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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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bis unters Kinn hoch, wie ein kleines Mädchen. Dabei öffnete sich ihr Bademantel, und als Logan auf dem Sofa Platz nahm, achtete er sorgfältig darauf, die freie Sicht nicht auszunutzen.
    »Sie wissen, weshalb wir hier sind, nicht wahr, Michelle?«, sagte er.
    Sie wich seinem Blick aus.
    Logan ließ das Schweigen anwachsen.
    »Ich … ich muss mich für die Arbeit fertig machen«, sagte sie, zeigte aber keine Anstalten, aufzustehen, sondern schlang die Arme nur noch fester um die Knie.
    »Was haben Sie mit der Tatwaffe gemacht, Mrs. Henderson?«
    »Wenn ich zu spät komme, kann Margaret nicht weg. Sie muss ihren Kleinen aus dem Kindergarten abholen. Ich darf nicht zu spät kommen …«
    Logan gab den beiden Constables ein Zeichen, worauf diese das Wohnzimmer verließen, um eine rasche Hausdurchsuchung vorzunehmen.
    »Ihre ganze Kleidung war voller Blut, nicht wahr?«
    Sie zuckte zusammen, sagte aber nichts.
    »Haben Sie die Tat geplant?«, fragte Logan. »Sollte er für das bezahlen, was er Ihrer Tochter angetan hat?«
    Wieder Schweigen.
    »Wir haben Sie auf Video, Mrs. Henderson.«
    Sie starrte intensiv eine Stelle auf dem Teppich an, die der Staubsauger irgendwie verfehlt hatte.
    »Sir?«
    Logan blickte auf und sah einen der Constables mit einem Bündel auffallend heller Wäsche im Arm in der Tür stehen. Er erkannte eine Jeans, ein T-Shirt, ein Rugby-Shirt, zwei Socken und ein Paar Turnschuhe, alles so stark gebleicht, dass es fast schneeweiß war.
    »Die Sachen haben in der Küche über dem Heizkörper gehangen. Sie sind noch feucht.«
    »Mrs. Henderson?«
    Keine Reaktion.
    Logan seufzte. »Michelle Henderson, ich verhafte Sie wegen Mordes an Bernard Duncan Philips.«
    Duthie Park war eine gepflegte kleine Grünanlage am Ufer des Dee mit Ententeich, Musikpavillon und einer Nachbildung von Cleopatra’s Needle, dem ägyptischen Obelisken in London. Der Park war besonders bei Familien beliebt – auf den weiten, mit Reihen alter Bäume bestandenen Rasenflächen konnten sich die Kinder so richtig austoben. Auch jetzt, da alles unter einer dreißig Zentimeter dicken Schicht Neuschnee begraben war, gab es hier Anzeichen von Leben. Schneemänner in verschiedenen Stadien der Vollendung standen über die weiße Ebene verstreut wie Menhire – stumme Wächter, Herren über alles, was sie überblickten.
    Jamie McCreath, der in zwei Wochen – einen Tag vor Heiligabend – seinen vierten Geburtstag feiern würde, war verschwunden. Seine Mutter hatte mit ihm einen Ausflug in den Park gemacht. Die völlig verzweifelte Frau – Mitte zwanzig, mit langen Haaren von der Farbe roten Herbstlaubs, die unter einer Wollmütze mit einer lächerlichen goldfarbenen Troddel hervorquollen – saß weinend auf einer Bank im Wintergarten. Eine aufgeregt wirkende Frau mit einem kleinen Kind in einem Sportwagen gab sich alle Mühe, sie zu trösten.
    Es wimmelte bereits von uniformierten Polizeibeamten. Der Wintergarten war ein großer viktorianischer Bau aus weiß gestrichenem Stahl und Tonnen von Glas, unter dem die Kakteen und Palmen vor Eis und Schnee geschützt waren.
    Logan entdeckte DI Insch auf einer geschwungenen Holzbrücke, die einen blauen, mit Lichtflecken gesprenkelten Teich voller gold- und kupferfarbener Fische überspannte. »Sir?«
    Der Inspector drehte sich zu ihm um. Sein rundliches Gesicht war grimmig verzerrt, was ihm ein entschlossenes und zugleich hilfloses Aussehen verlieh. »Sie haben sich ja ordentlich Zeit gelassen.«
    Logan versuchte, nicht auf die Provokation einzugehen. »Mrs. Henderson schweigt beharrlich. Aber wir haben sämtliche Kleider, die sie anhatte, in ihrer Küche gefunden, wo sie zum Trocknen auf dem Heizkörper hingen. Sie hat sie allesamt fast zu Tode gebleicht.«
    »Die Spusi?«, fragte Insch.
    »Ich habe sie die Waschmaschine und die Küche untersuchen lassen. Diese Kleider müssen mit Blut getränkt gewesen sein. Wir werden es finden.«
    Der Inspector nickte gedankenverloren. »Das ist immerhin etwas«, sagte er schließlich. »Ich hatte einen Anruf vom Polizeipräsidenten: Das muss jetzt endgültig das letzte vermisste Kind sein. Vier unserer lieben Kollegen von Lothian and Borders sind schon auf dem Weg hierher.«
    Logan stöhnte. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt.
    »Tja«, meinte Insch. »Man muss den armen beschränkten Provinzbobbys doch mal zeigen, wie so was richtig geht.«
    »Was ist denn passiert?«
    Der Inspector zuckte die Achseln. »Zu viel schlechte Publicity, zu wenige

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