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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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mich zu bestrafen. Er wird zu mir zurückkommen. Sie werden sehen – eines Tages wird er dort zur Tür reinkommen, und dann ist alles wieder gut.« Sie verfiel erneut in Schweigen und kaute auf der Innenseite ihrer Wange herum.
    »Um noch mal auf den Abend von Lornas Verschwinden zurückzukommen, Mrs. Henderson: Haben Sie irgendjemanden auf der Straße gesehen? Irgendwelche Fahrzeuge?«
    Sie blickte von der Tasse auf. Ihre Augen glänzten, ihr Blick war abwesend. »Was? Ich kann mich nicht erinnern … Es ist lange her, und ich war so wütend auf sie. Warum haben wir ihr nicht das verdammte Pony gekauft?«
    »Vielleicht einen Lieferwagen oder einen Lkw?«
    »Nein, ich kann mich nicht erinnern. Das haben wir doch alles schon damals geklärt!«
    »Einen Mann mit einem Handkarren?«
    Sie erstarrte. »Worauf wollen Sie hinaus?«
    DI Insch schwieg. Mrs. Henderson starrte ihn einen Moment lang an und sprang dann plötzlich auf. »Ich will sie sehen!«
    DI Insch stellte seine Tasse vorsichtig auf dem Teppich ab. »Es tut mir Leid, Mrs. Henderson. Das ist leider nicht möglich.«
    »Sie ist meine Tochter, verdammt noch mal, und ich will sie sehen!«
    »Lorna ist schon sehr lange tot. Sie ist … Es ist besser, wenn Sie sie nicht sehen, Mrs. Henderson. Bitte vertrauen Sie mir. Sie sollten sie so in Erinnerung behalten, wie sie war.«
    Mrs. Henderson stand mitten im Wohnzimmer und starrte finster auf DI Inschs Glatze hinunter. »Wann haben Sie sie gefunden? Wann haben Sie Lorna gefunden?«
    »Gestern.«
    »O Gott …« Sie schlug die Hand vor den Mund. »Das war er, nicht wahr? Der Mann aus der Zeitung! Er hat sie umgebracht und in diesem widerlichen Aashaufen vergraben!«
    »Beruhigen Sie sich, Mrs. Henderson. Wir haben ihn in Gewahrsam. Er kann nirgendwohin.«
    »Dieses widerliche Dreckschwein!« Sie schleuderte ihre Teetasse gegen die Wand. Die Tasse zerplatzte in einem Regen von Porzellansplittern und bespritzte die Tapete mit lauwarmem, milchigem Tee. »Er hat mir mein Baby weggenommen!«
    Auch auf dem Rückweg wurde im Wagen kaum ein Wort gesprochen. Die Vertrauensbeamtin hatte eine Nachbarin herbeigerufen, die sich um Mrs. Henderson kümmern sollte. Mrs. Henderson war in Tränen ausgebrochen, als die füllige Frau mit besorgter Miene das Zimmer betreten hatte. Sie hatten die beiden weinenden Frauen auf dem Sofa sitzen lassen und die Haustür hinter sich zugezogen.
    Die Straßen waren ruhig wie Friedhofswege, als sie ins Stadtzentrum zurückfuhren. Der Schnee sorgte dafür, dass sich außer den Streufahrzeugen niemand vor die Tür wagte.
    Acht Uhr abends. Eine wohlbekannte Gestalt huschte vorbei, als Insch den Wagen durch den Verkehrskreisel von Hazlehead lenkte: Peter Lumleys Stiefvater stapfte durch den frisch gefallenen Schnee und rief den Namen seines Sohnes. Logan starrte dem durchnässten, frierenden Mann nach, bis sie ihn weit hinter sich gelassen hatten. Er hatte den gefürchteten Besuch von der Polizei noch vor sich. Den schrecklichen Moment, wenn sie ihm schließlich eröffnen würden, dass sein Sohn gefunden worden war.
    Insch rief in der Leitstelle an und ließ sich die Adresse von Mr. Henderson geben. Er teilte sich eine Wohnung im weniger vornehmen Teil von Rosemount mit seiner flachbrüstigen Supermarkt-Bekanntschaft.
    Sie mussten die gleiche qualvolle Szene noch einmal hinter sich bringen. Nur dass es diesmal keine Selbstvorwürfe gab. Diesmal waren die Vorwürfe alle gegen seine Exfrau gerichtet, das dumme Stück. Seine Freundin saß in Tränen aufgelöst auf dem Sofa, während er tobte und fluchte. So kenne sie ihn gar nicht, sagte sie. Er sei doch sonst so ein sanftmütiger Mann.
    Und dann ging es zurück ins Präsidium.
    »Mann, was für ein Tag – so macht der Dienst Spaß.« Insch klang völlig ausgelaugt, als er zu den Aufzügen watschelte. Mit seinem fetten Daumen bearbeitete er den Aufwärts-Knopf. Erstaunlicherweise glitt die Tür sofort auf. »Wissen Sie was«, sagte er, während er einstieg und Logan mit Constable Watson im Gang stehen ließ. »Warum gehen Sie beide sich nicht rasch umziehen, und in fünf Minuten treffen wir uns wieder hier? Ich muss noch zwei Formulare ausfüllen, und dann gebe ich Ihnen einen aus.«
    Constable Watson sah Logan an und dann wieder den Inspector. Sie schien nach einer guten Ausrede zu suchen, um nicht mitkommen zu müssen. Doch bevor sie sich eine ausdenken konnte, schloss sich die Lifttür, und Insch entschwebte.
    Logan holte tief Luft.
    »Wenn Sie lieber

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