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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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gekennzeichnet, so dass sie sich zwar leicht identifizieren ließ, aber niemand wissen konnte, was sie enthielt.
    Sie nahmen so gut wie kein Gepäck mit zum Hafen, damit weder ihre Diener noch die allgegenwärtigen Aufpasser auf den Gedanken kamen, sie könnten unter Umständen eine ganze Weile oder, falls man sie zur Kardinalswürde erhob, was durchaus möglich war, überhaupt nicht wiederkommen. Es schmerzte Palombara in tiefster Seele, dass er einige der herrlichen Kunstwerke zurücklassen musste, die er im Laufe der Zeit erworben hatte, doch ließ sich das nicht vermeiden, wenn er den Eindruck erwecken wollte, er sei lediglich zum Hafen gegangen und werde vor Einbruch der Dunkelheit ins Haus zurückkehren.
    Als er am Anleger ankam, sah er mit ungläubigem Staunen, dass ihr Schiff bereits auslief. Das Wasser schäumte um den Bug, während rhythmisch bewegte Ruder es vorantrieben.
Erst nach Verlassen des Hafens würde der Wind ausreichen, um die Segel zu füllen. Vicenze stand mit triumphierendem Lächeln an der Reling. Die Sonne hinter ihm ließ sein bleiches Haar wie einen Heiligenschein schimmern.
    Blinde Wut erfasste Palombara. Noch nie hatte ihm jemand eine so vollständige Niederlage bereitet. Es war ihm unmöglich, anders zu reagieren.
    »Geht es Euch nicht gut, Bischof?«, fragte eine besorgt klingende Stimme.
    Verblüfft wandte er sich zu dem Mann um, der ihn angesprochen hatte. Es war der Kapitän des für den Transport der Ikone vorgesehenen Schiffes, den er noch nicht bezahlt hatte, damit sich dieser an ihre Vereinbarung hielt. »Man hat Euer Schiff entführt«, sagte Palombara mit rauer Stimme und wies dorthin, wo der Rumpf in der Ferne kaum noch zu sehen war.
    »Aber nein«, gab der Kapitän zurück. »Es liegt dort und wartet auf Euch und Eure Ladung.«
    »Ich habe aber Bischof Vicenze an Bord gesehen.« Er zeigte erneut nach draußen. »Da hinten!«
    Der Kapitän legte die Hand über die Augen und sah in die von Palombara angegebene Richtung. »Das ist nicht mein Schiff, sondern das von Kapitän Dandolo.«
    Palombara sah ihn ungläubig an. »Dandolo? Hat er die Kiste etwa an Bord genommen?«
    »Er hatte eine Kiste etwa in der Größe, die Ihr mir beschrieben habt.«
    »Und Bischof Vicenze hat sie gebracht?«
    »Nein, Kapitän Dandolo selbst. Wollt Ihr immer noch nach Rom?«
    »Und ob ich das will!«

KAPİTEL 69
    Bischof Konstantinos strebte im grellen Sonnenlicht mit großen Schritten dem Haus der Theodosia Skleros entgegen. Sie war die einzige Tochter des Nikolaus Skleros, eines der wohlhabendsten der aus dem Exil nach Konstantinopel zurückgekehrten Männer. Alle Angehörigen jener Familie waren der orthodoxen Kirche treu ergeben und verabscheuten mithin alles, was mit Rom und dessen Machtmissbrauch zusammenhing. Verheiratet war Theodosia mit einem Mann aus ihrer weitläufigen Verwandtschaft, der des Bischofs Ansicht nach weder ihrer hohen Intelligenz noch, weit wichtiger, ihrer ausgeprägten Spiritualität würdig war. Da sie sich aber nun einmal für ihn entschieden hatte, behandelte er ihn mit aller Höflichkeit, die dem Gatten einer so außergewöhnlichen Frau zukam.
    Bei seinem Eintreffen fand er Theodosia im Gebet. Ihm war bewusst gewesen, dass sie um diese Stunde allein sein und kein Besucher willkommener sein würde als er.
    Sie begrüßte ihn mit erfreutem Lächeln, in dem ein Anflug von Überraschung lag, denn gewöhnlich pflegte er seinen Besuch anzukündigen.
    »Hochwürdigste Exzellenz«, sagte sie mit warmer Stimme, als sie in den eleganten Raum mit seinen klassischen Wandbildern trat, in den man ihn geführt hatte. Sie sah nicht besonders gut aus, hatte aber einen anmutigen Gang und eine so wohlklingende Stimme, dass es Freude machte, ihr zuzuhören.
    »Theodosia …« Er lächelte und merkte, wie sein Ärger allmählich schwand. »Es ist äußerst freundlich von Euch, mich zu empfangen, obwohl ich nicht angefragt habe, ob mein Besuch genehm sei.«

    »Das ist er immer«, gab sie zur Antwort. Das klang so aufrichtig, dass er nicht daran zweifeln konnte. So wie sie da im Schatten stand, erinnerte sie ihn an Maria, das einzige Mädchen, das er je geliebt hatte, obwohl sie ihr nicht ähnlich sah. Maria war schön gewesen, jedenfalls hatte er sie so in Erinnerung. Beide waren sie damals noch halbe Kinder gewesen. Seine älteren Brüder waren schon gut aussehende junge Männer gewesen, die lose Reden führten und ihre frisch erwachten Kräfte erprobten, ohne Rücksicht darauf, ob sie

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