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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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ein ganzes Volk vergewaltigt und ermordet wird, damit Ihr Eure Großmannssucht befriedigen könnt?«
    »Ihr urteilt zu hart«, sagte er freundlich. »Wir haben keine Möglichkeit, von Rom nach Akko zu segeln, ohne irgendwo unterwegs unsere Vorräte an Wasser und Proviant zu ergänzen. Dafür bietet sich Konstantinopel am ehesten an.«
    »Und Ihr könnt einen Ort nicht aufsuchen, ohne ihn zu zerstören? Beabsichtigt Ihr das auch mit Jerusalem zu tun, sofern es Euch gelingt, die Sarazenen zu besiegen? Das nenne ich wahrhaft heilig«, fügte sie bissig hinzu. »Und natürlich alles im Namen Christi. Das mag Euer Christus sein – meiner ist es nicht. Den meinen haben die Römer ans Kreuz geschlagen. Es scheint ihnen zur Gewohnheit zu werden. Genügt Euch das eine Mal nicht?«
    Er zuckte zusammen. Seine grauen Augen öffneten sich
weit. »Ich wusste nicht, dass Eunuchen eine so scharfe Zunge führen.«
    »Eurem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, habt Ihr nicht die geringste Ahnung von ihnen …« Damit hatte sie sich eine schlimme Blöße gegeben. Brachte er sie so auf, weil er aus Rom kam oder weil er sich mit dem Eunuchentum nicht abfinden konnte, womit er ihr bewusst machte, welche Täuschung sie beging, indem sie ihre Weiblichkeit verleugnete?
    »Ich fange an zu begreifen, wie wenig ich über Byzanz weiß«, sagte er. In seinen Augen lagen Neugier und leichter Spott. »Darf ich Euch rufen, wenn ich einen Arzt brauche?«
    »Falls Ihr krank werdet, ruft lieber einen der Euren«, gab sie zurück. »Ihr braucht eher einen Priester als jemanden, der sich mit Kräutern auskennt, und um die Sünden eines Römers kann ich mich nicht kümmern.«
    »Sind nicht alle Sünden mehr oder weniger gleich?«, fragte er, jetzt ganz offen spöttisch.
    »Durchaus. Aber manche von uns sehen sie nicht als Sünden an, und ich bin dafür zuständig, die Menschen zu heilen, nicht aber dafür, ihnen die Beichte abzunehmen – oder über sie zu richten.«
    »Ach, tatsächlich? Ihr richtet also nicht?«
    Sie zuckte zusammen, weil der Vorwurf sie traf.
    »Sind Sünden unterschiedlich?«, fragte er.
    »Falls nicht, worüber streiten sich dann Rom und Byzanz seit Jahrhunderten?«
    Er lächelte. »Es geht um Macht. Kämpfen wir nicht alle stets darum?«
    »Und um Geld«, fügte sie hinzu. »Vermutlich auch um Stolz.«

    »Einem guten Arzt bleibt nicht viel verborgen.« Er schüttelte leicht den Kopf.
    »Ebenso wenig wie einem guten Priester«, fügte sie hinzu. »Nur dass sich der Schaden, den Ihr anrichtet, schwerer nachweisen lässt. Guten Tag, Ehrwürdigste Exzellenz.« Sie ging an ihm vorbei und die Palaststufen hinab auf die Straße.

KAPİTEL 34
    Zoe hatte das Halsgeschmeide betrachtet, das beinahe fertig war, hatte im Laden des Goldschmieds gestanden und ihm zugesehen, wie er das Metall bearbeitete, es langsam erhitzte, bog und in genau die Form brachte, die er vor Augen hatte. Sie hatte die Edelsteine gesehen, die vor ihm lagen, damit er ihre Fassungen herstellen konnte: blasser Goldtopas, fast wie der Sonnenschein im Frühling, dunkle, rauchige Citrine und nahezu in Bronzetönen schimmernder Quarz. Einen solchen Schmuck konnte nur eine Frau mit Feuer in den Augen, deren Haar wie Herbstlaub leuchtete, tragen, ohne blass zu wirken.
    Der Goldschmied würde sich geschmeichelt fühlen, dass sie das von ihm angefertigte Halsgeschmeide trug, denn damit würde sie seine Kunstfertigkeit bekannt machen und ihm weitere Kundschaft zuführen.
    Sie kam um die Mitte des Vormittags zu seinem Laden, die Goldstücke hatte sie in einem kleinen Lederbeutel bereit. Sabas hatte sie nicht mit der Abholung beauftragen wollen, da sie sehen wollte, ob alles genau so war, wie sie es wünschte, bevor sie dem Goldschmied das Geld gab.

    Verärgert sah sie, dass bereits jemand dort war, ein hagerer Mann in mittleren Jahren mit schütterem, leicht ergrautem Haar. Lächelnd händigte er dem Goldschmied Münzen aus, der dankte ihm, nahm das für sie angefertigte Halsgeschmeide, wickelte es vorsichtig in ein Stück elfenbeinfarbene Seide und übergab das Päckchen dem Mann. Dieser schob es unter seine Dalmatika, dankte dem Goldschmied, wandte sich um und ging davon, vor Befriedigung strahlend.
    Wilde Wut übermannte Zoe. Der Mann hatte ihr Halsgeschmeide haben wollen, und der Goldschmied hatte es ihm verkauft.
    Erst als der Mann an ihr vorüberkam, erkannte sie in ihm Arsenios Vatatzes – einen angeheirateten Verwandten Irenes. Es war viele Jahre her, dass sie ihn zuletzt

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