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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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für dieses Vorhaben – und unter Umständen auch für andere in der Zukunft – niemand besser eignete als er. Überrascht merkte sie, wie sehr sie es bedauern würde, wenn er dabei zugrunde ginge.
    Die Sonne, die bunte Muster auf den Marmorfußboden malte, wärmte ihre Schultern. Was mochte der Grund dafür sein, dass Helena Anastasios seit neuestem hasste? Hatte er sich in irgendetwas als ihr überlegen erwiesen, und war sie so töricht, ihm das übelzunehmen, statt darüber zu lachen? Sie ließ sich von ihren Gefühlen beherrschen, statt sich gleich der Mutter ihrer zu bedienen.
    Der Plan, der allmählich in Zoes Kopf Gestalt annahm, bot Möglichkeiten, die weit mehr versprachen als lediglich Arsenios’ Vernichtung. Damit, dass sie sich dabei Anastasios zunutze machte, konnte sie möglicherweise auch die Antworten auf verschiedene Fragen erfahren, die sich in jüngster Zeit immer mehr aufdrängten. Er legte nach wie vor eine sonderbare Wissbegierde in Bezug auf die Umstände des Mordes an Bessarion an den Tag. Ursprünglich hatte Zoe angenommen, dass der Urteilsspruch, demzufolge Antonios ihn getötet und Ioustinianos ihm geholfen hatte, die Tat zu vertuschen, auf der Wirklichkeit basierte. Sie hatte die Gründe dafür zu kennen geglaubt, sich aber möglicherweise geirrt. Es konnte sich als gefährlich erweisen, Unrecht zu haben.
    Ebenso gefährlich wäre es, wenn Kaiser Michael dahinterkäme, dass sie Arsenios mit voller Absicht getötet hatte. In dem Fall würde er möglicherweise erkennen, dass sie auch Kosmas auf dem Gewissen hatte, und versuchen, ihr Einhalt zu gebieten.
    Dazu durfte es auf keinen Fall kommen. Michael war
klug und einfallsreich, ein echter Byzantiner. Er würde alles tun, um zu verhindern, dass die Kreuzfahrer Konstantinopel noch einmal in Schutt und Asche legten, alles unternehmen, was nötig war, um sein Land und sein Volk zu retten – wenn es sein musste, sogar gegen dessen Willen.
    Solange er annahm, dass er auf Zoe angewiesen war, um das Vorhaben des Grafen von Anjou zu durchkreuzen, würde er sie vor dem Teufel persönlich bewahren, von irgendwelchen Gesetzen ganz zu schweigen.
    Während sich die Sonne allmählich dem Meer entgegensenkte, gewann der Plan in ihrem Kopf immer genauere Umrisse.
    Erst nach mehr als zwei Wochen suchte der Sizilianer Scalini Zoe allein und zur Nachtzeit auf, wie sie es verlangt hatte. Er war heimtückisch, gerissen, aber nicht ohne Humor, eine Eigenschaft, die sie zu schätzen wusste.
    »Ich habe einen Auftrag für Euch«, teilte sie ihm mit, kaum dass er ihr gegenüber Platz genommen hatte. Es war weit nach Mitternacht, und nur eine Fackel brannte.
    Er nickte und griff nach dem Glas Wein, das sie ihm hingestellt hatte, hielt es unter die lange, scharf geschnittene Nase und roch daran. »Aus Askalon, mit Honig – und was noch?«
    »Den Samen wilder Kamille.«
    Er lächelte. »Und wohin soll es gehen? Nach Sizilien, Neapel, Rom …«
    »Wo immer sich der König beider Sizilien aufhält«, gab sie zur Antwort. »Immer vorausgesetzt, er ist nicht hier – das wäre zu spät.«
    Scalini lächelte breit. Dabei blitzten seine weißen Zähne.
»Das wird er nicht«, sagte er und leckte sich die Lippen, als schmecke er etwas Köstliches. »Als Seine Majestät erfuhr, dass der Papst dem byzantinischen Kaiser verziehen hat, war er vor Wut so außer sich, dass er die Spitze seines Zepters abgebissen hat!«
    Zoe lachte, dass ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Scalini stimmte in ihr Lachen ein, und sie tranken den Wein aus. Zoe öffnete eine zweite Flasche, die sie ebenfalls leerten.
    Es war gegen drei Uhr morgens, als sie sich schließlich mit plötzlich ernstem Gesicht vorbeugte. »Aus Gründen, die Ihr nicht zu wissen braucht, benötige ich etwas äußerst Wertvolles für den Kaiser. Vielleicht erst in einem Jahr, aber ich muss ganz sicher sein, dass ich es dann habe.«
    Er schürzte die Lippen. »Michael Palaiologos kennt keinen anderen Wunsch, als dass Konstantinopel sicher ist und sein Thron fest steht. Dafür würde er alles auf der Welt hergeben – sogar die Kirche.«
    »Und wer bedroht ihn?«, flüsterte sie.
    »Charles von Anjou – aber das ist allgemein bekannt.«
    »Ich möchte so viel wie möglich über ihn wissen. Alles! Habt Ihr mich verstanden, Scalini?«
    Seine kleinen braunen Augen musterten aufmerksam ihr Gesicht. »Ganz und gar.«

KAPİTEL 35
    Es missfiel Zoe immer mehr, dass sie nicht wusste, wer Ioustinianos an die Obrigkeit verraten

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