Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
Baum hockenden Opfer zu, das sie, entgegen dessen Hoffnungen, keineswegs vergessen hatten. Dasselbe fressgierige Trio wie zuvor machte sich erneut über den Baumstamm her, während der Rest geduldig hinter ihnen ausharrte und auf seinen Luftkissen vor Erwartung auf und nieder hüpfte.
Falls es die Absicht des pyrassischen Gewächses gewesen war, die Angreifer an seinem Fuß von ihrer Attacke abzubringen, so war dieser Trick gründlich misslungen. Wenn überhaupt, dann hatte die Flüssigkeit den fleißigen Nagern bloß zu erneuerter Tatkraft und Entschlossenheit verholfen. Flinx konzentrierte sich auf den größten der Übeltäter, die seinen Hochsitz demontierten, und zielte abermals mit der Endural nach unten.
Doch bevor er dazu kam, die Waffe abzufeuern, begann der feiste Flimmer krampfartig zu zucken und taumelte von dem Baumstamm weg. In rascher Folge schlossen sich ihm seine beiden Kumpane in nämlicher Weise an. Tatsächlich zeigte auf einmal die gesamte Horde unverkennbare Symptome von Schmerzen. Fassungslos sah Flinx zu, wie sämtliche Räuber von einer Serie kurzer, spasmischer Anfälle erfasst wurden. Schließlich krümmten sie sich einer nach dem anderen zusammen, erzitterten ein letztes Mal und sanken leblos zu Boden.
Erst als auch der Letzte von ihnen zu zucken aufgehört hatte, traute sich Flinx von seinem behelfsmäßigen Hochsitz herunter. Langsam ging er zu der reglosen Kreatur hinüber, die ihm am nächsten lag, und stieß zögerlich mit dem Fuß gegen ihren abgeflachten Körper. Sie rührte sich nicht. Wenn sie gelähmt war, so war die Lähmung total. Vorsichtig kniete er sich hin und unterzog das Raubtier einer näheren Untersuchung. Es war nicht gelähmt, wie er feststellte, es war tot.
Dann bemerkte er den feinen Schleier spitzer, durchsichtiger Kristalle, die aus dem breiten Maul der Kreatur und den zur Ruhe gekommenen Lefzen ragten. Er hob einen Stein auf und brach damit ein paar der zentimeterlangen Gebilde behutsam heraus. Abgesehen von einigen grünen Flüssigkeitsinklusionen, die möglicherweise Blut sein mochten, waren sie vollkommen transparent. Diesmal, konstatierte er düster, während er wieder aufstand und den Stein fortwarf, hatte eine der einheimischen Lebensformen eine spezielle Flüssigkeit, die sich als Wasser ausgab, zum Selbstschutz anstatt zum Beutefang benutzt.
Das Nass aus den aufgequollenen Knoten hatte wie Wasser ausgesehen, war wie Wasser herausgeströmt, hatte sogar wie Wasser gerochen. Und doch setzte es sich aus komplexen organischen Polymeren zusammen, die, der Luft ausgesetzt, binnen kürzester Zeit zu festen, kristallinen Formen erstarrten. Indem sie es tranken, hatten die Flimmer ihren grässlichen Tod herbeigeführt. Die Lösung war kristallisiert und expandiert, hatte lebenswichtige Organe durchstoßen und die Kreaturen von innen getötet. Wenn er eine von ihnen sezierte, würde er den Verdauungstrakt der toten Bodenflieger höchstwahrscheinlich bis zum Bersten gefüllt mit zauberhaften kristallinen Formen vorfinden.
Er wandte sich von dem verendeten Räuber ab und musterte die vier still dastehenden braunen Gewächse, die schlank und aufrecht emporragten, mit neuem Respekt. Der Pseudobaum hatte sich ausgesprochen erfolgreich verteidigt. Zuerst die riesigen Speichellauerer und nun dies. Flinx fragte sich, ob er echtem Wasser überhaupt noch trauen konnte, wenn er es denn fand.
Doch er wusste, dass er in diesem Moment, noch ganz unter dem Eindruck der raffinierten Gegenwehr des Pseudobaums, in diesem Punkt nicht ganz aufrichtig war. Sollte er tatsächlich auf etwas stoßen, das wie Wasser aussah, würde er sich sicherlich sofort darauf stürzen. Ihm blieb gar keine andere Wahl. Und sollte es ihn verschlucken, bevor er umgekehrt dazu kam, nun, dann würde er wenigstens noch ein Bad genommen haben, bevor er den Löffel abgab.
Als er so neben den Kadavern stand, kam ihm jäh der Gedanke, ein paar aufzuschlitzen und sich an ihrem Blut gütlich zu tun. Da sich jedoch nicht ausschließen ließ, dass ihr grüner, kupferhaltiger Lebenssaft ihn ebenso gut vergiften wie wiederbeleben konnte, beschloss er widerstrebend, von dieser Möglichkeit Abstand zu nehmen. So verzweifelt war er nicht, wie er fand. Noch nicht. Er mochte sich zwar durchaus auf dem besten Wege dahin befinden, aber noch hatte er ein gutes Stück vor sich, bevor er dort anlangte.
Er warf sich seinen schrumpfenden Proviantbeutel über die Schulter und setzte seinen Marsch nach Osten fort. Vor ihm
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