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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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der Insel. Wie bitte? Mareike lachte. „Deshalb machen wir das doch, Schätzchen. So wie man anderswo durch Hexentänze den Winter verjagt, so schicken wir hier durch unseren Tanz die Wirklichkeit zum Teufel. Für ein paar Stunden regiert auf Jersey die Illusion.“
    Sie könne nicht tanzen, sagte Vika. „Ach was“, ließ die andere den Einwand nicht gelten, „du bewegst deine Arme, lässt die Hüften kreisen und schaust verzückt in die Luft. Kommst morgen zu mir, ich geb dir ein schickes Kostüm.“ Diese Aussicht gefiel Vika und sie nickte.
    Die Company schien harmlos zu sein. Keine Ahnung, welche Verbindung es zu Schnüffels Frau gab, eine ebenso harmlose, war zu vermuten. Geführt wurde die Company von einer Engländerin namens Estelle Winterbloom, „esoterische Tusse“, schimpfte Mareike, „hat schon in Stonehenge ihre Beschwörungstänze aufgeführt und glaubt an die Magie des Pankeltentums.“ Und wer finanzierte das alles? „Die Inselregierung. Ist doch Kultur, Schätzchen, gut für den Tourismus. Außerdem treten wir auch im Ausland auf, nächsten Monat sogar in Island, stell dir das mal vor!“
    Island? Sei aber nach Lage der aktuellen Dinge kaum möglich, wandte Vika ein. „Ach so, du meinst... Nee, wir kommen schon durch. Charles sagt es jedenfalls. Das ist unser Tourmanager. Taffer Typ und schwul wie ich und du.“ Das hörte Vika gerne. Dieser Charles... „Ja, Charles le Pernac, alte Familie von hier, gehört gewissermaßen zur Inselprominenz. Die sind groß im Fischereigeschäft und dosen ihren Fang auch selbst ein. Wir erreichen Island in einem Fischkutter, die Passage gehört schon zur Performance und wird live im Internet übertragen.“ Bingo. Charles le Pernac. Ein Verwandter der Schnüffel. Der Mann mit dem Auto.
    Später durch die Stadt flanieren. Le Pernac. Immer dieser Name. Island, Elfen, Trolle, tanzen. Ein Fischkutter, der die Isolation durchbrechen konnte. Dieser Schnüffel, die Verbindung zu Georg Weber, dem Verschwundenen. Sie landete in einem kleinen Restaurant, aß zu Abend, wollte bei Oxana anrufen, bekam keine Verbindung. Auch so etwas Merkwürdiges. Alles brach zusammen.
    Am nächsten Tag besuchte Vika die Tänzerin in ihrem kleinen Apartment, das aussah wie der Kostümfundus eines von Messis geleiteten Kleinstadttheaters. „Guck nicht hin“, riet die Hausherrin, „ich bin künstlerisch tätig, Ordnung ist mir ein Gräuel, jedenfalls privat. Setz dich.“ Leichter gesagt als getan.
    „Zieh dich aus“, sagte Mareike und begann sich selbst auszuziehen. Ballerinenkörper. „Läuferinnenkörper“, begutachtete Mareike, „grazil und doch muskulös, kein Gramm Fett zuviel, an den richtigen Stellen weich.“ Sie bestätigte ihr Urteil durch haptische Prüfung. „Und was soll ich anziehen?“, wollte Vika wissen. „Vorerst gar nichts, Schätzchen.“
     
     
    280
    Der Satellit NSJI (not spy – just Information) eierte um die Erde. Er konnte auf einer bierdeckelgroßen Fläche zwei Zwergameisen beim Poppen zusehen, was er allerdings, aus purer Langeweile, nur tat, wenn Nordkorea gerade keine Atombombe zündete, im Iran niemand gesteinigt wurde oder Angela Merkel bei einem Joint entspannte. Die meiste Zeit jedoch fristete er das öde und inhaltslose Leben eines Rentners, der hinter der Gardine auf Parksünder lauert, nur dass er wesentlich bessere Augen hatte. Die brauchte er heute auch, denn ganz Island tanzte.
    „Was zum Teufel geht da ab?“ Major Krieger-Sullivan, der Wachhabende im NATO-Hauptquartier zerbiss den letzten intakten Rest seines Havanna-Stumpens. Er rauchte nicht, er kaute lieber, außerdem war hier Rauchen verboten, aus gesundheitlichen Gründen, man befand sich schließlich im Kriegszustand. „Sie tanzen“, sagte der Techniker, ein blasser Typ namens Rodriguez-Martinez und wippte mit dem linken Fuß. Island war eine nervige Insel. Sie erinnerten sich an die ewigen Vulkanausbrüche, wenn Berge mit unaussprechlichen Namen Asche spuckten. NSJI entdeckte so etwas immer als erster, als hätte er nichts Besseres zu tun. Jetzt also schoben sich geschätzte 100.000 Menschen durch Reykjavik, bewegten sich im Rhythmus einer unhörbaren Melodie (hören konnte NSJI nämlich nicht), sprangen zugleich hoch, kamen zugleich auf dem Boden auf, der Globus vibrierte, zitterte, das jedenfalls meldeten die Sensoren auf dem Meeresboden rund um Island.
    Krieger-Sullivan spuckte den Stumpen aus. Griff zum Telefon und wählte eine Nummer, atmete durch. Ernstfall. Höchste

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