Die Eheprobe
dir auch den Rest angucken. Du hast ja auch die unerwartete Wendung noch nicht gesehen. Die macht alles wett.«
Eine Viertelstunde später, nachdem die unerwartete Wendung aufgedeckt worden ist (begleitet von begeistertem Händeklatschen meinerseits und Ausrufen wie: »Ist das nicht unglaublich, hast du das verstanden? Du hast es nicht verstanden ⦠Ich erklärâs dir: Ich sehe die Toten ?Bruce Willis ist der wahre Tote, und das schon die ganze Zeit!«), sagt Peter: »Ich kann nicht glauben, dass du mich gezwungen hast, diesen Film anzusehen. Ich sollte dich anschwärzen.«
»An wen?«
» Bei wem. Bei Dad.«
Dies hier ist eine denkbar schlechte Ausgangslage für meinen Mutter-Sohn-Kurzgeschichten-Club.
»Ich werde auf der Couch schlafen«, sagte William am Abend. »Ich bin vielleicht ansteckend. Ich will es dir nicht weiterreichen.«
»Das ist sehr rücksichtsvoll von dir«, sage ich.
William hustet. Hustet noch mal. »Könnte eine Erkältung sein, könnte aber auch was Schlimmeres sein.«
»Vorsicht ist da sicher angebracht«, sage ich.
»Welches davon liest du gerade?«, fragt er und deutet auf einen Bücherstapel auf meinem Nachttisch.
»Alle.«
»Gleichzeitig?«
Ich nicke. »Die sind mein Valium. Ich kann es mir nicht leisten, zum Nachtesser zu werden.«
Ich lese eine Seite und schlafe ein. Ein paar Stunden später wache ich auf, weil Peter an meiner Schulter rüttelt.
»Kann ich in deinem Bett schlafen? Ich hab Angst«, schnieft er.
Ich knipse das Licht an. » Ich sehe lebendige Menschen «, flüstere ich.
»Das ist überhaupt nicht komisch.« Er ist den Tränen nahe.
»Ach Liebling, entschuldige bitte.« Ich schlage die Decke auf Williams Bettseite zurück und bin dabei überraschenderweise traurig über seine Abwesenheit. »Rein mit dir.«
Kapitel 45
John Yossarian
hat sein Profilbild aktualisiert
John Yossarian
hat seinen Beziehungsstatus hinzugefügt: Es ist kompliziert
John Yossarian
hat unter Favoriten Drinks Piña Colada hinzugefügt.
Sie sind immer noch wenig konkret, Forscher 101.
Ich dachte, Sie wären zufrieden. Ich vervollständige mein Profil.
Es ist kompliziert trifft auf jede Beziehung zu.
Facebook schlägt einem eine begrenzte Auswahl an Antworten vor. Ich musste eine davon nehmen, Ehefrau 22.
Was würden Sie sagen, wenn Sie Ihren Beziehungsstatus selbst beschreiben dürften? Ich möchte Ihnen nahelegen, die Frage rasch zu beantworten, ohne zu viel darüber nachzudenken. Wir haben festgestellt, dass auf diese Art und Weise die ehrlichsten Antworten zustande kommen.
Verheiratet, am Zweifeln, hoffnungsvoll.
Wusste ichâs doch, dass Sie verheiratet sind! Und ich glaube gerne, dass diese ganzen Adjektive in die Kategorie Es ist kompliziert fallen.
Was würden Sie sagen, wenn Sie Ihren Beziehungsstatus selbst beschreiben dürften?
Verheiratet. Am Zweifeln.
Nicht hoffnungsvoll?
Na ja, das ist das Komische daran. Natürlich hoffe ich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Hoffnung sich auf meinen Ehemann bezieht. Momentan zumindest.
Auf wen oder was bezieht sie sich dann?
Keine Ahnung. Es ist mehr so eine frei dahinschwebende Hoffnung.
Ah ja â eine frei dahinschwebende Hoffnung.
Sie wollen mich jetzt nicht darüber belehren, meine Hoffnung wieder auf meinen Mann zu kanalisieren?
Hoffnung kann man nicht auf jemanden kanalisieren. Sie dockt an, wo sie eben andockt.
Wie wahr. Aber es ist doch nett, dass Sie sich noch Hoffnungen für Ihre Ehe machen.
Das habe ich so nicht gesagt.
Was haben Sie denn gesagt?
Da bin ich mir nicht ganz sicher.
Wie haben Sie es denn gemeint?
Ich wollte sagen, dass ich darauf hoffe, noch Hoffnung zu haben. Irgendwann in der Zukunft.
Also haben Sie jetzt keine?
Das Ganze ist ein wenig unkonkret.
Verstehe. So wenig konkret wie Ihr Profilbild?
Ich hoffe, wir werden noch öfter die Gelegenheit für solche Gespräche haben.
Ich dachte, Sie chatten nicht gerne.
Mit Ihnen schon. Und ich gewöhne mich daran. Meine Gedanken formen sich schneller, aber das hat seinen Preis.
Und der wäre?
Mit dem Tempo steigt der Enthemmungsfaktor, wie etwa im ersten Satz des vorangegangenen Kommentars.
Und das macht Ihnen Angst.
Nun ja: Ja.
Mit dem Tempo steigt auch der Wahrheitsfaktor.
Einer gewissen Art von Wahrheit.
Sie haben das Bedürfnis, immer ganz präzise zu sein, nicht
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