Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
seltsam war – ich konnte mich nicht erinnern, ihn je seufzen gehört zu haben. »Ja. Ja, mir macht etwas zu schaffen, Bobby. Und du hast recht – ich war nicht ganz offen zu dir.«
Wenn Sie je darauf gedrungen haben zu erfahren, ob Ihr Beziehungspartner oder Ihre Beziehungspartnerin mit jemand anderem schläft, werden Sie meine Ambivalenz in diesem Moment verstehen. Ich hatte gehofft, Sam würde es abstreiten und zwar so, dass ich es glaubte. Ich sagte nichts, sah ihn einfach nur an und wartete mit steinschwerem Magen.
»Du hattest recht mit dem Jungen«, sagte er schließlich. »Ich weiß nichts Genaues – was ich über meine Erkundigungen im Archiv gesagt habe, stimmt –, aber er arbeitet definitiv heimlich für irgendjemanden. Und er interessiert sich für dich .«
»Mich? Warum?« Ich ließ es kurz auf mich wirken. »Moment mal, du sagst, der Junge ist auf mich angesetzt worden … und du hast mitgemacht? Du hast mich doch gebeten, ihn dir abzunehmen …!«
»Stopp, B, stopp – zu dem Zeitpunkt wusste ich das nicht. Ich dachte, er sei zu uns geschickt worden, um mich im Auge zu behalten. Ich habe dich gebeten, ihn zu übernehmen, weil ich wissen wollte, was er macht, wenn ich nicht dabei bin, was er dann für Fragen stellt. Ich habe erst später herausbekommen, dass er an dir dran war.«
Ich verstand gar nichts. Das ganze Gespräch war ein bisschen wie ein Traum, voller seltsamer Wendungen und unlogischer Logik. »Warum sollte der Junge mich beobachten? Und was heißt, du hast es herausgefunden?«
Sam sah verlegen drein. »Na ja, also, Temuel hat mir’s gesagt. Anscheinend hatte er selbst ein paar Nachforschungen angestellt, und dann haben sie ihm gesagt, dass er sich da raushalten soll – dass du derjenige bist, für den sich die Oberen interessieren, und dass der Mull sich da nicht einzumischen hat. Aber warum sie sich für dich interessieren – verdammt, ich weiß es nicht.«
Ich lehnte mich zurück. Mir war, als hätte ich einen Faustschlag in den Magen gekriegt. »Das heißt, unsere Bosse haben uns Clarence geschickt, um irgendwas gegen mich in die Hand zu bekommen?« Ich wollte sofort los, den Jungen suchen und ihm einen Tritt in den adrett behosten Arsch verpassen. »Shit! Was hab ich denn getan?«
»Du bist ein netter Typ, Dollar, aber ein lausiger Engel.« Sam stand auf. »Überleg doch mal. Du sagst ja selbst, diese ganze Sache ist eine Verschwörung, also ist diese kleine interne Untersuchung vielleicht gar nicht offiziell. Vielleicht will derjenige, der den Jungen auf dich angesetzt hat, ja nur seinen eigenen Arsch aus irgendeiner Schusslinie halten. Es könnte doch sogar Temuel selbst sein, der uns beide bescheißt.«
»Oder derjenige, der hinter dieser ganzen Sache mit den verschwundenen Seelen steckt, sucht einen Sündenbock und hat mich dazu auserkoren«, sagte ich. »Es wäre ja schließlich nicht besonders schwer, Karael und den anderen weiszumachen, ich sei außer Kontrolle geraten.« Ich hatte den plötzlichen Drang, mich irgendwo zu verkriechen, vielleicht sogar woanders als in San Judas, und einfach dort zu bleiben bis zum Jüngsten Tag – oder noch länger. Ich war diesen ganzen Spionage-Thriller-Scheiß leid.
»Nein, dir passiert schon nichts.« Sam leerte sein Ginger Ale. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass so was im Himmel permanent läuft, ob wir beide es wissen oder nicht. Wenn du herauszufinden versuchst, was über unseren Köpfen vor sich geht, wirst du nur verrückt.«
Ich bekam es gedanklich noch gar nicht richtig zu fassen. Ich brauchte Zeit, um zu überlegen, wie diese neue Information zu allem anderen passte, aber Zeit war ausgerechnet das, was ich nicht hatte. »Und du bist sicher, dass du in meiner Nähe sein willst, während irgendeine Schweinerei gegen mich in Vorbereitung ist, mal ganz davon abgesehen, dass ich auch noch ganz oben auf Eligors Abschussliste stehe? Bist du dem überhaupt gewachsen? Das vorhin war nämlich kein Witz – du siehst wirklich mies aus, Sam.«
Er winkte ab, während er sich von dem Stuhl erhob. »Hey, mir geht’s gut, ich bin fit und nüchtern. Okay, fit nicht gerade – von dem Denkzettel, den mir dein brandheißes Verfolgermonster verpasst hat, fühle ich mich ungefähr zweihundert Jahre alt. Wenn das mit dieser Inquisition – oh, Verzeihung, Gipfelkonferenz – vorbei ist, werde ich wohl erst mal zwei, drei Wochen frei machen und mich erholen, bevor ich wieder in die Tretmühle einsteige.«
Sam war einer von den Typen,
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