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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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Abschluss nahm ich einen Job in der Werbung an, damit ich nachts Zeit fürs Schreiben hatte. Mit neunundzwanzig hatte ich endlich meinen großen Durchbruch – und fiel durch. Wenn Bunny sagt, das Stück habe mir den Wind aus den Segeln genommen, ist das noch untertrieben. Die Kritiken waren so schlecht, dass ich nie wieder eine Zeile geschrieben habe.
    Es gab eine gute Besprechung des Portland Press Herald . Einzelne Passagen kann ich immer noch auswendig aufsagen: »großherzige Gefühle«, »eine provozierende, nachdenklich stimmende Geschichte vom Erwachsenwerden, die heftige Gefühle auslöst, so als hätte man sich gerade einen Schuss zu Springsteens Song Jungleland gesetzt«. Aber ich kann auch Passagen aus all den anderen Rezensionen aufsagen, die durchweg negativ waren: »kläglich gescheitert«, »klischeebeladen und gekünstelt«, »amateurhaft« und: »Der dritte Akt? Holt uns hier raus!«. Das Stück wurde nach zwei Wochen abgesetzt.
    Bunny hat sich bemüht, all die Jahre lang mit mir Kontakt zu halten, aber ich habe ihre Anstrengungen nicht wirklich erwidert. Ich habe mich zu sehr geschämt. Ich hatte Bunny und ihre Truppe blamiert und dazu noch meine einzige große Chance zunichtegemacht.
    Bunnys Anruf muss mehr sein als nur eine glückliche Fügung. Ich möchte mich ihr verbunden fühlen; ich möchte, dass sie wieder Teil meines Lebens ist.
    Ich greife zum Telefon und wähle nervös ihre Nummer. Es klingelt zweimal.
    Â»Hallo?«
    Â»Bunny? Bunny, bist du das?«
    Es folgt eine Pause, und dann …
    Â»Oh, Alice, Liebes . Ich hatte gehofft, dass du dich meldest.«

Kapitel 17
    Ich habe ein paar Tage gebraucht, um meinen ganzen Mut zusammenzunehmen und mir das KKM -Video anzuschauen. Als ich vor meinem Laptop sitze, mit erhobenem Finger, um auf den Pfeil für »Wiedergabe« zu tippen, wird mir klar, dass ich eine Grenze überschreite. Mein Herz wummert auf dieselbe Art wie bei meinem Anruf bei Kelly, der, wenn ich es recht überlege, der eigentliche Augenblick war, an dem ich die Grenze überschritten habe – als ich anfing, mich wie Williams Mutter aufzuführen statt wie seine Frau. Würde mein Herz das Senden einer Nachricht in Morsezeichen beherrschen, dann lautete sie folgendermaßen: Alice, du spionierende Wichtigtuerin, lösche diese Datei, und zwar sofort! Aber ich kann keine Morsezeichen dechiffrieren, deshalb schiebe ich diese Gedanken beiseite und klicke auf Play.
    Die Kamera schwenkt über einen Tisch, an dem zwei Männer und zwei Frauen sitzen.
    Â»Eine Sekunde noch«, sagt Kelly Cho. Der Tisch wird erst unscharf, dann rückt er wieder richtig ins Bild. »Kann losgehen.«
    Â»Cialis«, sagt William. »Elliot Richter, sechsundfünfzig; Avi Schine, vierundzwanzig; Melinda Carver, dreiundzwanzig; Sonja Popovich, siebenundvierzig. Herzlichen Dank für Ihr Erscheinen. Sie alle haben den Werbespot vorab in einem Screening gesehen, stimmt’s? Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?«
    Â»Also, ich kapier’s nicht. Warum sitzen die in getrennten Badewannen, wenn der Kerl eine Vier-Stunden-Erektion hat?«, fragt Avi.
    Â»Er hat keine Vier-Stunden-Erektion. Hätte er eine Vier-Stunden-Erektion, läge er in einem Krankenwagen und wäre auf dem Weg in eine Klinik. Die Warnhinweise müssen in dem Werbespot deutlich genannt werden«, sagt William.
    Melinda und Avi tauschen lüsterne Blicke aus. Unter dem Tisch sucht ihre Hand seinen Oberschenkel, dann drückt sie ihn.
    Â»Sind Sie ein Paar?«, fragt William. »Sind die ein Paar?«, flüstert er.
    Â»Sie haben nicht gesagt, dass sie ein Paar sind«, sagt Kelly.
    William muss einen Knopf im Ohr haben, und Kelly kann offensichtlich vom Raum nebenan durch einen venezianischen Spiegel alles beobachten und zuhören.
    Â»Tja, also, wie kamen die Badewannen auf den Berg?«, fragt Avi. »Und wer hat sie da raufgetragen? Das ist es, was mich interessiert.«
    Â»Man nennt das willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit . Mir gefallen die Badewannen«, sagt Elliot. »Meiner Frau auch.«
    Â»Können Sie mir erklären, warum, Elliot?«, fragt William.
    Â»Manche der anderen Werbespots sind so primitiv«, sagt Elliot.
    Â»Er ist besser als der mit dem Mann und dem Fußball. Oder der mit dem Zug. Ich bitte Sie. Das ist eine Beleidigung. Eine Vagina ist doch keine Reifenschaukel.

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