Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
die, wenn sie durch einen Kettensägenunfall einen Finger verloren, nur sagen würden: »Na ja, wenigstens kann ich jetzt einen meiner Ringe versetzen.« Also war mir klar, dass es ihm wirklich nicht gut ging. »Hör zu«, sagte ich, »ich gehe heute Abend nicht mehr runter, und ich weiß, du hängst sowieso nicht gern in Bars rum, also bleib doch einfach hier. Wir gucken ein paar Pornos und setzen sie auf die Spesenabrechnung.«
Er grinste und sah zum ersten Mal seit einer ganzen Weile wieder aus wie er selbst. »Gute Idee, aber ich habe ein eigenes Zimmer und kriege auch dort Schmuddelfilme. Ruf mich an, wenn du mich brauchst. Ich haue mich hin, ich hoffe, das Bett ist weich genug, dass es nicht allzu weh tut.« Er blieb in der Tür stehen. » Breast in Show sieht gut aus. Ist, glaube ich, sogar in 3D. Aber pass auf, lass dir kein Auge ausstechen.«
Als Sam gegangen war, legte ich die Kette wieder vor undwappnete mich für einen häuslichen Abend. Im Gegensatz zu meinem Freund konnte ich in Sachen Alkohol nicht rückfällig werden, weil ich nie damit aufgehört hatte, also tat ich in der Minibar ein paar kleine Wodkafläschchen und etwas Orangensaft auf und zog mich damit auf das Bett mit dem unbequemen Kopfbrett zurück. Ich hatte zu viel merkwürdiges Zeug im Kopf, um ernsthaft irgendwas zu gucken. Ich zappte herum, trank Screwdriver ohne Eis und versuchte dahinterzukommen, wie ich mich in solche Schwierigkeiten gebracht hatte.
Aus dem Gefühl heraus, dass sich die jüngsten Informationen unverbunden auf dem Haufen bereits vorhandener unbeantworteter Fragen abgelagert hatten, versuchte ich, jenen ruhigen, betrachtenden Geisteszustand zu erreichen, in dem das Denken einfach geschieht, ohne dass ich es aktiv betreibe. Ich erreichte ihn auch in gewisser Weise, aber alles wirbelte in meinem Kopf herum wie in einer dieser Gameshows, wo Geld durch eine Röhre wirbelt, jeder Gedanke eine Dollarnote, und trotz all meines Grabschens und Greifens war ich mir sicher, dass ich ohne einen Cent nach Hause kommen würde.
Die Clarence-Chose ergab überhaupt keinen Sinn: Der Junge war uns schon untergejubelt worden, bevor irgendwelche Seelen verschwunden waren – und auch bevor ich Caz getroffen hatte. Aber wenn es nicht um Edward Walker und die übrigen verschollenen Seelen ging und meine Beziehung mit der Gräfin rein zeitlich nicht der Grund sein konnte, warum hatte sich dann plötzlich irgendjemand dort oben für mich interessiert? Schließlich hatte ich nicht erst letzte Woche angefangen, faul und aufsässig zu sein und den Namen des Herrn unnütz im Munde zu führen. Nein, ich war einfach noch nicht so weit, in diesem Punkt irgendwelche plausiblen Vermutungen anstellen zu können.
Sams Geständnis hatte auch keine meiner anderen Fragen beantwortet, und deren hatte ich eine Menge. Wo war EligorsFeder abgeblieben? Wie sollte ich dem Ghallu weiterhin entkommen?
Dann war da mein neuer Freund, Prinz Sitri – spielte er in dem Ganzen auch eine Rolle, und wenn ja, welche? Okay, der Fettsack war gesprächig, aber irgendetwas zu glauben, was er sagte, wäre wie bei jedem Dämon völlig bescheuert gewesen. Trotzdem, hochrangige Dämonen zeichneten sich dadurch aus, dass sie sich gegenseitig fast so sehr hassten wie uns – manchmal sogar noch mehr –, und Sitri schien nicht gerade darauf bedacht, sich aus Eligors Angelegenheiten herauszuhalten. Was er über Eligor und das Hotel gesagt hatte, stimmte sicher – warum sollte er da lügen –, aber alles andere musste überprüft oder zumindest sorgsam abgewogen werden.
Okay, wo stand ich jetzt, was die großen Fragen anging? Was wusste ich mit Sicherheit?
Laut Caz hatte Eligor mit jemandem im Himmel einen Deal gemacht, mit der goldenen Feder als Unterpfand. Dieser Deal musste nicht zwingend mit den verschwundenen Seelen und dem Dritten Weg zu tun haben, aber es wäre schon ein verflixt großer Zufall, wenn nicht.
Caz’ Story (die ich natürlich glauben wollte, die es aber, da ich kein lebensmüder Idiot war, mit etlichen Körnchen Salz zu nehmen galt) lautete, dass sie Eligor die Feder zu ihrem Schutz gestohlen und sie dann, als die Situation zu heiß wurde, Grasswax gegeben hatte. Howlingfell sagte, Eligor habe ihn als Grasswax’ Bodyguard abkommandiert, was Grasswax ganz schön beunruhigt haben musste – Eligor sagte ihm damit quasi: »Ich weiß, dass du sie hast.« Dann war das mit Edward Walkers Seele bzw. deren Abwesenheit passiert, und noch am selben Tag war
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