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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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Logans Protokolle wieder auf den Tisch, nachdem er sie gründlich durcheinander gebracht hatte. »Wir sind die Vermisstenmeldungen der letzten zwei Jahre durchgegangen und haben die Zahnbefunde verglichen. Lorna Henderson. Viereinhalb Jahre. Ihre Mutter hat sie als vermisst gemeldet. Sie waren auf der South Deeside Road unterwegs, auf dem Nachhauseweg von Banchory. Es gab Streit. Das Kind wollte unbedingt ein Pony und hat einfach nicht lockergelassen. Also sagt die Mutter irgendwann: ›Wenn du nicht endlich aufhörst mit deinem blöden Pony, kannst du zu Fuß nach Hause gehen.‹«
    Logan nickte. Jede Mutter hatte irgendwann einmal ihrem Kind mit so etwas gedroht. Logans Mutter hatte es sogar einmal mit seinem Vater gemacht.
    »Das Dumme ist nur, dass Lorna wirklich unbedingt ein Pony will.« Insch zog eine zerknüllte Tüte Brausebonbons aus der Tasche. Doch anstatt sich eines in den Mund zu stecken, saß er nur da und starrte verdrossen in die Tüte. »Also macht die Mutter ihre Drohung wahr. Hält am Straßenrand und sagt dem Kind, es soll aussteigen. Und fährt los. Nicht sehr weit, nur um die nächste Kurve. Vielleicht fünfhundert Meter weit. Dort parkt sie den Wagen und wartet auf Lorna. Aber die taucht nicht mehr auf.«
    »Wie konnte sie nur ein vierjähriges Kind einfach aus dem Auto schmeißen?«
    Insch lachte freudlos. »Man merkt, dass Sie nie Kinder hatten. Wenn die kleinen Bälger erst mal sprechen gelernt haben, hören sie nicht mehr damit auf, bis sie irgendwann Teenager sind und die Hormone verrückt spielen. Dann kriegen sie plötzlich den Mund nicht mehr auf. Aber eine Vierjährige kann den ganzen Tag und die ganze Nacht ohne Pause quengeln, wenn sie irgendwas unbedingt haben will. Am Ende reißt der Mutter der Geduldsfaden – und das war’s dann. Sie sieht ihre Tochter nie wieder.«
    Und jetzt würde sie das Mädchen mit Sicherheit auch nicht mehr zu Gesicht bekommen. Wenn die Leiche irgendwann zur Beerdigung freigegeben wurde, würde der Sargdeckel geschlossen bleiben. Sie würden niemanden sehen lassen, was in dieser Kiste lag.
    »Weiß sie es schon? Dass wir das Kind gefunden haben?«
    Insch schnaubte und stopfte die Bonbontüte unverrichteter Dinge wieder in die Jackentasche. »Noch nicht. Ich will gerade hinfahren. Um ihr zu sagen, dass sie ihr Kind einem perversen Irren in die Hände getrieben hat. Dass er sie totgeschlagen und ihre Leiche in einem Haufen Tierkadaver entsorgt hat.«
    Willkommen in der Hölle.
    »Ich nehme Constable Watson mit«, sagte Insch. »Wollen Sie vielleicht auch mitkommen?« Die Worte waren locker hingeworfen, doch der Tonfall passte nicht dazu. Der Inspector klang gedrückt. Kein Wunder bei der Woche, die er hinter sich hatte. Insch glaubte, er könne Logan dazu bringen, mitzukommen, indem er ihn mit Constable Watson lockte. Ein Zuckerbrot in Uniform sozusagen.
    Logan wäre auch ohne diesen Bestechungsversuch mitgekommen. Einer Mutter beizubringen, dass ihr Kind tot war, gehörte nicht gerade zu den Aufgaben, denen er mit Freuden entgegensah, aber Insch machte den Eindruck, als könne er Unterstützung gebrauchen. »Aber nur, wenn wir hinterher noch einen trinken gehen.«
    DI Inschs Range Rover hielt am Bordstein. Das klobige Gefährt überragte all die kleinen Renaults und Fiats mit ihren weißen Häubchen aus unberührtem Neuschnee, die die Straße zu beiden Seiten säumten. Während der Fahrt hatten sie alle kaum ein Wort gesprochen. Bis auf die Vertrauensbeamtin, die pausenlos mit dem müffelnden schwarzweißen Spaniel hinten in Inschs Wagen herumgeschäkert und Sachen wie »Na, du bist aber ein hübsches Mädchen!« gegurrt hatte.
    Die Gegend war gar nicht so übel: ein paar Bäume, das eine oder andere Fleckchen Gras. Wenn man aufs Dach kletterte, konnte man sogar ein bisschen freie Landschaft sehen. Es war ein kleines, zweistöckiges Reihenendhaus, wie alle anderen in der Straße mit weißem Rauputz verkleidet. Die kleinen Kies- und Quarzstückchen glitzerten im Schein der Straßenlaternen, als wollten sie dem Schnee Konkurrenz machen.
    Der Schneesturm hatte sich gelegt, und in der bitterkalten Nacht trudelte nur noch das eine oder andere kleine Flöckchen vom Himmel. Durch den knöcheltiefen Schnee stapften sie im Gänsemarsch zur Haustür. Insch ging voran. Er drückte auf den Klingelknopf, worauf drinnen liebliche Glöcklein »Greensleeves« anstimmten. Zwei Minuten später wurde die Tür von einer missgelaunten Mittvierzigerin mit feuchten Haaren

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