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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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Bessarion aus der Welt geschafft, sobald dieser nach Kaiser Michaels Ermordung den Thron bestiegen hätte.«
    Der Schlüssel drehte sich im Schloss.
    Ioustinianos schob sie von sich.
    Sie wischte ihre Tränen fort und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen.
    »Danke, Bruder Ioustinianos. Ich werde Eure Botschaft
nach Konstantinopel bringen.« Sie machte das Kreuzzeichen nach dem orthodoxen Ritus und lächelte ihm kurz zu. Dann folgte sie dem Mönch in den Gang hinaus, wobei sie den Weg mehr ertastete als sah.

KAPİTEL 64
    Vom Dornbuschkloster zurück nach Jerusalem brauchte die Karawane genauso lange wie für den Hinweg, fünfzehn Tage.
    Diesmal nahm Anna die Majestät der Wüste um sich herum mit anderen Augen wahr. Es war herrlich zu sehen, wie die Farben zwischen Schwarz und Weiß hundert Schattierungen von Umbra und Grau durchliefen. Im Tageslicht dämpfte der vom mitunter kalten Wind herbeigetragene bräunliche Staub das Blau des Himmels. Immer wieder musste sie daran denken, einen wie entsetzlichen Preis Ioustinianos dafür bezahlt hatte, dass er erst einem Irrtum erlegen war und ihn dann korrigiert hatte.
    Doch es war ohne weiteres denkbar, dass sie sich an Ioustinianos’ Stelle ebenso verhalten hätte, vorausgesetzt, sie hätte den Mut dazu aufgebracht. Bessarion hätte auf dem Kaiserthron eine Katastrophe für Byzanz bedeutet, doch seine Überheblichkeit hatte ihn daran gehindert, das einzusehen, und seine Mitverschwörer hatten sich so sehr in ihr Vorhaben hineingesteigert, dass sie nicht bereit gewesen waren, dieser bitteren Wahrheit ins Auge zu sehen.
    Vielleicht mit Ausnahme von Dimitrios. Hatte Ioustinianos Recht, wenn er sagte, dass es dessen Absicht gewesen war, nicht nur Michael und Andronikos aus dem Weg räumen zu
lassen, sondern gleich darauf auch Bessarion zu töten? Dann wäre Dimitrios in die so entstandene Lücke getreten, mit dem Anspruch, die gestörte Ordnung wiederherzustellen.
    Ob er sich wohl auch Ioustinianos’ entledigt hätte, der als Angehöriger des früheren Kaiserhauses Laskaris ebenfalls eine Bedrohung für ihn hätte bedeuten können? Dann wäre außer ihm selbst niemand mehr übrig geblieben. Er hätte Bessarions Witwe getröstet, die arme Helena, sie nach angemessener Zeit geheiratet und auf diese Weise die Familien Komnenos, Doukas und Vatatzes zu einer ruhmreichen Dynastie vereinigt.
    Ob die beiden immer noch solche Pläne schmiedeten? Sie musste es unbedingt herausbekommen, denn zu ihrer Überraschung merkte sie, dass sie rückhaltlos auf der Seite des Kaisers stand. Auf ihm ruhten jetzt alle Hoffnungen der Stadt.
    Trotz ihrer Abgekämpftheit und ihrer Schmerzen blieb ihr in Jerusalem keine Zeit, sich auszuruhen. Sie musste mit der nächsten Karawane nach Akko ziehen, um dort Giuliano zu treffen.
    Inzwischen hatte sie den Mitreisenden einige Kniffe des Feilschens abgeschaut und sich auch einen gewissen Wortschatz in der Landessprache angeeignet, so dass sie zu einem recht günstigen Preis einen Esel bekam, auf dem sie bis Akko reiten konnte.
    Dort angekommen, quartierte sie sich für eine Nacht in einer billigen Herberge ein, für die das Geld, das ihr Zoe mitgegeben hatte, gerade noch reichte. Zu ihrer großen Erleichterung sah sie am nächsten Morgen das Schiff in den Hafen einlaufen, genau an dem Tag, für den Giuliano seine Rückkehr angekündigt hatte.
    Um ihm nicht zu zeigen, wie sehr sie sich danach sehnte,
ihn wiederzusehen, ging sie erst um die Mitte des Vormittags an Bord. Da Seeleute an Deck waren, verbarg er seine Erleichterung, sie zu sehen, doch als sie mit Anbruch des Abends ausliefen, sprach er mit ihr. Sie standen mit einem gewissen Abstand an der Reling. Er sah sie nicht an, sondern hielt den Blick auf das Kielwasser gerichtet.
    »War Eure Reise anstrengend? Sie soll ziemlich gefährlich sein, wie man hört.«
    »Ich bin nicht daran gewöhnt, Tag für Tag auf einem Esel zu sitzen. Außerdem ist es in der Wüste um diese Jahreszeit kalt, vor allem nachts. Sie ist wunderschön und zugleich entsetzlich.«
    »Und der Sinai?«, fragte er und sah sie jetzt an. Sie konnte seinem Gesicht nicht ablesen, was er dachte.
    »Das Kloster liegt unterhalb des Mosesberges«, begann sie. »Da er siebentausend Fuß hoch ist, sieht es aus der Ferne winzig aus, doch wenn man es erreicht, merkt man, wie hoch seine starken Mauern sind, bestimmt vierzig oder fünfzig Fuß. In die Anlage gelangen kann man ausschließlich durch eine kleine Öffnung nahe der

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