Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
in der Ferne ragte die dunkle Kammlinie auf, die immer verschwommener wurde, doch darum nicht weniger verheißungsvoll war. Falls sich unter ihren düsteren Kuppen kein Wasser verbarg, hatte sich die Frage, was er tun würde, wenn er am Crotase -Lager angekommen war, erledigt. Falls aber doch ... Er versuchte, nicht daran zu denken, was er nach einem langen, langen Schluck und einer belebenden Rast alles tun würde. Er versuchte bis auf weiteres, überhaupt nicht mehr an Trinken zu denken.
Während er weiterwanderte, betrachtete er argwöhnisch jeden Felsen, ging geflissentlich selbst den harmlos wirkendsten Pflanzen aus dem Weg und gab sich Mühe, alles, was sich bewegte, zu meiden. Es war eine relativ sichere Art zu reisen, doch keine sehr nahrhafte. Einen flüchtigen Moment lang sah es so aus, als wollten sich Wolken zusammenziehen, doch dann lösten sie sich unter der brutalen Hitze einer gnadenlosen Sonne wieder auf. Er stellte sich vor, wie herrlich bei einer Sturzflut wohl die Flussbetten dieser spektakulär gefärbten Welt von aufgelösten Azuriten und anderen Kupfermineralen glitzern mussten. Die dadurch heraufbeschworenen Bilder reichten zwar aus, seinen Geist zu beschäftigen, doch taten sie nichts für seine Kehle oder seinen Magen.
Hätte er die Wahl gehabt, wäre er lieber durch dichten Urwald gestapft. Nicht nur war er aufgrund seiner Reisen mit einer derartigen Umgebung weitaus vertrauter, er hätte dort auch trotz aller unvermeidlichen Gefahren zumindest mühelos Wasser gefunden. Und wieder versuchte er, nicht zu sehr an das zu denken, was er nicht hatte: kühle, wohltuende Flüssigkeit, die seine Kehle hinabrann, süßes Druckgefühl im Magen, wenn man zu viel hinuntergestürzt hatte ... Außerstande sich selber Einhalt zu gebieten, grübelte er darüber nach, wie anders alles aussehen würde, wenn sein Überlebensanzug noch intakt wäre. Und da er schon einmal beim Wünschen war, dachte er mit galligem Humor, konnte er sich gleich auch noch ein intaktes Shuttleschiff wünschen, das, die Türen nur einen Spalt breit offen, auf der anderen Seite des Felsgrats auf ihn wartete.
Weiter und weiter schleppte er sich über die blaugrün funkelnden Kupfersalze mit ihren gelegentlichen Durchbrüchen von seltenen kristallinen Mineralen voran, längst nicht mehr empfänglich für all die unvergleichlichen Farbschattierungen, die ihm allmählich wie die lebhaften Vorboten des nahen Untergangs vorkamen. Und auch Pip, die merklich geschwächt schien, wurde ihm auf seiner Schulter zusehends zu einer Last. Immer seltener schwang sie sich empor, erhob sich nur noch dann über seinen Kopf, wenn irgendein ungewöhnlicher Anblick oder eine merkwürdige Bewegung sie unwiderstehlich dazu drängte. Den Rest der Zeit zog sie es vor, in dem unsteten, spärlichen Schatten seines Kopfes zu liegen. Obwohl Flinx jedem ihrer gelegentlichen Flüge freudig entgegensah, da ihre rasch schlagenden Flügel seinem Gesicht kurzzeitig etwas Abkühlung brachten, dachte er nicht einen Moment daran, sie aufzuscheuchen, nur um sich selbst ein paar Sekunden Annehmlichkeit zu verschaffen.
Er hatte den von den Würmern durchbohrten Wassertank notdürftig geflickt. Wenn er jetzt bloß noch etwas finden würde, was er in ihn und in die Flasche, die er aus dem zerstörten Shuttle geborgen hatte, einfüllen könnte. Der größere Behälter begann bereits an seinem Rücken zu scheuern und drohte schmerzvolle wunde Stellen zu verursachen. Andererseits hätte er dann wenigstens etwas, das ihn von dem rasenden Durst ablenken würde, der sonst jeden Moment seines Wachseins beherrschte. Und die Nahrungsvorräte waren auch beinahe erschöpft. In dieser Hinsicht war Pip ein bisschen besser dran als er. Immerhin konnte sie zumindest noch jagen, obwohl sie dies bei ihrem geschwächten Zustand immer seltener tat. Ihr erhöhtes Stoffwechselniveau machte es erforderlich, dass sie regelmäßig Nahrung zu sich nahm. Und trotz seiner verzweifelter werdenden Lage wies er nach wie vor jeden Gedanken, sie um seinetwillen zu opfern, strikt von sich.
Aus der Höhe, aus Erdrissen und Löchern in den vielfarbigen Salzen, aus der Deckung hinter fremdartigen Pflanzen – von überall her sahen hungrig lauernde Augen ihn an. Flinx bezweifelte, dass seine außerplanetare Herkunft deren Besitzer davon abhalten würde, sich in einem günstigen Moment auf ihn zu stürzen. Fleisch war Fleisch, Protein Protein, und in den kargen Weiten einer jeden Welt würden Aasfresser
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