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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bericht, sondern ein Alarm. Sie werden Altbekanntes und erschreckend Neues hören, und Sie werden sich fragen: Was kann man dagegen tun? Das frage ich mich auch als Leiter des 13. Dezernats, der ich täglich damit beschäftigt bin, unsere Polizei aus der Ohnmacht herauszuholen, die man ihr vorwirft.«
    Er blickte in die ersten Reihen. Die Politiker zogen sich hinter erwartungsvolle Mienen zurück, der Polizeipräsident blinzelte Hauptkommissar Reiber an.
    »Es geht, wie Sie wissen, um die organisierte Kriminalität«, fuhr Reiber fort. »Ein besonders trauriges Kapitel unserer Kriminalgeschichte. OK beherrscht heute bereits weitgehend die Kriminalstatistik: im Drogengeschäft, im Menschenhandel, in der Prostitution, in der Schutzgelderpressung, im Schmuggel und – weiter anwachsend – im Mord. Ich möchte hier nicht die bekannten Tatsachen erzählen, daß in Deutschland an vielen Orten ein Bandenkrieg stattfindet, der an die besten Chicagoer Jahre erinnert. Ein trauriges Beispiel ist Berlin: In einem Jahr über fünfzig Mafia-Morde. Täter: Russen, Vietnamesen, Rumänen. In den letzten Monaten tobt der Kampf um den Zigarettenmarkt. Jeder Außenstehende wird sich fragen: Zigaretten? Was ist denn daran so viel zu verdienen? Das ist doch Pfennigkram. Heroin, Kokain, Marihuana, Speed, Crack, Mädchenhandel, Prostitution, das leuchtet ein – aber Zigaretten? Ich will Ihnen nur ein paar Zahlen nennen: Bei jeder Zigarette, die zollfrei eingeschmuggelt wird, verliert der Staat 14 Pfennig. Allein von Januar bis April dieses Jahres ist es den Polizeiorganen gelungen, 260 Millionen Stück Schwarzmarktzigaretten zu beschlagnahmen. Das ist ein Steuerverlust von 36,4 Millionen Mark. In vier Monaten! Das waren die beschlagnahmten Zigaretten. Aber wieviel gelangen illegal auf den Markt? Das kann man überhaupt nicht schätzen! Für die Mafia also ein Bombengeschäft und ein sicherer Markt. Um ihn zu beherrschen, muß man morden … So einfach ist die Denkweise der organisierten Kriminalität. Aber das sollte nur als Beispiel gelten. Heute geht es um einen anderen Markt, der sich in großem Stil noch in einer Art Aufbauphase befindet. Unsere Erkenntnisse sind da weit fortgeschritten, aber Erkenntnisse sind noch keine Erfolge. Wir sehen das Aufblähen dieser neuen OK-Aktivität, aber wir sind dagegen machtlos. Das klingt erschreckend, und es ist auch erschreckend! Es handelt sich um das Vordringen der Modedroge Ecstasy in eine Konsumentengruppe, die bisher für die Nadel noch zu jung war: die Jugendlichen zwischen vierzehn und achtzehn Jahren.« Er hob beide Hände, um einen möglichen Einwurf sofort abzuwehren. »Ich weiß, es gibt genug Fixer in dieser Altersgruppe, aber sie bilden mehr oder weniger eine Gemeinschaft. Sie bleiben unter sich, häufig kennt man sich, hat seine Fixerplätze. Bei Ecstasy ist das anders. Da ist eine Breitenwirkung vorhanden wie bei einem Schnupfen.«
    Reiber blätterte in seinem Manuskript. Die Zuhörer schwiegen. Von Betroffenheit war noch nichts zu spüren. Was Reiber da vortrug, war bekannt. Die wirklichen Knaller mußten noch kommen.
    »Warum ist Ecstasy so gefährlich?« fragte Reiber in die erwartungsvollen Gesichter hinein. »Als die Pillen zum erstenmal auftauchten, galten sie für harmloser als Hasch. Mit sechs Cuba Libre kann man sich mehr auftanken als mit einer Ecstasy, so hieß es. Und Cuba Libre ist Rum, Limettensaft, aufgefüllt mit Cola, mit Eis verrührt. Und wenn man es ganz vornehm ausdrücken wollte, sagte man zu Ecstasy schlicht Designerdroge. Aber da kommen wir schon der Wahrheit sehr nahe: Es ist eine Droge! Um Ihnen die besten Informationen zu geben, habe ich den Drogenexperten Professor Dr. Hans Eberlein gebeten, Ihnen Ecstasy vorzustellen und zu erklären. – Bitte, Herr Professor Eberlein.«
    Reiber trat zur Seite. Aus der ersten Reihe erhob sich ein älterer Herr mit deutlichem Bauchansatz, ging zum Pult, breitete einen Haufen Papiere aus und räusperte sich.
    »Ich beschäftige mich seit fast zwanzig Jahren mit Ecstasy, als es in den USA auftauchte und in Europa noch unbekannt war«, begann er seinen Vortrag. »Auch in den USA hielt man die Pillen für so harmlos wie Coca Cola, zumal sie keine verbotenen Substanzen enthielten und nicht unter das Arzneimittelgesetz fielen. Doch davon später. In den USA konnten die Pillen frei verkauft werden wie alle freien Mittelchen gegen Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Durchfall, Hautjucken oder Insektenstiche. Sie lagen neben den

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