Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
eines Schneeballs in der Hölle? Du Dämlack. Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Ich weiß doch nicht, was ich gemacht habe, als ich noch gelebt habe«, sagte Clarence laut. Ein paar von den Leuten in der Getränkeschlange drehten sich zu ihm um. »Ich meine, wohersoll ich das wissen?«, sagte er leiser. »Ich weiß ja nicht mal, dass ich gelebt habe.«
Ich tat mein Bestes, ihn zu ignorieren. »Okay, Sam, du hast ja recht, ich hätte dich anrufen sollen. Ich war nur allmählich ein bisschen verzweifelt, wollte einfach irgendwas tun. Ich habe die Jungs und Mädels von oben im Nacken, und hier unten verfolgt mich ein gehörntes Irgendwas, das mir den Kopf abreißen und mir vermutlich die Innereien durch das entstandene Loch heraussaugen will. Und jetzt will mich auch noch Vald Credit in die Tonne treten, also können wir bitte zusehen, dass wir von der Straße wegkommen? Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass mich gleich jemand erkennt.«
»Entspann dich, B«, sagte Sam. »Ich bin ja bei dir. Die Bad Guys kennen uns und lassen uns in Ruhe …!« Er sang die folgenden Zeilen von »I Get Around« ziemlich falsch vor sich hin.
»Ich meine, woher wissen wir, dass irgendwas von dem, was uns die Bosse erzählen, wahr ist?«, fragte Clarence, immer noch auf seinem eigenen Trip. »Vielleicht ist es ja wie in Matrix, und die Computer gaukeln uns was vor …!«
»Das ist mir ja ein schöner Glaube«, sagte ich zu ihm. » Dich hat noch nichts zu fressen versucht, und du zweifelst jetzt schon am göttlichen Plan?«
Sam verdrehte die Augen. »Geh einfach davon aus, dass dich jeder anlügt, Junge. Damit bin ich immer gut gefahren.«
Endlich kamen Sams doppelter Espresso und mein Latte, und wir gingen. Mit seinen Motels und Minimalls war der Ventura Boulevard bei Tageslicht wie die Disneyland-Gegend in Anaheim – vergleichbar lauschig. Wir stiegen in Sams langweilige Kiste, und er fuhr mich zu dem Restaurant, wo mein Matador stand. »Hier, bitte«, sagte ich zu dem Jungen und hielt ihm die Autoschlüssel hin. »Du hast doch gesagt, du würdest ihn gern mal fahren, also tu’s. Wir treffen uns auf dem Parkplatz von Mayfield Station.«
»Echt?«, sagte Clarence mit großen Augen, doch als er ausstieg, wurden sie wieder klein und misstrauisch. »Moment, ich soll das nur machen, weil es sein kann, dass jemand den Wagen beobachtet und auf Sie wartet.«
»Genau.«
»Aber wenn sie mich schnappen?«
»Dann kommen wir dir zu Hilfe«, erklärte ihm Sam. »Geh schon, sei kein Waschlappen – vergiss nicht, du bist ein Engel des Herrn.«
Widerstrebend ging er.
»Wirklich nicht besonders nett, den Jungen dafür zu benutzen«, erklärte Sam ein paar Sekunden später. So hartgesotten er auch redet, manchmal ist er einfach ein Sensibelchen.
»Glaub mir, den wollen sie nicht. Irgendwas wirklich Gefährliches würde auf ihn wahrscheinlich gar nicht reagieren.«
Wir beobachteten, wie Clarence die Wagentür öffnete. Dabei sah er sich um, als ob jeden Moment ein Kommando Fallschirmjäger-Dämonen kreischend auf ihn herabschweben könnte, aber nichts geschah. Er stieg ein und ließ den Motor an. Nichts explodierte. Er fuhr vom Parkplatz und Richtung Norden davon. Wir warteten noch kurz, ob ihm irgendjemand folgte, und fuhren dann selbst hinter ihm her.
»Sieht aus, als ob die Herren der Hölle dich nicht für so blöd halten, deinen eigenen Wagen zu nehmen«, sagte Sam. »Diese schrille Karre hätten sie doch mit Sicherheit gefunden, wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, danach zu suchen.«
»Nein, sie wussten einfach, dass ich diesmal mit Geleitschutz kommen würde. Mit zwei, drei richtigen Gorillas.«
»Klar, mir und dem Handtuch von Engel-Azubi. Ach ja, und dieser Dämonin, die in dich verschossen ist. Apropos, ich kann einfach nicht glauben, dass die das alles für dich getan hat.« Er nahm jetzt die California Avenue in Richtung des Bahnhofs. »Sie muss dich mit mir verwechselt haben.«
»Das hättest du gern. Es ist aber mein natürlicher Charme – dagegen ist nicht mal die Hölle immun.« Doch darüber wollte ich mit Sam eigentlich nicht reden: Die Gräfin war ein etwas zu diffiziles Thema. »Wo wir’s gerade von Clarence hatten, wie macht er sich denn? Irgendeine Chance, dass er ein brauchbarer Anwalt werden könnte?«
»Na ja, du hast ja gesehen, er ist manchmal ein bisschen quengelig und macht im Moment so was wie eine existentielle Krise durch«, sagte Sam. »Wie wir alle gelegentlich. Aber er ist gar nicht so
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