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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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geht.
    Ich stoße einen kleinen Freudenschrei aus.
    Â»Fühlt sich gut an, was?«
    Â»Meinst du, ich schaffe auch eine Minute weniger?«
    Â»Versuch’s nicht mit Gewalt.«
    Ein paar Minuten gehen wir schweigend nebeneinander her.
    Â»Und wie läuft’s bei Tipi?«
    Â»Alice, ich könnte nicht glücklicher sein. Und stell dir mal vor, sie haben mir eine volle Stelle angeboten! In zwei Wochen fange ich an.«
    Â»Caroline! Das ist ja toll!«
    Â»Alles fügt sich. Und da muss ich mich bei dir bedanken, Alice. Ich weiß nicht, was ich ohne deine Unterstützung und Ermutigung getan hätte. Dass ich bei dir und William wohnen konnte. Und Peter und Zoe. Ehrlich, die beiden sind unglaublich! Mit deiner Familie zusammen zu sein, hat mir so gutgetan.«
    Â»Tja, Caroline, für uns war es ganz ehrlich auch eine Freude und Bereicherung. Du bist eine wunderbare junge Frau.«
    Zu Hause angekommen, schnappe ich mir den Wäschekorb mit sauberen Sachen, der seit Tagen mitten im Wohnzimmer herumsteht, und trage ihn nach oben in Peters Zimmer. Ich stelle den Korb auf dem Boden ab, wohl wissend, dass er dort wochenlang verweilen wird. Peter hat um eine spätere Sperrstunde ersucht. Meine Antwort darauf lautete, der Tag, an dem er seine Klamotten selbst aufräumt und duscht, ohne dass ich ihn dazu auffordern muss, sei der Tag, an dem ich über eine spätere Schlafenszeit nachdenken würde.
    Â»Du hast so viel Energie, Alice. Vielleicht sollte ich mit dem Laufen anfangen«, meint Bunny, die ihren Kopf durch die Tür steckt.
    Â»Alles deiner Tochter zu verdanken«, sage ich. Ȇbrigens, meine Glückwünsche an die Mutter einer gerade gewinnbringend eingestellten Tochter. Es gibt unglaubliche Neuigkeiten über Tipi.«
    Bunny kneift die Augen zusammen. »Was denn für Neuigkeiten?«
    Â»Dass man ihr eine volle Stelle angeboten hat?«
    Â»Was? Ich habe ihr gerade ein Vorstellungsgespräch bei Facebook beschafft. Indem ich ein paar gute Beziehungen ins Spiel gebracht habe. Hat sie den Job bei Tipi angenommen?«
    Â»Na ja, ich glaube schon. Sie wirkte wahnsinnig glücklich.« Bunny läuft knallrot an. »Was ist denn los? Hat sie dir nichts davon gesagt? Oh Gott, sollte das etwa eine Überraschung sein? Davon hat sie nichts gesagt. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie es dir schon erzählt hat.«
    Bunny schüttelt vehement den Kopf. »Dieses Mädchen hat einen hervorragenden Abschluss in Informatik von der Tufts University. Und das alles haut sie in die Tonne für irgend so einen gemeinnützigen Verein!«
    Â»Bunny, Tipi ist nicht irgendein gemeinnütziger Verein. Weißt du überhaupt, was die machen? Es geht um Mikrokredite. Meines Wissens haben sie im letzten Jahr etwa zweihundert Millionen Dollar an Krediten vergeben …«
    Bunny fällt mir ins Wort. »Ja ja, das weiß ich, aber wie wird sie ihren Lebensunterhalt bestreiten? Bei Tipi wird sie kaum das Existenzminimum verdienen. Du verstehst das nicht, Alice. Deine Kinder haben noch nicht mal angefangen, übers College nachzudenken. Aber ich gebe dir einen Rat. Die Zeiten der Geisteswissenschaften sind vorbei. Niemand kann sich mehr einen Abschluss in Englisch leisten. Und ich fang erst gar nicht an, über Kunstgeschichte oder Theaterwissenschaften zu reden. Die Zukunft, das sind Mathematik, die Naturwissenschaften und technische Berufe.«
    Â»Aber wenn deine Kinder nun mal schlecht sind in Mathematik, Naturwissenschaften oder den technischen Fächern?«
    Â»Pech gehabt. Zwing sie, egal wie, in diesen Fächern ihren Abschluss zu machen.«
    Â»Bunny, das kann nicht dein Ernst sein! Ausgerechnet du, die ihr ganzes Leben mit Kunst Geld verdient hat!«
    Â»Verdammt noch mal, ihr beiden!«, ruft Caroline, als sie ins Zimmer stapft. »Ja, Mom, es stimmt. Ich habe den Job bei Tipi angenommen. Und ja, es stimmt ebenfalls, dass ich im Grunde genommen nur einen Mindestlohn bekomme. Na und? So geht es der Hälfte der Bevölkerung dieses Landes. Nein, eigentlich ist es so, dass die Hälfte des Landes froh wäre, einen Job mit einem solchen Einkommen zu haben. Oder einfach nur einen Job. Ich habe Glück.«
    Bunny taumelt rückwärts und setzt sich aufs Bett.
    Â»Bunny?«, frage ich.
    Sie starrt mit leerem Blick die Wand an.
    Â»Du siehst nicht gut aus. Soll ich dir ein Glas Wasser holen?«
    Â»Du lebst in einer

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