Die Ecstasy-Affäre
Robert, du kannst dich auf deinen Vater verlassen.
Die Wandlung des Oberregierungsrates Dr. Habicht war erschreckend, aber folgerichtig. Ein Mann, von allem Lieben beraubt, das er besessen hatte, schlägt um sich.
Acht Tage lang verhielt sich Franz von Gleichem ruhig und wartete geduldig auf Ulrikes Verkaufsabrechnungen. Er brachte Verständnis dafür auf, daß eine Frau nach einem solchen Erlebnis einige Zeit brauchte, um sich seelisch wieder zu festigen.
Salvatore hatte ihm berichtet, wie problemlos das ›Problem Robert Habicht‹ bereinigt worden war.
»Ulla hat fabelhaft gearbeitet«, lobte er. »Wie ein Profi. Auf die kann man sich verlassen. Natürlich hat sie auf der Rückfahrt durchgedreht. Kann man ja verstehen … Jetzt ist ihr Bett leer.«
»Was heißt durchgedreht?« fragte von Gleichem. Der Begriff gefiel ihm nicht.
»Weinen, zittern, klagen, der ganze Weiberquatsch …«
»Klagen?«
»›Ich bin keine Mörderin!‹ hat sie geheult. Immer dasselbe: ›Ich bin keine Mörderin!‹ Als mir das zuviel wurde, habe ich ihr eine geknallt. Da war sie still. Bei hysterischen Weibern helfen keine Worte … klatsch-bumm, das überzeugt.«
Nun waren acht Tage herum. Die Aufregung in der Bevölkerung, von der Presse geschürt und durch knallige Schlagzeilen unterstützt, hatte sich gelegt, sehr zur Zufriedenheit von Reiber und Wortke, der sagte: »Wenn ich einen Journalisten sehe, verstehe ich einen Mörder!«
Von Gleichem verfolgte jeden Tag den Stand der Ermittlungen. Von Robert Habicht und Christa Helling wußte die Kripo eine Menge, aber dann endeten die Spuren. Die Ecstasy-Szene lieferte zwar genügend Gesprächsstoff, aber dort traf die Kripo auf eisernes Schweigen.
Um so gespannter war von Gleichem darauf, was Ulrike berichten würde. Wie reagierten die Kunden, was dachten die Techno-User? Was er bisher aus seinen Barbetrieben gehört hatte, waren verhaltene Vorsicht und die allgemeine Ansicht: Der Junge hat sich reichlich dusselig benommen. Pumpt die Kleine voll und weiß nicht, wohin mit der Toten. Nur der Genickschuß gab Rätsel auf.
Von Gleichems Geduld hatte an diesem achten Tag ihre Grenze erreicht. Er fand, daß man Trauer nicht übertreiben sollte. Das Leben ging weiter. Um Millionen zu verdienen, muß man sich regen. Er ließ Salvatore kommen und bot ihm eine Zigarre an. Der Mann für alles nahm sie mit Dank an, obwohl er keine Zigarren rauchte. Für eine gute Zigarre braucht man Zeit. Wer sie nur so dahinpafft, ist ein Ignorant des Genusses.
»Ulla fängt an, mir Sorgen zu machen«, sagte von Gleichem. »Die ganze Sache muß sie mehr erschüttert haben, als wir dachten.«
»Soll ich sie mal besuchen?« fragte Salvatore.
»Genau daran habe ich gedacht. Wir waren da zu kurzsichtig. Wir haben Ulla vernachlässigt, sträflich vernachlässigt! Sie hätte unsere Hilfe gebraucht; statt dessen lassen wir sie einfach allein. Bei allem Haß, den sie gegen diesen Robert am Schluß empfand – sie ist eine Frau, und Frauen reagieren in solchen Situationen oft konträrer, als sie vorher gemeint hatten. Fahr zu ihr und bring sie her. Aber nicht mit Gewalt, Salvatore!«
»Und wenn sie nicht will?«
»Sie wird eine Begründung dafür haben. Ich spreche dann selbst mit ihr.«
Salvatore machte sich auf den Weg. Aber nach einer halben Stunde kam er schon wieder zurück, sichtlich verstört und sogar ein wenig ängstlich. Er rannte in von Gleichems Büro und lehnte sich dort schwer atmend an die Wand.
»Sie ist nicht da!« Dabei wedelte er mit beiden Händen durch die Luft. »Sie ist weg! Einfach weg! Die Wohnung ist leer …«
»Was ist sie?« Von Gleichem sprang aus seinem Sessel hoch. Die Mitteilung war wie ein elektrischer Schlag. »Leer?«
»Ausgeräumt. Die Nachbarn sagen, vor drei Tagen hat der Wagen einer Gebrauchtmöbel-Firma alles abgeholt. Die ganze Einrichtung ist verkauft.«
»Es war doch eine Eigentumswohnung …«
»Ein Makler hat sie übernommen.«
»Wie heißt der Makler?« schrie von Gleichem. Er verlor die Beherrschung.
»Keine Ahnung.« Salvatore wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er schwitzte nicht vom schnellen Laufen, es war Angstschweiß. »Und Ulla ist verschwunden.«
»Ich habe ihr viel zugetraut, aber das nicht.«
»Es war ein Fehler, Chef, sie nicht gleich mit umzulegen.« Salvatore wagte es, von Gleichem zu kritisieren. Er sah, daß sein Chef angeschlagen war. »Ich habe sie nie gemocht. Sie war die falsche Besetzung.«
»Sie war eine Hure!«
»Aber aus'm
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