfeuchten Augen war es schwer, mein kritischeres Selbst seinen Job machen zu lassen. »Was wir auch immer sind und was es zu geben oder nicht zu geben hat – du hast recht, jetzt ist jetzt«, sagte ich und zog sie näher heran, um ihren Hals zu küssen. Sie hakte sich so um mich, dass ich die Feuchtigkeit, die wir gemeinsam produziert hatten, warm an meinem Bein spürte.
    »Oooh«, sagte sie, als sie an mir hinablangte und mich probehalber drückte. »Dein Stecken und Stab hat sich wieder regeneriert, Mr. Dollar.« Ihre Stimme senkte sich zu einem heiseren Flüstern. »Was meinst du, Flügelknabe? Willst du mich noch eine Runde … trösten?«
    Caz schlief; ihr Haar war ein weißgoldener Fächer auf dem roten Kopfkissen, ihr Rücken fast so schmal wie der eines Kindes. Ich konnte ihre Wirbel zählen und die Muskeln unter der Haut arbeiten sehen, wenn sie ihre Lage änderte.
    Ich kroch aus dem Bett, um zu duschen. Danach versuchte ich Sam und die anderen anzurufen, hatte aber kein Netz. Vielleicht war Caz’ Refugium ja funkabgeschirmt – nachdem ich

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