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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein, griff nach der Quittung, zerriß sie in kleine Fetzen und zündete sie in einem großen Aschenbecher aus Onyx an. Die Quittierung war nur ein symbolischer Akt; sie dokumentierte lediglich das Vertrauen. Ohne Vertrauen sind solche Geschäfte sinnlos.
    Ulrike klickte die Kunststofftasche zu, mit der sie das Geld gebracht hatte. Von Gleichems Lob war gleichzeitig ein Tadel, und sie war nicht gewillt, ihn hinzunehmen.
    »Wir sind neu in der Szene«, sagte sie. »Wir bauen ja erst auf!«
    »Und das ist Ihre Aufgabe.«
    »Ich habe bis jetzt 47 Verkäufer. Das ist für diese kurze Zeit eine Menge. Außerdem müssen wir gegen eine Konkurrenz ankämpfen, die schon länger im Geschäft ist. Ich habe drei Leute von ihr abgeworben. Die haben ausgepackt. Hinter ihnen steht eine polnische Organisation, die offiziell als Landwirtschaftliche Im- und Export-Gesellschaft eingetragen ist. Sie liefert verderbliche Waren in plombierten Kühlwagen. So kommen sie ohne große Schwierigkeiten über die Grenze. Die tiefgefrorenen Gänse zum Beispiel sind vollgestopft mit Ecstasy-Pillen. Welcher Zollbeamte schlitzt zur Kontrolle jede Gans auf?«
    »Ich weiß. Wir sind dabei, diese Transporte zu unterbinden.« Von Gleichem griff in eine andere Schublade und baute vor sich eine Reihe bunt bedruckter Papierpyramiden auf. Ein großer schwarz-gelber Schmetterling war darauf abgebildet. »Die polnischen Pillen sind Schnee von vorgestern. Die neue Ecstasy-Generation steht hier vor Ihnen.«
    »Papiertütchen?« Ulrike nahm eine der kleinen Pyramiden in die Hand und drehte sie zwischen den Fingern. »Das ist doch Spielerei.«
    »Im Gegenteil. Das ist die Lücke, die uns straffrei macht. Öko-Ecstasy …«
    »Ein Witz!«
    »Dieses Ecstasy besteht aus reinen Naturprodukten. Ginseng, Gingko Bilboa, Grüner Tee, Guarana, Raw Cola und etwas Koffein. Überall erhältlich – aber auf die Mischung kommt es an. Und das Wichtigste: Dieses Pulver verstößt nicht gegen das Betäubungsmittelgesetz, nicht gegen das Arzneimittelgesetz, nicht gegen das Lebensmittelgesetz. In den USA ist es frei verkäuflich. Die Behörden sind machtlos. Die 100 percent natural vegetarian entziehen sich allen Gesetzen! Und nun der Clou: Zehn Stück kosten im Einkauf 21 Mark, also pro Stück 2,10 Mark. Wir werfen sie auf den Markt mit zunächst 25 Mark.« Von Gleichem lehnte sich zurück und schob die Pyramiden hin und her. »Das wird ein Millionengeschäft, Ulrike. Und – wir haben keine Konkurrenz! Übermorgen erfolgt die erste Lieferung. Die bisherigen Pillen ziehen wir zurück.« Er blinzelte Ulrike zu. »Sie jubeln ja gar nicht. Sie blicken drein wie ein Salzsäuretrinker. Meine Liebe, wir haben keine Polizei mehr zu fürchten. Alles ist legal! Sonst müßte man auch Pfefferminzbonbons verbieten. Und sollte man wirklich Öko-Ecstasy auf die Verbotsliste setzen, dauert das Jahre. Wer will denn Ginseng und Grünen Tee aus dem Verkehr ziehen?«
    »Die Polen werden das nicht einfach hinnehmen, Herr von Gleichem.«
    »Die Polen!« Er winkte verächtlich ab. »Die neuen Lieferanten haben Möglichkeiten, den Markt allein zu beherrschen.«
    »Und wer sind die neuen Lieferanten?« fragte sie.
    Von Gleichem schüttelte den Kopf. »Wissen ist Macht, sagt ein Sprichwort. Zuviel Wissen ist hier fatal. Ulrike, nehmen Sie einfach die Tatsache hin, daß wir in ein neues Ecstasy-Zeitalter kommen. Die Glücksdroge des 21. Jahrhunderts. Sie können sich Ihren schönen Körper mit Gold aufwiegen lassen. Das geht aber nur, wenn Sie – beziehungsweise wir – den Münchner und den Bayerischen Markt allein beherrschen. Mit Ihren 47 Verteilern lacht man uns aus. Wir müssen Bayern mit einem Netz von Leuten überziehen.«
    »Ich bin nur vorsichtig. Ich nehme nicht jeden, der sich anbietet. Es könnten Kontaktleute der Polizei dabei sein.«
    »Unwahrscheinlich. Die Polizei beschäftigt keine jugendlichen Spitzel. Das darf sie gar nicht. Da sind die deutschen Gesetze auf unserer Seite.« Von Gleichem lachte kurz auf. Er fand es amüsant, sich hinter dem deutschen Gesetzesdschungel zu verstecken. »Nehmen wir uns ein Beispiel an der Zigarettenmafia in Berlin. Da gehen Millionen durch die Hände, und wenn man bei Razzien, die eigentlich mehr Show sind, ein paar Zigarettenverkäufer schnappt, meist Vietnamesen, was geschieht dann? Nichts! Wer einen festen Wohnsitz vorweisen kann, und das können alle, weil sie Asylanten sind, muß freigelassen werden. So lautet das Gesetz. Und im übrigen schweigen

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