Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
Erwartung, dass sie doch abgeschlossen war und das Ganze nur ein bizarrer infernalischer Scherz, der meine Moral brechen sollte, ehe sie wirklich darangingen, mich zu verhören. Aber die Tür war offen und der Flur draußen so gut wie leer. Ich versuchte, so gelassen und unschuldig wie möglich auszusehen, aber es war wohl völlig egal. Die zwei, drei Bürokräfte, denen ich begegnete, würdigten mich kaum eines Blicks, obwohl ich aussehen musste, als hätte ich gegen einen Typen mit einer Schneeschaufel gekämpft und verloren.
In der Tiefgarage das Gleiche – die Fahrer der Wagen, die an mir vorbeirollten, schauten nicht mal richtig her; es waren hauptsächlich phlegmatisch wirkende Bullentypen in SUVs oder Limousinen, die wie zivile Polizeifahrzeuge aussahen. Statt des Ausgangs zum Broadway nahm ich die Treppe zur Marshall Street. Draußen war es dunkel, die Laternen waren mit Karnevalsdeko für den bevorstehenden Umzug geschmückt, die Straßen voller Leute auf dem Heimweg von der Arbeit, und ich hoffte, dass ich ein Taxi kriegen würde, ohne allzu lange im Freien stehen zu müssen – mir war überdeutlich bewusst, dass in meinem Revolver keine Kugel mehr war. Doch sobald ich die Bordsteinkante erreichte, hielt ein langer schwarzer Wagen direkt vor mir, und das Beifahrerfenster wurde hinabgelassen. Der Beifahrersitz war leer. Nervös, wie Sie sich sicher vorstellen können, bückte ich mich, spähte ins dunkle Wageninnere, sah einen Schatten hinterm Lenkrad und ein Schimmern von Haar, so hell und glänzend wie Karaels Rüstung.
»Sie sind ausgesprochen berechenbar, Mr. Dollar«, sagte die Gräfin. »Ich würde vorschlagen, Sie steigen ein, bevor Sie noch jemand bemerkt. Nein, hinten, nicht vorn.«
»Und was führt Sie hierher?«, fragte ich, als wir fuhren. »Patrouillieren Sie immer vor der Polizeidirektion, auf der Suche nach frisch freigelassenen Verbrechern?«
»Was glauben Sie, wer Ihre Freilassung bewirkt hat, Sie Schwachkopf?« Das jetzt war gar nicht wie bei unserem letzten Zusammentreffen, als ich mir kurz hatte einreden können, sie würde mich irgendwie tolerieren, wenn nicht sogar mögen. »Ich habe einen großen Gefallen eingefordert. Für Sie. Und ich bereue es jetzt schon.«
»Boah – Sie haben die Kongressabgeordnete eingeschaltet? Woher kennen Sie so jemanden?«
»Aus der juristischen Fakultät.« Sie blickte stur auf die Straße.
»Sie haben Jura studiert?«
Sie gab ein Zischen von sich. »Nein, Idiot, ich sagte doch, ich mag Studenten.«
Ich ging nicht weiter darauf ein. »Warum haben Sie’s getan? Sie schulden mir doch nichts. Und was ist dieses Ding, von dem alle glauben, ich hätte es?«
»Beides brauchen Sie nicht zu wissen. Ja, es ist sogar besser für Sie, Sie wissen es nicht, also könnten Sie aufhören, mir rüde Fragen zu stellen wie der kleine Möchtegern-Detektiv, der Sie sind, und mir einfach nur dafür danken, dass ich Sie davor bewahrt habe, in eine Ziehharmonika aus Fleisch und Blut verwandelt zu werden wie unser Freund Grasswax.«
»Hey, Schwester, er war kein Freund von mir.«
»Das stimmt, Dollar, denn er hat sie in die Scheiße geritten.« Sie bog in den Jefferson Boulevard ein. Es war komisch, sie selbst am Steuer zu sehen. »Ja, eins werde ich Ihnen gratis verraten – etwas, das nicht mal Hochkanzler Urgulap und seine Untersuchungsabteilung wissen. Grasswax war derjenige, der Sie angeschwärzt hat. Er hat Eligor erzählt, Sie hätten das, was Eligor haben will.«
»Dieses Schwein! Dieses miese Kiemenschwein! Ich weißnicht mal, worum es sich überhaupt handelt – warum hat Grasswax mir das angehängt?«
»Oh, vielleicht ja, weil sie ihm zu dem Zeitpunkt gerade die Innereien und die Verkabelung herausgezogen haben und es richtig wehtat und er dachte, wenn er einen Namen nennt, lassen sie ihn vielleicht in Ruhe.« Sie hielt vor einer roten Ampel. Ich schaute durchs Heckfenster, ob uns jemand folgte. »Vielleicht, weil er dachte, dass Sie niemand vermissen würde, und weil er Sie sowieso schon ingrimmig hasste, nachdem Sie ihn am Vortag in einem Fall vorgeführt hatten?«
»Shit, damit hatte ich doch nichts zu tun!« Mir schoss etwas durch den Sinn. »Hey, warum fahren Sie selbst? Wo sind denn Süßilein und Gummibärchen?«
»Falls Sie von meinen Bodyguards sprechen, die Situation hat sich ein wenig geändert«, sagte sie. »Für mich wie für Sie. Weil alles hier ziemlich aus dem Lot geraten ist. Wo nächtigen Sie?«
»Was? Keine Ahnung. Ich muss erst
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