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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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uns. Das gehört aus irgendeinem Grund zum Spiel. Macht uns wahrscheinlich zu besseren Engeln.«
    »Aber das versteh ich nicht.« Er sah sich wieder um, als fürchtete er irgendwelche himmlischen Spione. »Warum das alles? Wenn der Höchste will, dass die Leute gut sind, warum erschafft er sie dann nicht gleich so?«
    »Bingo.« Ich stellte meinen Kaffeebecher hin und lehnte mich zurück. Es war ein bisschen grau und windig geworden, die Fahnen über dem Fähranleger knatterten. »Gerade hast du die magischen Worte gesprochen – du gewinnst hundert Dollar.«
    »Was?«
    »Du hast eben einen der Vorteile des Verkörpertseins entdeckt. Ich gehe seit Jahren im Himmel aus und ein und kann mich nicht erinnern, dort oben je so ein Gespräch geführt zu haben. Niemand dort stellt irgendwelche Fragen. Vielleicht kann man das ohne Körper gar nicht.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Keiner von uns versteht es. Gottes Wege sind unergründlich und so weiter. Und obwohl keiner von uns sich erinnert, wie er war, als er noch lebte, oder woran er geglaubt hat, kennen wir doch jetzt anscheinend die Wahrheit – und die ist ziemlich genau so, wie es die meisten Leute erwartet haben. Zu all dem Warum und Wieso hätte ich auch noch eine Frage beizusteuern.«
    Es dauerte einen Moment, bis er schaltete. »Äh … ja?«
    »Was sagt dir, dass da nicht noch mehr kommt? Vielleicht sehen wir ja nur so viel von der Antwort, wie wir begreifen können – vielleicht wissen wir ja vom wahren Himmel nur so viel wie ein Dreijähriger von Quantenphysik.«
    Er schien ein bisschen erschüttert zu sein. »Das ist eine komische Idee, Mr. Dollar.«
    »Ich bin nun mal ein Typ mit komischen Ideen.«
    Die letzten Tage war beruflich wenig losgewesen, aber dieser Nachmittag machte es mehr als wett – drei Fälle, und zu allen nahm ich den Jungen mit. Der erste war ein netter alter Mann, fast vierundachtzig, Pflegeheim – natürliche Todesursache, ein Leben als Elektriker, guter Ehemann, guter Vater, total problemlos. Nach ihm kam ein Herzinfarkt, der einen neunundfünfzigjährigen Autohaus-Filialleiter auf dem Crosstrainer im YMCA in der Hudson Street ereilt hatte, und danach eine traurige Sache, häuslicher Unfall, eine junge Mutter, die in der Dusche gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen war.
    Als wir am Ort des ersten Todesfalls ankamen, erhielt ich, sobald ich ins Außerhalb hinübertrat, eine Nachricht von meinen Vorgesetzten.
    Sie werden in der Himmlischen Stadt verlangt, Engel Doloriel . Die Worte klangen in meinem Kopf, ohne erkennbare Quelle. Ihr Erzengel möchte Sie sprechen .
    Das überraschte mich nicht allzu sehr. Ich wusste, sie mochtenes nicht, wenn einer von uns nicht regelmäßig Kontakt hielt, und schon gar nicht, wenn jemand umzog, ohne ihnen zu sagen wohin. Aber ein Verbrechen war es ja nicht. Ich beschloss, am Abend hinaufzugehen.
    Bei dem alten Mann und der jungen Frau lief es ziemlich unaufwendig. Kontrovers war nur der Autohaustyp, ein gewisser Hilbert Crosley, der, wie sich herausstellte, bei der Ersatzteilabrechnung ein paar tausend Dollar unterschlagen hatte, als er wegen der Trinkerei seiner Frau verzweifelt gewesen war, dann aber später angefangen hatte, das Geld heimlich zurückzugeben, wenn er es auch nicht mehr ganz geschafft hatte. Wir machten einen Deal mit dem Ankläger, einem (buchstäblich wie auch im übertragenen Sinne) schleimigen Burschen namens Puddle-of-Pus, dem klar war, dass er trotz der Unterschlagung nur schwer gewinnen konnte – ansonsten war das Register des Toten okay –, und Crosley kam mit Fegefeuer davon.
    »Aber er war doch kein schlechter Mensch!«, erklärte Clarence hinterher, als wir in einem Diner am Weg einen Burger einwarfen. »Warum haben Sie sich auf das Fegefeuer eingelassen?«
    »Weil es zwar nur ein Eigentumsdelikt war, aber trotzdem ein Vertrauensbruch, und das kann sehr schwer wiegen. Du kennst Remiel nicht so gut wie ich.« (Remiel war der Richter im Fall Cosley; dafür, dass er ganz aus heiligem Licht bestand, hatte er einen ziemlichen Stock im Arsch.) »Glaub mir – unser Mandant wird seine Zeit im Fegefeuer mit links hinter sich bringen.«
    »Aber es ist doch das Leben dieser Leute!«, sagte Clarence, so auf seine Argumentation konzentriert, dass er gar nicht merkte, wie ihm die Tomatenscheibe und Zwiebeln aus seinem Burger auf den Schoß flutschten. »Nein, es ist ihr ewiges Schicksal, das in unserer Hand liegt!« Er blickte auf seinen Schoß, runzelte die Stirn und versuchte dann,

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