Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
gesehen, von den karierten Sitzbezügen ganz zu schweigen, also konnte ich ihn unmöglich draußen für alle sichtbar stehen lassen. Vielleicht würde ich ihn sogar ganz stilllegen müssen, bis der ganze Schlamassel vorbei war.
Mein Handy war so freundlich, nicht zu klingeln, also machte ich es mir bequem, um ein paar Sachen aufzuarbeiten, die schon die ganzen letzten Tage darauf warteten. Fatbacks Material über den verstorbenen Grasswax (den wahren Grasswax, nicht seineirdische »Grazuvac«-Identität) war interessant: Ich überflog es und legte es beiseite, um es später, wenn ich mehr Zeit hätte, genauer zu studieren, doch schon auf den ersten Blick fiel mir auf, dass er schon länger im Job gewesen war als die meisten Ankläger seines Ranges. Das Material über Edward Lynes Walker war eine ausführlichere Version dessen, was ich schon wusste – geboren 1928, Gründung der ersten erfolgreichen Firma in seiner Garage in San Judas in den frühen Fünfzigerjahren, Reichtum und Ruhm, blabla, Ausstieg und Gründung von Holo Tech, als ein anderes von ihm aufgebautes Unternehmen ein allzu konventioneller Konzern geworden war, blabla, Raumfahrttechnik, enorme Geldspenden für ökologische Anliegen.
Dieser ganze biografische Kram erinnerte mich an die Fotos, die ich im Walkerschen Haus gemacht hatte, bevor dann der junge Garcia Birkling gedroht hatte, mir eins draufzubrennen. Sie waren immer noch auf meinem Handy, das meine Begegnung mit dem gehörnten, glutheißen Wasauchimmer wie durch ein Wunder in meiner Tasche überlebt hatte.
Da waren ein paar verschwommene Aufnahmen von Walkers Wohnzimmer und eine von Posies Schulter und einem Teil des Maya-Kalenders, aber die meisten waren von den Bücherregalen. Ich zog sie so groß wie möglich, las, was auf den Buchrücken stand, und googelte, wenn mir Autor und Titel nicht genug sagten. Die Bibliothek des verstorbenen Mr. ELW enthielt so ziemlich das, was ich angesichts des übrigen Hauses erwartet hatte, jede Menge Coffee-Table-Kunstbücher und große, teure Bildbände aus dem Bereich Wissenschaft und Technik sowie Fotobände zum Thema Amerikanischer Westen, die zu den Ansel-Adams-Fotodrucken an den Wohnzimmerwänden passten. Bei den normalgroßen Büchern schienen Wissenschaft und Kunst vorherrschend, obwohl auch ein paar Romane dabei waren, Science-Fiction wie Carl Sagans Contact und Mainstream-Zeug wie Updike und John Irving und sogar eine Abteilung Krimi –die englische Landhaussorte. Ich fragte mich, ob die Krimis ihm oder seiner verstorbenen Frau gehört hatten. Nach dem, was mir seine Enkelin erzählt hatte, überraschte es mich nicht, dass Walker keine religiösen Bücher im herkömmlichen Sinn besessen hatte. Wohl aber fand ich ein paar Werke von Richard Dawkins und Christopher Hitchens und sogar ein betagtes Exemplar von Bertrand Russels Warum ich kein Christ bin . Insgesamt hatte Walker über ein Dutzend Bücher mit eindeutig antireligiösem Tenor gehabt. Was aber bei einem Naturwissenschaftler so verwunderlich auch nicht war. Sture Hunde, diese Naturwissenschaftler.
Allmählich bedauerte ich, dass ich Walkers Musiksammlung nicht gefunden und fotografiert hatte. Zeige mir, was jemand hört, und ich sage dir alles, was du über seine Seele wissen willst. (Ein Stapel Nickelback-Alben beispielsweise hätte darauf hingedeutet, dass er überhaupt nie eine Seele gehabt hatte.)
Ich wusste ja selbst nicht genau, wonach ich in den Bücherregalen suchte – ich rechnete nicht wirklich damit, so etwas wie »Himmel – nein, danke« oder »Wie Sie Ihre Seele verschwinden lassen können« zu finden. Ich versuchte eigentlich vor allem, ein Gefühl für die Person Edward Lynes Walker zu bekommen, über die dürren Fakten hinaus, die mir Fatback und das öffentliche Internet schon geliefert hatten. Irgendeinen Anhaltspunkt dafür zu finden, warum von all den vielen Todesfällen auf der Welt dieser hier so anders verlaufen war. Doch zumindest von seinen Büchern her unterschied sich Walker nicht groß von den Millionen Menschen, die es geschafft hatten, sich zum Antritt ihres jenseitigen Lebens einzufinden. Ich wollte schon aufgeben, als mir plötzlich etwas ins Auge fiel.
Ich hatte eine Abteilung von zeitschriftenförmigen Sachen fotografiert, die fast ein ganzes Regal füllten. Einige waren tatsächlich Zeitschriften, Jahresendsonderhefte von Publikationen wie Chemical and Engineering News , aber die meisten waren Aktionärsberichtevon HT und einigen anderen Firmen, an
Weitere Kostenlose Bücher