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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wasserstrahlen wieder vereinigt, und nun saß Robert auf der Ledercouch, in ein großes Badetuch gewickelt, und wartete auf das Frühstück. Er fühlte sich nicht ermüdet, sondern kraftvoll entspannt. Während er dem Geklapper aus der Küche zuhörte, fielen ihm einige Erzählungen seiner Klassenkameraden ein. Sie berichteten am Montag immer, was sie am Sonntag mit ihren Mädchen erlebt hatten, sie kamen sich gewaltig männlich vor mit ihren detaillierten Schilderungen, und es hatte Robert immer beeindruckt, zu welchen Taten die Burschen fähig waren. Jetzt wußte er, daß sich vieles nur in der Phantasie abgespielt hatte. Die Wirklichkeit, wie er sie erlebt hatte, war nicht mit Worten zu schildern. Hier versagte die Sprache – es gab nur eines, was diesen Liebesrausch beschreiben konnte: die Musik.
    ›Tristan und Isolde‹, dachte Robert. Der zweite Akt. Eine Musik, die man nur erfühlen kann. Komm hernieder, Nacht der Liebe … Oder ›Der fliegende Holländer‹, erster Akt … Holländer und Senta stehen sich stumm gegenüber, aber die Musik strahlt alles wider, was ihre Herzen empfinden. Oder Chopin, Liszt, Schumann, Schubert … Nur Musik vermag unendliche Liebe auszudrücken.
    Der Gedanke, eine Klaviersonate für Ulrike zu komponieren, setzte sich in Robert fest. Aus dieser Stimmung schrak er hoch, als sie mit einem großen Tablett aus der Küche kam. Es duftete nach Brötchen – auf dem Toaster aufgewärmt –, gebratenem Schinkenspeck und Eiern, anscheinend das Stammfrühstück von Ulrike. Sie ging noch nackt herum, umhüllt von einer Parfümwolke, die nach Limonen duftete. Ihr Haar hatte sie im Nacken zusammengebunden, und sie trug bunt bestickte orientalische Pantoffeln mit einer Wollsohle. Es war, als schwebe sie, so lautlos war ihr Gang.
    Während sie aßen, fragte Robert plötzlich: »Liebst du mich?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie neigte den Kopf etwas zur Seite und betrachtete ihn wie ein Bild. »Ich weiß es wirklich nicht, Bob.«
    »Nach diesem Morgen?« Es klang enttäuscht.
    »Ich hatte Lust auf dich – das war es. Dein schöner junger Körper, deine noch ungebrochene Kraft, das neu entdeckte wilde Tier in dir … Zugegeben, es war schön.«
    »Mehr nicht?«
    »Ich weiß es noch nicht.«
    »Das ›noch‹ beruhigt mich. Wir haben noch neun Tage und Nächte vor uns.«
    »Aber du liebst mich?«
    »Auch wenn es abgedroschen klingt: Wahnsinnig! Unendlich! Du wirst mein Leben ausfüllen. Mit dir habe ich eine greifbare Zukunft.«
    »Glaubst du?«
    »Ich weiß es! Nach dem Abitur werde ich mich voll auf das Klavierspielen stürzen. Du wirst es erleben: In zwei, drei Jahren gebe ich meine ersten Solistenkonzerte.«
    »Und wer finanziert diese Jahre? Dein Vater wirft dich raus, wenn er von unserem Verhältnis erfährt.«
    »Ich werde Geld verdienen. Als Pianist in einer Bar …«
    »Du Spinner! Das ist 19. Jahrhundert. Heute spielen sie in einer Bar Techno-Rock, und der Discjockey legt die Platten auf.«
    »Das kann ich auch, CDs in einen Apparat schieben. Irgendwie werde ich Geld verdienen. Genug Geld.«
    »Und dann bist du eines Tages ein bekannter Konzertpianist. Robert Habicht spielt Beethoven. Im Frack am Flügel. Und ich warte im Künstlerzimmer auf den großen Meister, im Abendkleid, umgeben von Blumensträußen, und werde gnädige Frau genannt. Glaubst du wirklich, daß ich da hineinpasse?«
    »Wir alle wachsen in unsere Aufgaben hinein. Du wirst einmal der Mittelpunkt der Gesellschaft sein.«
    »Die mich ankotzt!«
    »Du kennst sie nicht.«
    »Ich lese genug von ihr. Ein Klumpen Heuchelei, mit Schmuck behängt. Da passe ich nie hinein!«
    »Und was wäre dein Lebensziel?«
    »Eine Boutique. Exklusiv, leicht verrückt und so teuer, daß es sich herumspricht: Bei Ulla kauft nur der Jet-Set.«
    »Genau die, die du nicht magst.«
    »Richtig. Aber ich bescheiße sie mit jedem Pullover, jedem Kleid, jedem Kostüm, jeder Abendrobe, die sie bei mir kaufen. Das macht mich fröhlich.«
    »Und warum diese Abneigung?«
    »Ich will es dir ganz deutlich sagen!« Sie beugte sich zu ihm, und er war versucht, nach ihren schönen Brüsten zu greifen. »Weil ich aus der Gosse komme. Weil ein Sektfrühstück dieser Schickimickis ausgereicht hätte, mich und meine Mutter einen Monat lang zu ernähren. Weil sie sich quer Beet durch die Gesellschaft bumsen und man das schick nennt … Bei uns heißt es: Du bist eine Hure! Bob, du hast diese Welt nie kennengelernt. Du bist in Daunenkissen aufgewachsen. Und nach

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