Die Eheprobe
Gibtâs das Wort überhaupt? Vielleicht haben sie ja bei allen die Titel geändert. Vielleicht bedeutete Ideeator so viel wie Kreativdirektor .«
Er schnappt sich die Fernbedienung und schaltet den Fernseher ein. »Nein, es bedeutet so viel wie Arschloch, das den Kreativdirektor mit Ideen füttert .«
»William, mach den Fernseher aus. Bist du dir sicher? Und warum regst du dich dann nicht stärker auf? Vielleicht irrst du dich ja.«
William schaltet den Ton auf stumm. »Der neue Kreativdirektor war bis gestern mein Ideeator. Ja, ich bin mir sicher. Und was soll es bringen, sich aufzuregen?«
»Dass du etwas daran änderst!«
»Da gibt es nichts zu ändern. Die Sache ist beschlossen, basta. Haben wir Scotch hier? Den guten. Single Malt?« William hat vollkommen dichtgemacht, sein Blick ist leer.
»Ich fasse es nicht! Wie konnten sie dir das nach all den Jahren antun?«
»Der Pflaster-Kunde. Interessenskonflikt. Ich glaube an frische Luft, antibiotische Salbe und Schorf und nicht daran, Wehwehchen luftdicht zu verschlieÃen.«
»Das hast du ihnen gesagt?«
Er verdreht die Augen. »Ja, Alice, genau das habe ich ihnen gesagt. Es gibt eine Gehaltskürzung.« William schenkt mir ein grimmiges Lächeln. »Eine ziemlich drastische Gehaltskürzung.«
Ich gerate in Panik, versuche aber, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren. Ich muss ihn über Wasser halten.
»So etwas passiert jedem mal, Liebling«, sage ich.
»Haben wir Portwein da?«
»Jedem, der in unserem Alter ist.«
»Das ist wahnsinnig tröstlich, Alice. Grey Goose? Oder einen anderen Wodka?«
»Wie alt ist der neue Kreativdirektor?«
»Keine Ahnung. Neunundzwanzig? DreiÃig?«
Ich schnappe nach Luft. »Hat er irgendwas zu dir gesagt?«
» Sie . Es ist Kelly Cho. Sie sagte, sie freut sich wirklich darauf, mit mir zusammenzuarbeiten.«
» Kelly ?«
»Krieg dich wieder ein. Sie ist sehr gut. Brillant, um genau zu sein. Haschisch? Gras? Kiffen die Kinder noch nicht? Mann, das sind echte Spätzünder.«
»Du liebe Güte, William, es tut mir so leid«, sage ich. »Das ist unglaublich ungerecht.« Ich wende mich ihm zu, um ihn in den Arm zu nehmen.
Er hält abwehrend die Hände in die Luft. »Bitte nicht«, sagt er. »Lass mich einfach allein. Ich möchte jetzt nicht angefasst werden.«
Ich rutsche auf der Couch von ihm weg und versuche, es nicht persönlich zu nehmen. Typisch William. Wenn er verletzt ist, wird er noch unnahbarer; er verwandelt sich dann selbst in die sprichwörtliche Insel. Ich bin das genaue Gegenteil. Wenn ich leide, will ich alle, die ich liebe, auf meine Insel mitnehmen, mit ihnen gemeinsam am Lagerfeuer sitzen, mich mit Kokosmilch betrinken und einen bombastischen Plan aushecken.
»Meine Güte, Alice, schau mich nicht so an. Du kannst jetzt nicht erwarten, dass ich mich um dich kümmere. Lass mich einfach meine Gefühle ausleben.«
»Niemand verlangt, dass du deine Gefühle nicht auslebst.« Ich stehe auf. »WeiÃt du, ich habe dich in der Einfahrt gehört. Wie du das Motorrad angelassen hast. Ich dachte, wir werden ausgeraubt.«
Ich nehme den anklagenden Ton in meiner Stimme sehr wohl wahr und hasse mich dafür. So ist es immer. Williams Unnahbarkeit weckt ein verzweifeltes Bedürfnis nach Nähe in mir, woraufhin ich verzweifelte Dinge sage, was ihn noch unnahbarer werden lässt.
»Ich gehe ins Bett.« Ich versuche, nicht so verwundet zu klingen.
Erleichterung breitet sich auf Williams Gesicht aus. »Ich bleibe noch eine Weile auf.« Dann schlieÃt er die Augen und blendet mich aus.
Kapitel 14
Ich bin nicht stolz auf das, was ich als Nächstes vorhabe, aber betrachten wir es mal als den Akt einer leicht zwangsneurotischen Frau, deren Haushaltsplanung zu weit in die Zukunft reicht und die entdeckt, dass wir innerhalb eines Jahres (durch Williams Gehaltskürzung und bei dem Wenigen, was mein Job einbringt) unsere Ersparnisse und die Rücklagen für die College-Ausbildung der Kinder anzapfen werden. Innerhalb von zwei Jahren werden unsere Altersvorsorge und die Chancen unserer Kinder auf ein Studium gleich null sein. Wir werden nach Boston ziehen und bei meinem Vater leben müssen.
Ich sehe keine andere Alternative, als Kelly anzurufen und sie anzuflehen, William möge seinen Posten zurückbekommen.
»Kelly, hallo,
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