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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Einwohnern musste es dafür wohl erst mal ziemlich nah an mir dran sein. Die Kreatur war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer steuernden Intelligenz auf mich angesetzt worden, aber das hieß vermutlich nur, dass sie meine üblichen Aufenthaltsorte abklappern würde. Solange ich in Bewegung blieb, müsste ich wohl sicher sein, jedenfalls eine Weile. Trotzdem (und obwohl es ein solches Monster nicht länger als zwei, drei Sekunden aufhaltenwürde) legte ich die Kette der Motelzimmertür vor und klemmte einen Stuhl unter die Klinke.
    Ich hatte mir noch schnell in einer nahen Apotheke etwas Erste-Hilfe-Zeug geholt, und nachdem ich meine – gemessen an den Umständen ziemlich geringfügigen – Wunden versorgt hatte, konnte ich schließlich meinen mit Desinfektionsmittel betupften und verbundenen Körper schlafend im Motelbett zurücklassen und der Einbestellung durch meine Vorgesetzten Folge leisten.
    Ich freute mich nicht gerade auf das, was mir oben im Haus bevorstand, und wollte es so lange wie möglich hinausschieben, also nahm ich den langen Weg in die Himmlische Stadt. Das konnte ich tun, ohne mir Ärger einzuhandeln, weil es ja im Himmel keine Zeit gibt: Man ist da, wenn man da ist. Es ist alles Jetzt. Ja, es ist schwer, das jemandem zu erklären, der es nicht selbst erlebt hat.
    Jedenfalls: Da es für niemanden außer mir irgendeinen Unterschied machte, nahm ich den langen Weg durch die Gefilde, atmete die lieblichen Lüfte und ließ mich vom Anblick derer trösten, die auf diesen endlosen Auen heiter und zufrieden sangen und tanzten. Es hat einen Sinn, dass wir Engel tun, was wir tun, sage ich mir manchmal (vor allem, wenn dieses Tun gerade besonders unerfreulich, beängstigend oder schmerzhaft ist), und in meinem Fall besteht dieser Sinn darin, Seelen, die es verdient haben, zum Genuss dieses heiteren Friedens zu verhelfen. Jede erfolgreiche Fürsprache bedeutet, dass wieder jemand Elend, Krankheit und die Mühsal des Alters hinter sich lassen und hierher kommen kann, um ewig jung in den Gärten des Herrn zu leben.
    So zu denken, half – das tut es immer –, aber es nahm nicht all meine Probleme von mir. Und es machte den ganzen Wirrwarr auch nicht durchschaubarer.
    Wer oder was war dieses gehörnte Monster, das so scharf darauf schien, mir den Kopf abzureißen? Es hatte eindeutig denGeruch der tieferen Höllenschlünde an sich, aber etwas Derartiges dazu zu bringen, sich in der realen Welt zu manifestieren, ist sehr schwer. Das ist einer der Gründe, warum Engel und Dämonen, wenn sie auf der Erde im Einsatz sind, im Großen und Ganzen wie gewöhnliche Menschen aussehen: Etwas Gebräuchliches ist viel leichter aufrechtzuerhalten. Also hatte jemand eine extreme Menge Kraft aufgewandt, um dieses monströse Etwas hervorzubringen und dafür zu sorgen, dass es mich jagte, was es offenkundig schon ein paar Tage lang tat. Wem lag so viel daran, mir etwas anzutun?
    Wenn ich genauer herausfände, worum es sich bei dem Ungeheuer handelte – würde mir das einen Hinweis darauf geben, wer es auf mich angesetzt hatte? Es war groß und bösartig, das war alles, was ich sicher wusste. Und es fühlte sich allemal wie ein Dämon an, aber andererseits war da an ihm etwas Ungewöhnliches, das mich unsicher machte. Es wirkte so alt, irgendwie – primitiv. Selbst die übelsten und monströsesten Inkarnationen der Gegenseite vermögen gewöhnlich zu kommunizieren oder zumindest den Eindruck zu erwecken, dass sie es könnten, wenn sie wollten. Das gehörnte Etwas wirkte, als hätte es nichts im Kopf als rohe Gewalt – mehr wie eine Idee denn wie ein denkendes Wesen. Von etwas Derartigem hatte ich noch nie gehört, aber es war definitiv dort draußen und definitiv darauf aus, mich auf brutalste Weise zu töten.
    Apropos, Sie fragen sich vielleicht, warum ich so erbittert darum kämpfte, nicht getötet zu werden, wenn der Tod doch für meinesgleichen nichts Endgültiges ist. Sie denken wahrscheinlich, Was soll’s, Engel, dann frisst eben etwas Garstiges deinen Körper, na und? Du kannst doch jederzeit einen neuen kriegen, oder? Aber Sie übersehen entscheidende Fakten. Erstens – und das ist speziell für mich ein wichtiger Punkt – ist ein brutaler Tod extrem schmerzhaft. Niemand, den ich kenne, möchte von einem Monster mit rotglühenden Gaffhaken als Krallen ausgeweidetwerden, selbst wenn er sich sicher wäre, dass es nur ein kleiner Umweg auf seiner Reise durch die Ewigkeit ist. Und zweitens gibt es

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