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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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Facebook-Eintrag.
    Â»Unwahrscheinlich. Wenn du dranbleibst, passiert das nicht. Irgendwann stehst du.«
    Es sind nur noch drei Leute vor uns. Ich brauche dringend etwas zu trinken. Warum dauert das so lange? Ich kriege mit, wie die Frau vor mir sich beim Barkeeper beschwert, weil er kein Grey-Goose-Bier mehr hat, und ich erstarre. Diese Stimme kommt mir bekannt vor. Als ich höre, wie die Frau fragt, ob es Grünen Veltliner gebe, und der Barkeeper vorschlägt, sie möge sich doch für den Haus-Chardonnay entscheiden, stöhne ich auf. Es ist Mrs Norman, die Drogen-Mami.
    Ich habe das plötzliche Bedürfnis, mich blitzschnell hinter einer Säule zu verstecken, aber dann frage ich mich, warum ich mich eigentlich verstecken sollte? Ich habe nichts Falsches getan. Mach dich gerade, Alice. Ich höre die Stimme meines Vaters in meinem Kopf. Meine schlechte Haltung ist besonders ausgeprägt, wenn ich nervös bin.
    Â»Wein aus Sutter Creek, hast du so was schon mal gehört?«, sagt Mrs Norman, als sie sich umdreht und mich erblickt.
    Ich lächle sie schief an und nicke dazu, das Ganze mit durchgedrückten Schultern.
    Â»Ach, hallo«, sagt sie zuckersüß. »Liebling, sieh nur, das ist die Schauspiellehrerin. Aus Carisas Schule.«
    Mr Norman ist ungefähr einen Kopf kleiner als Mrs Norman.
    Er reicht mir seine Hand. »Chet Norman«, sagt er nervös.
    Â»Alice Buckle.« Ich stelle ihnen in Windeseile Bunny, Jack und William vor und tanze anschließend aus der Reihe, um mit ihnen zu reden.
    Â»Leider habe ich ja Schweinchen Wilbur und seine Freunde verpasst. Wie ich hörte, war die Aufführung eine tolle Sache«, sagt Mr Norman.
    Â»Hm, das war wohl so.« Ich versuche, nicht zusammenzuzucken. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich bei dieser Aufführung alles falsch eingeschätzt habe.
    Â»So«, sagt Mrs Norman, »gehen Sie öfter ins Theater?«
    Â»Oh ja. Andauernd. Es ist ja schließlich Teil meiner Arbeit, oder? Mir Stücke anzusehen.«
    Â»Wie schön für Sie«, sagt Mrs Norman.
    Die Lichter gehen aus und wieder an.
    Â»Tja.«
    Â»Carisa hat Sie einfach so gerne«, sagt Mr Norman, und fast versagt ihm seine Stimme.
    Â»Wirklich?« Ich weiche dem Blick von Mrs Norman nicht aus.
    Wieder gehen die Lichter aus und an, diesmal ein bisschen schneller.
    Â»Es tut mir leid«, sagt er und streckt mir wieder seine Hand entgegen. »Es tut mir wirklich sehr leid.«
    Â»Chet«, ermahnt ihn Mrs Norman.
    Â»Wir haben Sie aufgehalten«, sagt er.
    Â»Ach herrje, ich fürchte, Sie müssen Ihren Wein jetzt in einem Zug austrinken«, sagt Mrs Norman, als William mit einem Glas für mich in der Hand auf uns zukommt.
    Ich betrachte sie in ihrer ganzen selbstgefälligen Pracht und muss mich maßlos beherrschen, nicht an einem imaginären Joint zwischen meinem Daumen und Zeigefinger zu ziehen und so zu tun, als qualmte ich genüsslich vor mich hin.
    Â»Carisa ist ein wunderbares Mädchen«, sage ich zu Mr Norman. »Ich habe sie auch sehr gerne.«
    Â»Das Stück ist totaler Mist, Chet«, sagt Mrs Norman und betrachtet ihr Glas. »Genau wie dieser Wein. Los, wir lassen die zweite Hälfte ausfallen.«
    Â»Aber das wäre sehr unhöflich, Liebes«, flüstert Mr Norman. »Man spaziert nicht einfach in der Pause aus dem Theater, oder?«, fragt er mich. »Tut man das?«
    Na so was, ich mag Chet Norman. William gesellt sich zu uns und überreicht mir mein Weinglas.
    Â»Meines Wissens gibt es da keine allgemeingültigen Regeln«, sage ich.
    Â»Verbringen Sie einen angenehmen Sommer, Mrs Buckle?«, fragt Mrs Norman.
    Â»Herrlich, danke.«
    Â»Das ist schön«, sagt Mrs Norman.
    Dann dreht sie sich abrupt weg und geht in Richtung Ausgang.
    Â»War nett, Sie kennenzulernen«, ruft Mr Norman uns zu, als er hinter ihr hertrottet.
    Die zweite Hälfte des Stückes ist sogar noch schlechter als die erste, aber ich bin froh, dass wir eisern durchgehalten haben. Für mich ist es eine Desensibilisierungstherapie – in der man einem Patienten schrittweise etwas von der Substanz spritzt, auf die er allergisch ist, in meinem Fall: öffentliches Scheitern, damit diese Person lernt, die Substanz zu tolerieren, ohne dass der Körper überreagiert. Ich leide mit der Autorin mit. Ich bin sicher, sie sitzt hier irgendwo, vielleicht auf der Seitenbühne oder

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