Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
bestanden hatte, Eligor mit seiner Anspielung auf die Magianische Gesellschaft zu ärgern. Sollte ich noch mal versuchen, mit Sitri zu reden? Ich machte mir nicht vor, dass er mir irgendeinen Gefallen tun würde, fragte mich aber, wie tief seine Rivalität mit Eligor ging. So tief, dass er mir einen kleinen Fingerzeig geben würde, nur um den Großfürsten fertigzumachen? Aber er rollte bereits in Richtung Lastenaufzug, und ich hatte im Moment nicht die Willenskraft, ihm hinterherzurennen.
Ich suchte Sam, aber die Beschwerden meines Freundes, die von seinen Verletzungen herrührten, waren durch den langen Tag im Sitzungssaal nicht besser geworden. Er wollte sich ein bisschen hinlegen, versprach jedoch, sich später zu melden, also ging ich rauf, orderte ein mittelschweres Zimmerservice-Bombardement auf meine Stellung und zog dann Jackett, Schlips und Schuhe aus. Ich bin, wie Sie vielleicht schon erraten haben, von Natur aus nicht gerade der Anzugtyp. Wenn ich gezwungen bin, so ein Ding zu tragen, muss ich immer gegen den Drang ankämpfen, mir einen rauhen Stein zu suchen und es abzuschubbern wie eine juckende alte Schlangenhaut.
Über längere Zeit in einem Hotelzimmer zu sein, fand ich immer schon ein seltsam zwiespältiges Erlebnis. Das Gefühl der Fremdheit geht nie weg, dieses Wissen, dass ich nicht da bin, wo ich hingehöre, aber gleichzeitig hat die Anonymität ihren Reiz. Es ist, wie der letzte nicht gefundene Teilnehmer bei einem Versteckspiel zu sein. Man richtet sich mit dem Alleinsein ein, und wenn es lange genug dauert, denkt man gar nicht mehr dran, dass einen jemand sucht. Bis man gefunden wird zumindest.
Ich hatte so lange stumpf und dumpf Fernsehkanäle durchgezappt, dass sich das Blassblau des Himmels jenseits der dünnen Musselinvorhänge inzwischen in Schwarz verwandelt hatte und in Sachen Baseball und Prime-Time-TV-Dramen nicht mehr viel los war. Auch mit mir war nach der kurzen letzten Nacht nicht mehr viel los, und mir fielen schon langsam die Augen zu, als es an meiner Tür klopfte.
Ich hatte Sam vor einer Stunde angerufen, und er hatte gesagt, er nehme gerade ein Schmerzmittel und wolle im Bett bleiben, also war die Wahrscheinlichkeit groß, dass mein später Besuch jemand war, den ich nicht sehen wollte. Was in dieser Situation hieß, jemand, den ich vielleicht erschießen musste. Meine geringen Restbestände an Adrenalin genügten gerade noch, um mich hastig aufspringen und zu meinem Jackett undmeinem Schulterholster hinübereilen zu lassen. Ich hatte noch das sperrige Erweiterungsmagazin in der Five-Seven und wollte sie daher von vornherein in meiner Hand, damit sie sich nicht an irgendwas verhakte, also hielt ich sie hinterm Rücken, während ich die Tür einen Spalt öffnete und gleichzeitig einen Schritt zurücktrat, für den Fall, dass jemand fest genug dagegentrat, um die Kette zu sprengen. Mein Herz klopfte, und ich war für alles gewappnet, was die Hölle mir da schicken mochte.
Na ja, für fast alles.
»Lass mich rein«, sagte Caz mit kalter, tonloser Stimme. »Dieses Hotel wimmelt von Wichtigtuern und Spionen. Du kannst mich eine Hure schimpfen, wenn ich drin bin und die Tür verriegelt ist.«
Sie kam hocherhobenen Hauptes herein, trotzig, auf Schläge oder Beschimpfungen gefasst. Ich verriegelte die Tür und legte die Kette vor und fragte mich kurz, ob ich vielleicht eingeschlafen war und alles nur träumte. Sie starrte mich an, wartete, dass ich tat, was immer ich jetzt zu tun gedachte, und um ehrlich zu sein, ich wusste in dem Moment selbst nicht, was das sein würde. Die weniger engelhaften Teile meiner Person machten der Verwirrung schließlich ein Ende, indem sie Caz an den Schultern packten und an mich zogen, dann unterband mein Mund die Frage, die sie stellen wollte, und ich zerrte sie aufs Bett. Zuerst schien sie irgendwie zu kämpfen, aber wie sich herausstellte, nur darum, ihre Kleider loszuwerden. Ich hielt mich mit meinen gar nicht groß auf. Wir wälzten uns, umkrallten und kratzten einander. Sie weinte und fluchte, als ich in sie eindrang. Ich vielleicht auch.
34
ZUSAMMEN ATMEN
E s war nicht Liebe, und es war nicht nur Begehren – es war Hunger. Ich weiß nicht, was ich wollte, aber ich wollte es so dringend und so unbedingt, dass ich nicht denken konnte. Ich kam schnell und fiel keuchend auf sie und fühlte erst jetzt den Schweiß, der unsere Körper miteinander verband und von meiner Stirn in ihr Haar fiel. Ich konnte nichts sagen. Worte waren das Letzte
Weitere Kostenlose Bücher