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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Dozenten hinter dem Katheder tun, bevor sie dem Jungvolk erklären, in welche Richtung sich der Globus dreht. Ich bin eine arme Sau, dachte Irmi, aber da muss ich jetzt durch. »Die Kunst«, schnalzte der Konrad weise und genüsslich, »die Kunst besteht darin, das Schweinesystem mit seinen eigenen Waffen zu besiegen. Wir haben nur unsere Ideale, ansonsten sind wir der Gewalt des Systems und seiner Hintermänner schutzlos ausgeliefert. Also müssen wir mit Köpfchen agieren. Du verstehst?« Er zwinkerte ihr schelmisch zu.

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    »Komm rein.« Manchmal klingelt doch kein Mörder an der Haustür, manchmal ist es nur ein Chauffeur, der seine Mütze sucht. Ich hatte Borsigs Kopfbedeckung tatsächlich aus Hermines Wohnung mitgenommen, ein instinktiver Akt im Nachsuff. »Puh«, machte der kleine Mann und setzte sich. »Fräuleinchen besteht auf vollständige Arbeitskleidung, aber hey, bei uns war heute der Teufel los.« Er begann zu erzählen.
    »In Brugginks Villa geht es zu wie an der Frankfurter Börse, wenn der Dax crasht«, berichtete Borsig. »Typen mit irren Blicken schlagen sich das Wasser überm Klobecken ab – hab ich selber erlebt, geschniegelte Office-Tussen stehen knietief im Stress-Orgasmus, die Computer laufen so heiß, dass Johann schon zusätzliche Klimaanlagen installieren lassen musste. Hast zufällig was zu futtern da? Die Versorgung der Angestellten ist natürlich auch längst zusammengebrochen.«
    Ich seufzte und stellte etwas von dem auf dem Heimweg gekauften Aufschnitt zur Verfügung, den Borsig ohne Brot und in erschreckender Geschwindigkeit verputzte. »Laut Katy – tolles Mädchen, nebenbei – geht das öfters so zu, aber diesmal noch nen Zacken hektischer. Hast paar Pullen Bier zum Nach spülen?« Ich hatte. Und dachte nach. Passte doch alles. Brugginks Villa war die Steuerzentrale der isländischen Ereignisse, der Chef hockte höchstpersön lich vor Ort und koordinierte dort die Maßnahmen. Aber welche genau? Mit wem zusammen? Zu welchem Zweck?
    »Kannst du mich da einschleusen?«, fragte ich Borsig. »Na ja«, zögerte der, »schon, aber wenn sie uns erwischen, kann uns die anstehende Rentendiskussion egal sein. Und der Atomausstieg 2022 auch. Erleben wir dann nämlich nicht mehr.« Schon klar. Trotzdem. Ich machte mich fertig, während Borsig in meinem Kühlschrank für letzte Ordnung sorgte. Schnell noch Hermine und Oxana anrufen, Aufgabenverteilung.
    Für die Kasachin hatte ich einen weiteren Ausflug nach Großmuschelbach vorgesehen, wo sie den verlogenen Krause mit weiblicher List in die Zange nehmen sollte. »Mach ich«, sagte sie. Ich gab ihr die Telefonnummer von Nancy Halgrimsdottir, die einem Abenteuer gewiss nicht abgeneigt war und durch ihre bloße Erscheinung prädestiniert, einen störrischen Krause entscheidend zu lockern. »Interessant«, kommentierte Oxana, als ich ihr von meiner Begegnung mit Nancy erzählte. »Und wenn die ser Krause nicht daheim ist, hab ich wenigstens jemand Neues kennengelernt.«
    Hermine bat ich, sich mit Lydia Gebhardt zu beschäftigen, keine Ahnung wie. Die Dame war wohl gar nicht am Ort, sondern längst nach St. Malo unterwegs, um die sterblichen Überreste ihres kaum beweinten Gatten zu überführen. »Ob ich mir diesen Honig vorknöpfen soll?« Ich riet ab, was ein Fehler war, denn wenn man einer Frau abrät, rät man ihr automatisch zu. »Und du pass auf«, mahnte Hermine, »ich hab keine Lust, einen neuen Liebhaber auf internationales Niveau zu bringen.« Ich versprach es hoch und heilig, allerdings ohne große Überzeugungskraft.
    Es war sehr angenehm, sich wie ein hoher Herr in einer Luxuskarosse durch die dunklen Straßen chauffieren zu lassen. Ich hatte sofort das Verlangen nach einer dicken kubanischen Zigarre, teuerstem Champagner und einer lustigen Gespielin, die mir das Gesöff kredenzte und dabei albern kicherte. Dekadenz pur also. Borsig, wieder im Vollbesitz seiner Montur, pfiff ein fröhliches Lied, doch als wir endlich das Tor der Brugginkschen Villa erreicht hatten, war er still geworden. Auch mir war die Lust auf Zigarren, Champagner und alberne Mädchen vergangen. Das Tor öffnete sich, wir fuhren den Weg hoch, dann bog Borsig ab und wir sahen die Garagen vor uns. Die Villa lag fast vollständig im Dunkeln, nur im Parterre verriet ein mattgelbes Viereck die Anwesenheit von Menschen. Oder irgendjemand hatte schlicht vergessen, das Licht auszuma chen. »Hm, tauch mal unter«, empfahl Borsig, »muss dich keiner sehen.« Ja, wenn

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