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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Motel Lichter an. Ich hatte keine Ahnung, was da hinter mir her war, aber ich wollte nicht, dass normale Leute hineingezogen wurden – nach allem, was ich bisher gesehen hatte, würde dieses Monstrum sie einfach wie Butter zerdrücken.
    Meine Entscheidung wurde dadurch beschleunigt, dass der riesige gehörnte Schatten über das SUV auf mich zukletterte. Später sollten die Polizisten, die den Wagen untersuchten, zu dem Schluss kommen, dass er mit einem Schneidbrenner undeiner Spitzhacke verwüstet worden war, aber ich war dabei – diese Spuren stammten von Fingern und Zehen oder Hufen oder worauf auch immer dieses Monster herumspazierte. Das Kreischen aufreißenden Metalls sagte mir, was passieren würde, wenn das Ungeheuer mich erwischte, also sprang ich auf, spurtete über den Parkplatz hinaus ins Licht des befahrenen Camino Real und suchte nach meinem Schnelllader, während ich zwischen erschrocken hupenden Autofahrern hindurchflitzte.
    Deshalb übrigens trage ich ungern eine Waffe. Sobald ich sie dabeihabe, brauche ich sie plötzlich dauernd.
    Die meisten Augenzeugen sagten hinterher aus, ein gigantischer schwarzer Bär mit einer Halloween-Perücke habe einen Mann durch den Autoverkehr gejagt und sei einmal sogar über ein Taxi gesprungen, das hinter einem Knäuel jäh bremsender Autos schleudernd zum Stehen gekommen war. Ein einzelner Abweichler beharrte nicht nur darauf, dass der Mann ebenfalls über das Taxi gesprungen sei, er rückte auch nicht davon ab, dass es sich bei dem Verfolger nicht um einen Bären, sondern um einen »Riesengorilla mit einer Art Wikingerhelm« gehandelt habe. Bis auf diesen Mann schien außer mir niemand die beeindruckenden Hörner gesehen zu haben.
    Ich erreichte die andere Seite des Camino Real etwa eineinhalb Sekunden vor dem glutheißen schwarzen Etwas. Ich heulte fast vor Wut auf mich selbst, weil ich so dumm gewesen war, zweimal hintereinander am selben Ort zu nächtigen, und ich war auch ziemlich außer Puste, traute mich aber nicht stehen zu bleiben. Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Plan, das verdammte Biest zu erschießen, nicht an mangelnder Treffsicherheit gescheitert war, und einen neuen Plan hatte ich nicht, also rannte ich einfach weiter auf den Gebrauchtwagenplatz des Autohändlers auf der anderen Straßenseite, doch statt mich wieder unter einen Wagen zu werfen (der Bodenfreiheit der Kompaktautos hier traute ich nicht), rannte ich auf das Showroom-Fensterzu, während ich spürte, dass das Etwas hinter mir näher kam wie ein Kugelblitz. Ein Satz Krallen in der Größenordnung eines Gartenrechens sauste auf meinen Kopf nieder: Als ich mein Haar knistern hörte, dachte ich, ich wusste jetzt wenigstens ziemlich sicher, was meine Tür markiert hatte. Im letzten Moment duckte ich mich seitwärts weg und blieb durch ein Wunder auf den Beinen, aber das monströse Was-auch-immer hatte zu viel Masse, um so schnell zu manövrieren, und schlug mit voller Wucht in die drei mal zehn Meter große Glasfront, mit einem Krachen, als detonierte eine Bombe in der Kathedrale von Chartres.
    Bis es sich aus den Scherben aufgerappelt hatte, war ich schon auf der hinteren Stoßstange des N-35-Busses Richtung Süden unterwegs. Ich sah noch vage den Schatten in den Ruinen des Showrooms herumtappen und -schnüffeln, aber er sah mich offenbar nicht am Heck des Busses hängen, um Atem ringend, während ich leise auf das Cal-Trans-Logo und den unter mir hindurchgleitenden Asphalt hinabblutete.
    Es zählt nicht als richtige Busfahrt, weil ich keine Fahrkarte hatte.

10
SOLCHE ANGST

    I m Distrikt Miramonte ganz am Südrand von San Judas sprang ich von dem Bus ab. Nach längerer Diskussion mit dem nervösen Portier eines Kettenmotels (und handfester Bestechung desselben mit einem der Notfall-Zwanziger aus meinem Geldgürtel) hatte ich eine Unterkunft – »Versteck« wäre vielleicht das bessere Wort, aber ich wusste nicht, ob es überhaupt möglich war, sich vor dem Etwas, das mich gerade angegriffen hatte, zu verstecken. Zwar können sich Engel, Dämonen und selbst mächtige böse Geister den Regeln der kosmischen Ordnung nicht widersetzen, aber manche dieser Regeln sind für uns eben anders als für euch. Wenn dieses Monstrum einen physischen Körper hatte, und den hatte es ganz eindeutig (sehr heiß, sehr stark, sehr fies, wenn Sie sich erinnern), dann operierte es auch auf der physischen Ebene. Vielleicht konnte es mich ja am Geruch aufspüren, aber in einer Stadt mit über einer Million

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