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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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war gar nicht auf die Idee gekommen, dass er einfach seinen eigenen Laden in die Luft sprengenkönnte und mindestens ein paar Dutzend Leute töten, mal abgesehen von den ernsthaften Unannehmlichkeiten, die er Hunderten seiner engsten Verbündeten damit bereitete. Ich hatte gesehen, wie voll die Lobby war, und konnte mir vorstellen, was sich jetzt dort abspielte. Ich würde ihn nie wieder unterschätzen.
    Schließlich stieß ich die Notausstiegsluke in der Kabinendecke auf, hievte mich hindurch und langte dann ins Dunkel über mir. Ich war offenbar nur ein kleines Stück unter der nächsten Etage. Also stemmte ich mich zwischen den Schachtwänden ab und arbeitete mich langsam aufwärts, bis ich an die Tür herankam. Es war schwer, einen Ansatz zu finden, aber schließlich gelang es mir, die Finger in den Spalt zu bekommen und die Türhälften weit genug auseinanderzuziehen, um riskieren zu können, hinüber und hinaus zu klettern. Das Unterfangen war wesentlich heikler, als mir lieb war – es war stockdunkel, und die Liftkabine blockierte zwar den Schacht, aber nur direkt unter mir. Wenn ich es nicht schaffte, auf meinem höchstpersönlichen Lift zu bleiben, erwartete mich ein Sturz bis ins Untergeschoss. Endlich landete ich draußen auf dem Flurfußboden, voller Rußflecken und mit einer bleibenden Unterleibsquetschung, die von der Pistole in meiner Tasche stammte.
    Hier und da ging jetzt die Notbeleuchtung an und warf einen trübroten – soll ich sagen, infernalischen? – Schein, in dem selbst ich mit meinem überdurchschnittlichen Sehvermögen dem Etagenschild nur aus allernächster Nähe entnehmen konnte, dass ich mich im zweiten Stock befand. Sams Zimmer war einen Stock höher, also rannte ich zur Treppe. Das Treppenhaus war voller überstimulierter Leute, von denen die meisten schnellstens in die Lobby hinunter wollten, ehe das Hotel zusammenbrach oder sonst was passierte, andere jedoch genauso hastig von den unteren Stockwerken, wo sich die Explosion ereignet hatte, in höhere zu entkommen suchten. Ich roch Rauch, hatte aber noch kein Anzeichen von Feuer gesehen, doch die anderenGäste sahen aus und verhielten sich wie panische Tiere. Nichts versetzt Menschen so schnell in ihren Urzustand zurück wie eine plötzliche Katastrophe, und auch ein Engel oder Dämon, der nur einen Kurzaufenthalt in einem menschlichen Körper verbringt, entgeht diesem Mechanismus nicht.
    Sam saß in der offenen Tür seines Zimmers und zog sich gerade die Schuhe an. Ich ließ mich neben ihn plumpsen, weil ich meine Schuhe ja auch nur behelfsmäßig anhatte und sie jetzt richtig binden wollte. Ich hatte eine Pistole, okay, aber keine Socken, keine Taschenlampe, kein Hemd und keine Brieftasche. Es ist eine gewisse Herausforderung, als Hotelgast auf eine größere Explosion im hauseigenen Konferenzsaal vorbereitet zu sein, aber ich hatte es definitiv vergeigt.
    »Dann brauchst du also noch keinen neuen Körper?«, fragte Sam.
    »Noch nicht, aber gib mir noch zehn Minuten. Eligors Leute werden mich gleich suchen und diesem Manko bestimmt abhelfen wollen.« Eigentlich glaubte ich, dass sie mich eher gefangen nehmen wollten, wenn Caz die Wahrheit gesagt hatte und ihr Boss noch nicht wieder im Besitz der Feder war, aber ich konnte jetzt keine Zeit mit ausführlichen Erklärungen verschwenden.
    Sam war so taktvoll, keine weiteren Fragen zu stellen. Er stand einfach nur auf und patschte auf die betreffende Stelle unter seiner Jacke, um mir zu bedeuten, dass er bewaffnet war. »Dann könnten sie sich eine Auseinandersetzung einhandeln.«
    Es ging mir schon viel besser, jetzt, da ich ihn an meiner Seite wusste. Nicht nur würde ich mir keine Sorgen machen müssen, was mit ihm war, ich wusste auch aus langjähriger, unmittelbarer Erfahrung, dass er genau der Typ war, mit dem man in den dicksten Schlamassel hineingehen und wieder herauskommen konnte – gut im Denken, gut im Schießen, gut im Lügen.
    »Ich schätze mal, wir wollen runter, wo die anderen Leute sind, wenn jemand hinter dir her ist«, sagte er.
    Ich fummelte gerade in meiner Tasche herum. Es dauerte einen Moment, bis ich antwortete. »Ja, so ungefähr. Komm mit zur Treppe …«
    Die Strahlen einer Stablampe huschten jetzt über die Wand am anderen Ende des Flurs. Der hatte sich in der halben Minute, die ich hier war, geleert; wer da mit so viel Licht nahte, hatte sich also gezielt gegen den Strom der fliehenden Gäste die Treppe hinaufgearbeitet. Mit anderen Worten: Das verhieß

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