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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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im letzten großen Krieg gegen die Horden Satans Dämonen en masse zur Strecke gebracht hat. »Warum begeben Sie sich in solche Gefahr, Engel Doloriel? Sie wissen doch, die Kreaturen des Gegners wollen Ihnen nur Böses.«
    »Selbst ein eingefleischter Lügner kann Nützliches verraten, Ephora, und sei es nur durch die Wahl der Lügen, die er einem auftischt, und die Art, wie er sie erzählt«, sagte ich. »Ich wollte mehr Information. Ich war erzürnt im Namen des Himmels und bestürzt, dass so etwas wie die Sache mit der verschwundenen Seele passieren kann.«
    »Das schmeckt für mich nach Überheblichkeit und Hochmut.« Karaels Stimme grollte wie ein fernes Gewitter. Dass Anaita Dämonen erschlug, war vielleicht nicht so leicht vorstellbar, aber Karael traute man sofort zu, jeden Morgen vor dem Frühstück etwa ein Dutzend zu erledigen, nur zum Wachwerden. »Sie haben nicht den Rat Ihrer Vorgesetzten gesucht. Sie haben Ihre Absichten weder Erzengel Temuel noch sonst jemandem unterbreitet.«
    »Und jetzt haben Sie dank Ihres wohlbekannten Eigensinns einen der altbösen Feinde des Himmels gegen sich.« Chamuels Licht leuchtete perlmuttfarben, und manchmal konnte ich unter dem Strahlen beinahe eine Mannesgestalt ausmachen, so wie man etwas im Nebel erahnt. »Jemand hat Ihren Namen einem schrecklichen urzeitlichen Geist genannt – einem Ghallu , einem Sklaven der Alten Nacht, wodurch jetzt Ihre fleischliche Gewandung und Ihre unsterbliche Seele, diese beiden großzügigen Gaben des Himmels, in Gefahr sind.«
    Womit ich endlich wusste, was hinter mir her war oder wenigstens wie es hieß, aber das mit der »Seele in Gefahr« gefiel mir gar nicht.
    »Wir sind auch nicht erbaut darüber, dass Sie Ihre Erdenwohnung gewechselt haben, ohne Rücksprache mit einem derjenigen zu halten, die über Sie wachen«, sagte Raziel, das geschlechtslose Engelwesen, das bisher geschwiegen hatte. Raziel war dunkel, so weit ein Engel dunkel sein kann, sein Licht alt und rötlich wie ein Sonnenuntergang. »Sie sind ein Soldat des Himmels. Ihr eigenmächtiges Handeln deutet darauf hin, dass Sie nicht auf die Liebe des Höchsten und seiner Minister vertrauen.«
    »Das beunruhigt auch mich, Doloriel«, sagte Terentia. »Sier spricht etwas an, das auch ich Sie gefragt hätte.« (Die Sprache des Himmels besitzt ein Mittel, über die Engel, die weder männlich noch weiblich sind, zu sprechen, ohne sie auf ein »Es« zureduzieren.) »Ich würde gern hören, was Sie ihrim zu antworten haben.«
    Das war für mich wohl der gefährlichste Moment vor dem Ephorat, weil sie natürlich vollkommen recht hatten. Ich vertraue nicht darauf, dass der Himmel – oder jedenfalls jeder im Himmel – zuvörderst an mein Wohl denkt. Das ist eine Gewohnheit, die ich in Jahren kleiner Enttäuschungen und Irritationen entwickelt habe, aber manchmal scheint es etwas Grundsätzlicheres zu sein, so sehr Teil von mir, wie der Panzer Teil einer Schildkröte ist oder die Grabpfoten Teil eines Dachses.
    »Ich … ich war verwirrt«, sagte ich. »Das ist alles, was ich zu meiner Verteidigung anführen kann. Befangen in der Zeit und in irdischen Dingen, wie ich war, dachte ich, es würde einen besseren Moment geben, dem Himmel alles anzuvertrauen – so wie jetzt.« Es war eine lahme Ausrede, aber etwas Besseres fiel mir nicht ein, und wenigstens enthielt es ein Körnchen Wahrheit. »Wenn ich den Höchsten enttäuscht oder wider ihn gesündigt habe, bitte ich um Vergebung.«
    »Es ist anmaßend zu glauben, Sie könnten Ihren Schöpfer enttäuschen«, sagte Karael. »Hat Ihnen die Hure der Hölle sonst noch etwas gesagt – diese Gräfin von Coldhands?« Er sprach ihren Namen mit solchem Abscheu aus – ich hatte keinen Zweifel, dass er sie, stünde sie wehrlos vor ihm, ohne Zögern zu einem Aschehäufchen verbrannt hätte. »Sind Sie sicher, dass Sie uns alles erzählt haben?«
    Karael machte mir Angst. Allein schon dadurch, dass er so kühn und schön dort vor mir stand, gab er mir das Gefühl, ein elender, dreckiger kleiner Sünder zu sein, und in diesem Moment konnte ich mir gar nicht vorstellen, ihm irgendetwas anderes zu sagen als die Wahrheit. »Ja, Ephorus. Habe ich etwas Unrechtes getan?«
    Stille senkte sich auf die Versammlung. Ich spürte vage die Ströme von Gedanken, die zwischen den Fünfen hin und herflossen, aber es war eine viel zu hohe und schnelle Art der Kommunikation, als dass ich irgendetwas hätte verstehen können.
    Chamuel brach das Schweigen.

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