Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
vorausflogen, verzichten mussten. Dank des einzigartigen Geschicks ihrer ulru-ujurrischen Erbauer hatte die Teacher ein paar Tricks auf Lager, über die kein anderes KK-Schiff verfügte. Er würde mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von ihnen Gebrauch machen müssen, wollte er ohne Zwischenfall in den AAnn-Raum vordringen und ihn wieder verlassen.
Doch nicht nur die rätselhafte Suche, die vor ihm lag, beschäftigte ihn, sondern auch jener unscheinbare blauweiße Ball, der mittlerweile als unsichtbares Staubkorn im All hinter ihm lag.
So – das also war die Erde.
Besonders viel hatte er vor seiner ersten Ankunft dort nicht nachgedacht und hätte auch nie damit gerechnet, dass ein zweiter Besuch etwas an seiner Einstellung zu diesem Planeten ändern könnte. Bis der alte Schamane Cayacu ihn mit seiner wirklichen Vergangenheit in Berührung gebracht hatte. Eine einzige kalte Nacht an einer abgelegenen Küste des Ozeans, inmitten von Ruinen einer längst versunkenen Kultur, hatte alles geändert. Da erst hatte er begriffen, dass die Erde wahrlich auch seine Heimatwelt war, und zwar in einer Weise, in der Moth, die Welt seiner Kindheit und Jugend, es nie gewesen war und niemals sein konnte. Interessant, dachte Flinx bei sich. Offensichtlich musste man an einem Ort nicht aufgewachsen sein, um ihn als Heimat zu empfinden.
Er schaute zur Backbordluke hinaus und betrachtete die Krümmung des verzerrten Raums. Moth mochte vielleicht die Zuflucht seiner Kindertage sein, und die Erde die Heimstatt seiner Ahnen, doch sein Zuhause war jetzt dieses Schiff. In seinem Kopf herrschte zum ersten Mal seit Wochen vollkommene Stille. Weder droschen heftigen Emotionen auf ihn ein, noch spornten überbordende Gefühle die vertrauten hämmernden Kopfschmerzen an. Seine Sehkraft war klar und ungetrübt. In der Leere des Alls herrschte Friede.
Aufseufzend lehnte er sich zurück und erteilte dem Schiff Order, ihm ein großes, kühles und süß schmeckendes Getränk zusammenzumixen. Dies waren die Vorzüge von Besitzstand und Befehlsgewalt. Aber er hätte sie mit Freuden samt und sonders für ein ganz normales Leben eingetauscht. Stattdessen musste er sich mit Eis, Zucker und Geschmacksstoffen begnügen.
Die nächste Stunde brachte er damit zu, sich im Hauptaufenthaltsraum des Schiffs herumzufläzen, der ebenso ein Schutzhort vor überreizten Gedanken war wie die friedvolle, kalte Ödnis, die sich jenseits des Schiffsrumpfs befand. Erst kürzlich war er auf Vordermann gebracht und nach seinen Vorstellungen umgestaltet worden.
Anstelle von Kunstdrucken großer Meister, synthetisch erzeugtem Environment oder sündhaft teuren Holos bestand das gegenwärtige Interieur fast ausschließlich aus echtem und naturbelassenem Material. In seinem Bedürfnis, sich mit etwas Organischem zu umgeben, stellte Flinx unter den Weltraumreisenden keine Ausnahme dar. Und so erklärte sich auch die nur auf den ersten Blick widersinnig erscheinende Existenz von Firmen, die sich darauf spezialisiert hatten, kunstvoll arrangiertes Felsgestein, Strände, Bäume und Blumen in die künstlichen Räumlichkeiten interstellarer Raumschiffe zu integrieren. In dieser Hinsicht hatten die Ulru-Ujurrer den Wünschen ihres jungen Freundes in geradezu bewunderungswürdiger Weise entsprochen. Die Teacher verfügte über Vorrichtungen, die es Flinx gestatteten, die Innenausstattung nach Gutdünken zu ändern.
Der Baumstamm, auf dem er soeben ausgestreckt dalag, bestand aus einem hölzernen Material, doch weder war es echtes Holz, noch war der Stamm jemals in irgendeinem Sinne lebendig gewesen. Dafür war er herrlich anschmiegsam und passte sich perfekt der Krümmung seiner Wirbelsäule an. Auf der anderen Seite des Badeteichs, der während der Reise von der überschüssigen Energie des KK-Antriebs und bei Schiffsruhezustand durch eine transparente Membran an Ort und Stelle gehalten wurde, plätscherte lustig ein kleiner Wasserfall ins klare Nass. Fische, die Flinx im Anschluss an die Fertigstellung des Schiffes hinzugefügt hatte, dümpelten träge am Grund dahin, während in den seichten Stellen aus importierten Kaulquappen herangewachsene Frösche und schlanke Grunps von Moth auf Futtersuche waren.
Computergesteuerte Brisen strichen über das Wasser und die Uferlandschaft. Das gegenwärtige Licht war das eines Abends nach einem leichten Regen, entsprechend der Beleuchtungseinstellung, die Flinx nach Lust und Laune vorgeben konnte. Mit nur einem einzigen Wort konnte er einen
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