Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
nachdem mich die Ephoren weichgeklopft hatten. »Nie gehört, weder das eine noch das andere«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Ah«, sagte er. »Unwichtig. Nur so eine Spekulation meinerseits. Vergessen Sie’s.«
Das Ganze machte mich hochgradig nervös. »Worum geht es eigentlich? Und warum hacken sie auf mir herum? Ich habe das alles doch nicht verursacht.«
Temuels Licht erwärmte sich zu tröstlichen Sonnenaufgangstönen, die Erzengelversion einer kameradschaftlichen Berührung an der Schulter. »Nein, Doloriel, aber manchmal, wenn alles aus dem Ruder läuft und selbst die Höchsten Angst haben«, erklärte der Erzengel, »rettet einen Unschuld allein noch nicht.«
Ich ließ diesen kryptischen Satz einen Moment in mir nachhallen. Mich fröstelte wieder, und jetzt wollte ich wirklich so schnell wie möglich weg hier – weg von dort, wo jede lebende Seele auf Erden hin will. »Haben die da oben wirklich solche Angst? Nur weil eine Seele nicht da war, wo sie hätte sein sollen?«
Kurz flackerte das schimmernde Licht des Mulls wie eineFlamme in einem Windstoß – ich brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass er überrascht war. »Natürlich«, sagte er. »Sie wissen es nicht, oder?«
»Was?«
Er sprach langsam, wie ein Erwachsener, der einem Kind eine schlechte Nachricht beibringt. »Die Seele, die auf Erden Edward Walker genannt wurde, war nur die erste, die verschwand, Doloriel. Inzwischen sind noch weitere verschollen. Nicht wenige.« Er senkte die Stimme zu einem konspirativen Flüstern. »Also – ja, die da oben haben wirklich solche Angst.«
11
FOXY-FOXY
K arael? Karael, Führer der schimmernden Scharen – der Karael? Wow.« Sam klang beeindruckt. »Da haben sie ja wirklich die erste Garde aufgefahren.«
»Ja, von dem hab sogar ich schon gehört«, sagte Clarence. Die beiden halfen mir, mein verwüstetes Apartment aufzuräumen und mein Zeug zum Einlagern einzupacken – nicht dass ich viel Behaltenswertes besessen hätte, schon gar nicht nach dieser Durchsuchungsaktion. Ich wohnte seit zwei Jahren hier, und eine Menge Leute wussten es. Hier hatte der Ghallu zuerst nach mir gesucht, was hieß, ich musste mich eine Weile von diesem Ort fernhalten.
»Karael kennt jeder, Junge.« Sam trank von seinem Ginger Ale. »Wundert mich aber nicht, dass sie jemanden wie ihn eingeschaltet haben. Wenn dieser Walker nur der Erste war, wenn sich auch noch andere Seelen unerlaubt absentieren – Shit, Leute, kein Wunder, dass sie da oben im Haus die Panik kriegen.«
Ich hatte nichts von den beiden Namen erzählt, die Temuel erwähnt hatte, zum einen, weil ich dem Jungen nicht traute, und zum zweiten, weil ich erst mal selbst nachforschen wollte, ehe ich irgendwelchen Staub aufwirbelte. Ich würde es Sam sagen, wenn sich die Gelegenheit ergab.
Er stocherte gerade mit dem Fuß in einem Haufen Truckster-Heften,die jemand aus einem Karton auf den Boden gekippt hatte. »Das willst du doch nicht alles behalten, B? Was hast du vor, irgendwann ein Krempelmuseum aufzumachen?«
Ich ignorierte es und hob die Zeitschriften auf. Sam war selbst nicht gerade Mr. Schöner-Wohnen: Er hauste im schäbigeren Teil von Southport, sein Wohnzimmerteppich war unter all den Zeitungen und Pizza-Kartons kaum noch zu sehen, und seine Badhandtücher hatten Schweißflecken. »Aber ich weiß immer noch nicht, warum jemand so eine Kreatur auf mich hetzt«, sagte ich. »Schaut euch doch diese Wohnung an – da hat jemand irgendwas gesucht. Und es war nicht nur dieses Höllenmonster hier drinnen.«
Clarence sah von dem Silberbesteck auf, das er einsammelte und wieder in die Schublade räumte. Ich hätte ihn vermutlich bitten sollen, es zuerst zum Abwaschen in die Spüle zu tun, nachdem es von Höllenhänden begrabscht worden war, aber ich benutze es sowieso kaum, außer um Kaffee umzurühren und Butter auf Toasts zu streichen. »Wie kommen Sie darauf, Bobby?«, fragte der Junge.
»Wie ich darauf komme? Okay, diese Wohnung ist ein einziges Chaos, ja, aber ein Ghallu ist ein Geist von elementarer Brutalität, so groß wie ein Kleinwagen und so heiß wie ein Krematoriumsofen. Er fängt Beute ein. Er tötet. So einen ruft man nicht herbei und sagt ihm dann, ›Ach ja, und schau dich mal in den Küchenschränken um, wo du schon dort bist.‹ Das ist, als ob man einen Grizzly bitten würde, meine Steuererklärung zu prüfen.«
»Du zahlst doch gar keine Steuern«, warf Sam ein.
»Klappe«, sagte ich. »Verstehst du, Junior? Sie wollen mich
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