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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Er ist wie einer dieser Piloten, die, während man mit vierhundert Meilen dem Boden entgegenrauscht, zum Mikrophon greifen und sagen: »Nur nebenbei, Sie haben vielleicht schon bemerkt, dass es momentan ein paar Problemchen gibt, aber wir haben alles unter Kontrolle.« Das mag ja gelogen sein, aber es ist doch um Klassen besser als: »O nein, Scheiße, wir sind alle verloren!«
    »Jedenfalls«, sagte ich, »ist da jetzt diese große Konferenz im Ralston, wegen der verschwundenen Seelen, und ich soll hinkommen. Wahrscheinlich muss ich dort einen ganzen Haufen Fragen wegen der Walkersache beantworten.«
    »Das wird schon klargehen, es ist ja neutraler Boden.«
    »Schon, aber ich weiß immer noch nicht, wie ich ins Zentrum der ganzen Sache geraten bin. Warum ich? Was hab ich getan?«
    Sam hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck. Eine halbe Sekunde lang dachte ich, er würde etwas richtig Schockierendes sagen, aber er beugte sich nur vor, schnappte mir die letzten beiden Pfannkuchen vom Teller und verschlang sie.
    »Ha! Das Glück ist mit dem schnelleren Esser«, sagte er. »Hör zu, mach dir wegen des Gipfels keine Sorgen, B. Ich werde dort sein, um auf dich aufzupassen.«
    Ich hatte ja halb gehofft, dass er mir seine Begleitung anbieten würde, aber ich wollte wirklich nicht, dass ihm wieder etwas passierte, weil er mir half. »Nichts da. Du hast deine eigene Arbeit zu tun, du armes, ächzendes altes Haus, und du bist gerade erst aus der Klinik entlassen.«
    Er grinste. »Offiziell bin ich nicht entlassen, ich bin nur ausgiebig auf dem Lokus. Ich hab einen Zettel auf dem Kopfkissen hinterlassen, dass ich gleich wiederkomme. Außerdem hast du noch nicht alles gehört, was ich sagen wollte. Ich muss sowieso zu der Konferenz, also hab ich schon dafür freibekommen. Jung Clarence wird all meine Klienten übernehmen. Was sie mit deinen machen, weiß ich allerdings nicht – da müssen sie wohl einen Schimpansen abrichten oder so was.«
    »Du?« Das erstaunte mich. »Warum musst du hin?«
    »Weil den Anruf in der Walker-Sache ursprünglich ich kriegen sollte. Er wurde dann nur an dich weitergegeben, weil ich ihn nicht annehmen konnte. Deshalb bin ich hinbestellt worden. Hat dir das der Mull nicht gesagt?«
    So langsam wunderte ich mich wirklich über den Mull,aber ich sagte nichts. Wenn ich mich noch weiter zum Verschwörungstheoretiker entwickelte, würde ich irgendwann als einer dieser Typen enden, die in Late-Night-Talkshows anrufen, um zu erklären, wie die Amerikaner die Mondlandung nur vorgetäuscht haben. Aber es erinnerte mich an etwas. »Apropos, wie läuft’s mit dem Jungen? Ich weiß, du lässt ihn inzwischen allein arbeiten, aber was hältst du von ihm? Hast du was drüber erfahren, wie er aus dem Archiv direkt in den Außendienst durchgewinkt wurde?«
    Sam sagte achselzuckend: »Nein. Ich hab herumgefragt, aber anscheinend weiß niemand in dem Archiv irgendwas. Und er schon gar nicht. Vielleicht hat ihn ja jemand an höherer Stelle wiedererkannt, wenn du verstehst, was ich meine.« Unter uns erdbasierten Engeln hält sich hartnäckig der paranoide Verdacht, dass wir selbst uns zwar nicht an unser Vorleben erinnern können, unsere Bosse aber sehr wohl.
    »Ja, vielleicht«, sagte ich.
    »Vielleicht ist das neue Bestimmt«, sagte Sam. »Gewöhn dich dran, Bobby-Boy. Du musst lernen, die Ungewissheit zu bejahen.«
    »Solches Zeug hast du immer gesagt, als du noch getrunken hast«, sagte ich. Es kam vielleicht ein bisschen schroffer heraus als beabsichtigt; er hatte mich nicht nur an den Mull erinnert, sondern auch an meine Nacht mit Caz – und wenn das kein Bejahen der Ungewissheit war, was dann?
    »Da hast du recht.« Er leerte sein Ginger Ale und griff nach seiner Brieftasche. »Und glaub mir, als mir dein gehörnter Wieimmererauchheißt die Hölle heißgemacht hat, da hab ich meine Entscheidung, trocken zu bleiben, so was von infrage gestellt. Ich meine, wer will schon nüchtern sterben?«
    »Schlimmer noch«, sagte ich, während ich einen Zehner und einen Fünfer als meinen Anteil über den Tisch schob, »wer will schon mehr als einmal nüchtern sterben?«
    Ich setzte Sam bei seinem Apartment in Southport ab und schlich langsam den Bayshore wieder hinauf, nicht aus freien Stücken, sondern weil die Rushhour begonnen hatte und es nur im Schritttempo voranging. Normalerweise hätte ich kleinere Straßen genommen, aber Orbans Benz besaß eine anständige Klimaanlage, und ich hatte es nicht eilig. Ich musste ja

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