Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
sich um und ging auf den langen, schwarzen Wagen zu.
    »Aber, verdammt, ich liebe dich«, sagte ich so laut, dass es auch das Monster hinter seinen getönten Scheiben hören musste. »Ich pfeif auf den Himmel und die Hölle, Caz. Ich will nur dich.«
    Sie zögerte so lange, dass ich dachte, die Zeit selbst sei stehengeblieben. Dann kam sie wieder zurück und packte mich an den Revers, als wollte sie mich schütteln, so wie ich sie hatte schütteln wollen, als sie in mein Zimmer gekommen war. Sie zog so fest an meiner Jacke, dass ich dachte, sie würde sie zerreißen, brachte dann ihr Gesicht so dicht vor meins, dass ich die Kälte ihrer Haut und die Hitze ihres Atems fühlte. Sie starrte mich an. Nicht um alle Pracht des Himmels hätte ich sagen können, was sie dachte.
    »Ich liebe dich«, sagte ich wieder.
    Ihr Blick war leer, ohne jede Hoffnung; sie wandte ihn ab. »Dann bist du ein Idiot.«
    Sie ließ mich los und ging zu dem Wagen. Die Tür öffnete sich wie von Zauberhand, und sie stieg ein. Dann fuhr die schwarze Limousine an und verschwand in der Nacht.
    Ich stand wohl minutenlang da und sah zu, wie die Heckleuchten kleiner wurden und schließlich im Nebel verschwanden, und fragte mich, warum sie so viel Geld für einen teuren Leuchtturm-Nachbau ausgegeben hatten, wenn sie das verdammte Licht doch nicht anmachten, bevor ich plötzlich merkte, dass sich irgendwas an meiner Brust komisch anfühlte. Halb abwesend rieb ich mit der Hand darüber, in der Meinung, dass es ein Kratzer von Caz’ Fingernägeln war, und mit dem Gedanken im Kopf, dass es zumindest noch ein paar Tage dauern würde, bis auch diese letzten Spuren verschwunden wären. Da war etwas, ein harter und schwerer Klumpen in meiner äußeren Brusttasche. Ich nahm das Ding heraus und ließ es in meine hohleHand gleiten, trat dann ein paar Schritte ins Licht hinaus, um sehen zu können, was ich da hatte.
    Es war ein glänzendes kleines Oval, das auf einem zusammengekringelten Kettchen lag wie das letzte noch nicht ausgebrütete Schlangenei in einem Nest. Als ich es hin und her drehte, drang endlich durch den Nebel in meinem Hirn, was ich da vor mir sah – Caz’ Medaillon, das Präsent des polnischen Grafen (wenn irgendwas an ihrer Geschichte stimmte) aus der Nacht, in der sie ihn getötet hatte.
    Was sollte das bedeuten? Eine Entschuldigung? Einen Fluch? Vielleicht sogar … und für einen Moment ließ ich schon fast mein nichtsnutziges Menschenherz die Oberhand über meinen Verstand gewinnen … eine Art Versprechen? Oder wollte sie mir nur sagen, dass sie jetzt endgültig alle moralischen Verpflichtungen abschüttelte, den Toten wie den Lebenden gegenüber?
    Ich klappte es auf. Darin lagen zwei Haarlocken, ineinandergedreht wie die DNA einer unbekannten Spezies, eine braune, die von ihrem kleinen Dienstmädchen sein musste, und eine, die so hellgolden war, dass sie fast wie Platinfäden aussah, und die nur von der Gräfin von Coldhands stammen konnte. Ich klappte das Medaillon wieder zu und ging zurück zum Eingang des Hotels.
    Innerlich so leer und kalt wie ein nicht mehr bewohntes Haus, stand ich im Lift und starrte auf die Leuchtanzeige, die sich langsam meinem Stockwerk näherte, als unten im Ballsaal die Bombe hochging.

35
BOOM BOOM

    E s gibt ein wütendes altes Lied von Little Walter namens Boom boom, out go the lights , und ziemlich genau so war es. Die Explosion unten im Ballsaal erschütterte das ganze Gebäude, auf jeden Fall aber den Liftschacht. Die Liftkabine ruckte auf und ab und auch ein bisschen hin und her, sodass ich herumgeschleudert wurde wie eine Flipperkugel, dann wurde es plötzlich völlig dunkel.
    Woher ich wusste, dass die Explosion unten im Ballsaal war? Wenn man unbedingt wollte, dass die Gipfelkonferenz nicht weitergehen würde – wo sonst hätte man dann eine Bombe legen sollen als in dem Raum, in dem sie stattfand, dem einzig richtig großen Saal im Hotel? Eligors Hotel.
    Er hat sein eigenes Hotel in die Luft gejagt! , dachte ich, während ich ganz still dastand und herauszukriegen versuchte, ob der Lift ernsthafte Schäden davongetragen hatte oder nur festsaß, weil der Strom ausgefallen war. Doch irgendwo in mir war fast so etwas wie Bewunderung – soweit ich ein gewissenloses Schwein von einem Dämonenfürsten je bewundern könnte – Eligor der Reiter hatte Mut, das musste ich ihm lassen. Und es war mir auch eine Lektion: Ich hatte mir die ganze Zeit vorzustellen versucht, wie er es wohl anfangen wollte, und

Weitere Kostenlose Bücher