Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)
überhaupt noch jemand da war.
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Am Ende war der Konrad fast anhänglich geworden. »Darf ich gnä’ Frau bis an die Schwelle ihres trauten Heimes begleiten?« Ok, er hatte einen mittelschweren Schwips und das Talent eines Schmierenkomödianten, der sein dämliches Grinsen für große Schauspielkunst hält. Das Resthaar klebte wie in Zuckerwasser ersäuft auf der Glatze, so mussten Ex-Verteidigungsminister und Ex-Akademiker aussehen, wenn der finale Haarausfall über sie hinwegfegte.
Irmi lehnte dankend ab. Obwohl... Viel rausgelassen hatte der Kerl ja bislang noch nicht. Ob sie die Waffen einer Frau... Der Konrad dürfte nicht an Hormonstau leiden, die hatten doch auch Tussen in ihrer Kommune. Alte Schabracken, aber immerhin. Hm... »Weißt was? Ich nehme das Angebot an und koch uns noch einen schönen Kaffee.« Der Konrad schluckte sicht- und hörbar. Dumm gelaufen.
Wenn Irmi genau zugehört und der Konrad genau erzählt hatte, diente die Kommune Antonio Gramsci als Geldwaschanlage. »Also mal ein Beispiel, Kerstin: Jemand hat dreckige 10000 Euro, die sauber werden sollen. Was macht der? Er kauft bei uns ein Pferd.« Ein Pferd? Der Konrad lachte. »Pferde gibt’s nun mal auf altmodischen Bauernhöfen, ne? Wir haben ne olle Schindmähre, die als Lotte von Weimar registriert ist, edelstes arabisches Vollblut. Und die kriegt Fohlen – also theoretisch.« Aha. Irmi verstand kein Wort, das sah man ihr an. »Na egal, Kerstin. Jedenfalls: Wir verkaufen also eins von diesen virtuellen Fohlen für 10000 Euro, leider stellt sich nach ner Woche heraus: Das Fohlen lahmt! Kulant wie wir sind, nehmen wir das Tier zurück. Für 9000 Euro. 1000 für uns, 9000 saubere Euro für den Geschäftspartner. Luftbuchungen.«
»Und da kommt euch keiner drauf?« Der Konrad grinste. »Nö, noch nicht. Guckt auch niemand so genau. Außerdem sind die Papiere voll in Ordnung, das Fohlen existiert doch. Äh...auf dem Papier.« »Aber das ist doch gegen eure Ideale! Das ist doch nicht geldlos! Das ist – kriminell!« Hätte sie jetzt nicht sa gen sollen, denn jetzt packte der Konrad den kategorisch-moralischen Impera tiv aus. »Ideale verraten? Wo lebst du eigentlich, Kerstin? Das ist sub-ver-siv! Das ist clean terrorism, ne? Warum eine Bombe unters Bankerauto klemmen, wenn man das Schweinesystem auch mit hundsgewöhnlichen Finanztransaktionen in die Luft jagen kann? Die Welt ist noch nicht reif für die Geldlosigkeit – aber bald, haha!«
Da wurde es plötzlich interessant. Leider lenkten die agilen und so properen Zwillinge den Konrad wieder zurück auf die Vaterschiene. »Hübsch, hübsch«, nuschelte er voller Erzeugerstolz. »Die hab ich gut hingekriegt, ne?« Ja. DU. Arschloch.
Gruftisex. Musste das wirklich sein? Der Konrad hatte sich mit dem starken Kaffee auch ein gehöriges Quantum philosophisch-autobiografischer Reflexionen eingepfiffen, die er jetzt in unvollständigen Sätzen wie der hinauspfiff. »Tja, ey, Familie, ne? Wär alles anders geworden, weiß man nicht wozu das gut is jetzt oder wie siehst das? Ich mein: einerseits schon, andererseits Scheiße, ne?« Irmi nickte nur und wartete. Sie musste den weiter zum Sprechen bringen und im Bett sprechen Männer am meisten, wenn auch meistens über sich und ihre erotische Meisterschaft. Aber wie verführte man einen Mann? Alles schon so lange her. Und musste man jemanden wie den Konrad überhaupt verführen? Einen Typen, der sich noch an Gruppensex erinnern konnte, bevor man es Gangbang nannte? Für den Pflichtvögeln zum Tag gehört hatte wie repressionsfreies Müsli? »Ich zieh mich dann mal aus«, sagte Irmi und zog sich dann mal aus. »Jo«, nickte der Konrad und begann ebenfalls, sich auszuziehen. Duschen vorher wäre obligatorisch, sonst würde Irmi das nicht schaffen. Immerhin war ihre Figur noch tipptopp, kaum Fett. Und wenn, dann an den richtigen Stellen. Und so schlecht sah der Konrad ohne Klamotten auch nicht aus. Man sah ihm die körperliche Arbeit an, leider roch man sie auch. »Komm, wir gehen mal unter die Dusche, ok?« »Jo«, sagte der Konrad wieder. »So viel Bürgerlichkeit muss sein, ne?« Und grinste verlegen. »Siehst aber noch lecker aus, Kerstin, also echt jetzt.«
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»Hallo.« Na, wir waren schöne Dilettanten des heimlichen Betretens fremder Anwesen. Katharina hatte uns schon in der Garage erwischt, sie lag auf der Rückbank eines Mazda, wo sie, wie gleich mitgeteilt wurde, nach einem verlorenen Ring fahndete. Wir fragten nicht weiter. Mazda?
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