Die Ecstasy-Affäre
anderen Job angenommen.«
»Einen anderen Job?« Er sah sie verwundert an. »Seit wann?«
»Seit zwei Wochen.«
»Und das sagst du so nebenher? Auch ein Nachtjob?«
»Im Augenblick noch. Aber ich will ihn als Hauptjob aufbauen. Dann kann ich die Bar aufgeben.«
»Das wäre fabelhaft.« Er richtete sich auf, schob die Beine aus dem Bett und setzte sich neben Ulrike. Diese Neuigkeit war eine große Freude für ihn. Weg aus der Bar, aus diesem Milieu, aus dem Zwielicht, weg von den angeheiterten Männern, die ihre Geilheit nicht verbargen, weg von den Geldscheinen, die man Ulrike in den Ausschnitt stopfte. War das der erste Schritt in eine neue Zukunft? Ließ sie ihr bisheriges Leben endlich hinter sich?
»Was ist das für ein Job?« fragte Robert.
»Ich habe eine Vertretung übernommen …«
»Vertretung? Das mußt du mir genauer erklären.«
»Ich bin dabei, eine Verkaufsorganisation aufzubauen. Vertrieb eines Markenartikels. Erst in München, dann in ganz Bayern.« Sie stand auf, warf ihren Morgenmantel auf den Boden und ging ins Badezimmer. Robert folgte ihr, um wieder mit ihr gemeinsam zu duschen, aber sie winkte ab. Ihr war jetzt nicht danach, in der Glaskabine wieder seine Männlichkeit zu spüren. »Es ist ein Modeartikel, der sehr begehrt ist. In Amerika, in Holland, in Österreich, in Frankreich – auch schon in Berlin hat der Artikel gute Absatzzahlen. In München wird er ebenfalls verkauft, aber es fehlt eine straffe Organisation. Es sind bisher nur Streuverkäufe, doch ich will den Handel konzentrieren und den Markt beherrschen.«
Sie ging unter die Dusche, ließ aber die Tür der Kabine offen. Während sie sich unter den Wasserstrahlen drehte und dehnte, sprach sie weiter.
»Es wird anfangs viel Mühe kosten, Bob. Es ist so etwas wie ein Kampf um den Kunden. Man muß hart und clever sein, man muß boxen können, sonst überrollt einen die Konkurrenz. Ich habe mir gedacht, daß du mir dabei helfen könntest.«
»Ich habe noch nie geboxt«, sagte er fröhlich. »Das muß ja ein toller Artikel sein, den du da vertreibst. Waschmittel können es nicht sein.«
Sie kam aus der Dusche. Robert nahm das große Badetuch, hüllte sie darin ein und rubbelte sie trocken. Dabei schlossen sich seine Hände um ihre Brüste, aber Ulrike schlug ihm auf die Finger.
»Laß das!« sagte sie in hartem Ton, den Robert bisher nicht von ihr gewöhnt war. »Laß uns ernst darüber reden! Es hängt viel Geld daran – auch für dich.«
»Geld, das auf dem Boden liegt? Also doch ein Putzmittel …«
»Bitte, stell die Blödelei ein! Es ist ein Medikament.«
»Das kann doch nicht wahr sein! Du hast eine Pharmazie-Vertretung übernommen?«
»Was ist daran so erstaunlich? Nur weil ich keinen Schumann oder Bruch kenne oder deinen Liebling Chopin, bin ich kein hirnloser Mensch! Ich vertreibe ein Präparat, das begeistert aufgenommen wird.«
»Apothekenfrei …«
»Davon gibt es Hunderte Mittel.«
»Und wogegen hilft es?«
»Gegen Müdigkeit und Unlust. Gegen Depressionen und Liebesmüdigkeit. Gegen mangelnde Ausdauer und Konzentrationsschwäche. Es hebt das allgemeine Wohlbefinden.«
»Du hast den Beipackzettel gut auswendig gelernt. Fassen wir alles zusammen: Es ist ein Aufputschmittel!«
»Unsinn! Es ist harmlos wie eine Vitaminpille. Wie viele Millionen Vitaminpräparate werden täglich geschluckt? Wo sind nicht überall Vitamine drin? Vom Fruchtsaft bis zum Joghurt, vom Tiefkühlspinat bis zum Schellfisch. Überall steht drauf: Reich an Vitaminen. Ich verkaufe ein neues Mittel: Hirnnahrung.«
»Und was, denkst du, soll ich damit zu tun haben?« Robert war plötzlich ernst geworden, nahm das Handtuch von Ulrikes Körper und warf es in eine Ecke des Badezimmers. Ein Psychopharmakon, dachte er. Ulrike verkauft Anregungspillen. Und die Leute, die sie schlucken, glauben an ihre Wirkung. Wieviel hat man darüber schon gelesen! Gesund wird nicht der Patient, sondern der Hersteller. Selbst diese Vitaminsucht ist umstritten, da gehen die Ansichten der Wissenschaftler auseinander. Und jetzt steigt Ulrike in ein so umstrittenes Geschäft ein.
Das Geld liegt auf der Straße …
»Du sollst mir helfen, junge Verkäufer einzustellen«, beantwortete Ulrike Roberts letzte Frage.
»Ausgerechnet ich?« Er mußte wieder lachen, aber aus diesem Lachen hörte sie schon Abwehr heraus. »Soll ich zu meinen Kameraden sagen: Hört mal, ihr könnt euer Taschengeld vermehren, wenn ihr dubiose Pillen an den Mann bringt!«
»Das
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