Die Ecstasy-Affäre
sie. Gelingt es wirklich, einen Händler zum Reden zu bringen, ist das sein Todesurteil. Genickschuß. Ende der Ermittlungen. Soweit können wir auch in München kommen. Wer mit uns arbeitet, verdient gutes Geld, aber er schleppt immer die Angst im Nacken mit sich herum.«
»Sie … Sie würden töten lassen?« Ulrikes Stimme hatte jeden Klang verloren. »Sie könnten wirklich …«
»Ich nicht.« Von Gleichem schob die Papierpyramiden zusammen und baute damit spielerisch einen Kreis. »Das übernimmt die Organisation. Unsere Hände bleiben rein.«
»Wir arbeiten mit Gangstern zusammen?«
»Mit cleveren Geschäftsleuten, höre ich lieber.« Von Gleichem musterte sie mit einem langen forschenden Blick. Ulrikes Feststellungen gefielen ihm nicht. Mit seinem ausgeprägten Gespür für Gefahr ahnte er eine innere Wandlung bei ihr. Darum schoß er eine Frage ab, von der er wußte, daß sie wie ein Treffer war. »Wie verhält sich Ihr Schützling Robert? Oder soll ich sagen, Ihr Liebhaber?«
»Er ist ein guter Mitarbeiter.«
»Das glaube ich.« Von Gleichems Spott war beißend. »Ich dachte weniger an das Bett als an seine Verkaufspraktiken.«
»Er arbeitet sich ein …«
»Bei Ihnen als Lehrmeisterin muß er zum Meisterschüler werden.« Wieder dieser triefende Hohn. Ulrike preßte die Lippen aufeinander. Sie unterdrückte das Verlangen, jetzt aufzuspringen und zu gehen. »Was machen seine Skrupel?«
»Er hat nie welche gehabt, weil er glaubt, er verkaufe harmlose Pillen.«
»So ungeheuer dämlich kann doch niemand sein!«
»Er glaubt, was ich ihm sage.«
»Das Denken mit dem Unterleib!« Von Gleichem nickte. »Aber wenn er mal sein Hirn aktiviert …«
»Robert wohnt seit gestern bei mir. Er hat sein Elternhaus verlassen.«
»Was hat er?« Von Gleichem war nahe daran, entsetzt aufzuspringen. Diese Mitteilung ließ alle seine Vorurteile hervorbrechen. »Er ist bei Ihnen eingezogen?«
»Ja.«
»Und das sagen Sie so daher, als wechselten Sie Ihr Hemd? Begreifen Sie nicht die Gefahr, die Sie sich da ins Haus geholt haben?«
»Wieso ist Robert eine Gefahr, wenn er jetzt bei mir wohnt?«
»Ihr Jüngelchen ist aus einer heilen Welt ausgebrochen, aber mit dem Herzen hängt er noch an Papa und Mama. Er will frei sein, flüchtet in das Bett einer erfahrenen Frau, sucht dort eine neue Welt, die Bestätigung seiner Phantasie, aber im Inneren weint er Mamas Schweinebraten nach. Ulla, Sie können ihm doch kein vollwertiger Ersatz für sein Elternhaus sein. Sie doch nicht!«
»Wir lieben uns!« sagte sie trotzig. »Das ist stärker.«
»Du lieber Himmel, solch einen Unsinn sagt eine Edelnutte!«
Das war der Augenblick, wo Ulrike aufsprang. Mit einer Handbewegung fegte sie die kleinen Papierpyramiden vom Tisch.
»Ich war nie eine Nutte!« schrie sie. »Ich wollte nur nicht verhungern.«
»Sie sehen verdammt aufreizend aus, wenn Sie wütend sind, Ulla.« Von Gleichem lehnte sich in seinem Sessel gemütlich zurück. »Also gut, gut … Sie lieben den Kleinen. Jetzt wohnen Sie auch noch zusammen, und die Zukunft sieht für euch rosig aus. Und was ist mit den fünfzehn Jahren?«
»Welche fünfzehn Jahre?«
»Die Sie älter sind als er! In zehn Jahren ist er achtundzwanzig, Sie aber dreiundvierzig. Dann haben Sie Cellulite, der Busen hängt etwas, an den Augen bilden sich Fältchen, auch die Mundpartie ist nicht mehr so glatt …«
»Die Kosmetik meines Körpers sollten Sie mir überlassen!«
»Ich weiß, daß Sie sich mit allen Salben, Cremes und Ampullen beschmieren werden, um die Jahre zu überlisten. Aber Ihr süßer Junge Robert, durch Ihre Kunst zum Sexualmeister gereift, wird feststellen, daß ein knackiger zwanzigjähriger Hintern sich anders anfühlt als ein etwas schwammig gewordener Matronenarsch.«
»Sie können mich mal!« Ulrike wandte sich zur Tür. Hinter ihr lachte von Gleichem laut auf.
»Das habe ich schon! – Ulla, Sie bleiben!«
»Nein. Gute Nacht!«
Sie griff zur Klinke, aber von Gleichems Stimme hielt sie dennoch fest.
»Ich will Ihnen helfen, begreifen Sie das nicht? Hören Sie doch einmal auf einen Mann, der das Leben von den Höhen bis zu den Tiefen kennt. Haben Sie nie daran gedacht, daß Ihr Liebling einmal abspringen könnte?«
»Nein!« Sie blieb an der Tür stehen, mit dem Rücken zu ihm.
»Weil er Ihr Sklave ist? Auch Sklaven …«
»Ich weiß. Auch das haben Sie mir schon gesagt. Spartacus …«
»Ganz brutal: Reize schleifen sich ab! Auch Ihre, Ulla. Spielen Sie den
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