Die Ehre der Königin
aber man hatte ihn während der Umrüstung der Fearless im Rahmen der routinegemäßen Personalrotation versetzt, und unter der Annahme, daß sie ohnehin keine Zeit fürs Sparring haben würde, hatte Honor es unterlassen, nach einem Ersatz zu suchen.
Sie machte ein finsteres Gesicht und massierte sich Shampoo in die kurzen, lockigen Haare. Sergeant-Major Babcock, dienstältester Feldwebel im Marineinfanteriekontingent der Fearless , wäre vielleicht eine gute Wahl. Vielleicht auch eine zu gute. Lang, lang war es her, daß sich Honor in der Akademiemannschaft für waffenlosen Kampf eingesetzt hatte, und nach Iris Babcocks Uniformjacke zu urteilen, konnte sie Honor wahrscheinlich verknoten, ohne auch nur einen einzigen Schweißtropfen zu vergießen. Und dieses peinliche Schicksal, überlegte Honor, während sie sich fertig abduschte und die Dusche abstellte, würde sie dazu anspornen, ihre alte Form so schnell wie möglich wiederzuerlangen.
Tropfend ging sie in den Umkleideraum zurück und griff nach einem frischen Handtuch. Nimitz rollte sich auf einer Bank zusammen und wartete geduldig, während sie sich abtrocknete, wieder in die Uniform stieg und sich das weiße Barett der Sternenschiffkommandanten auf das feuchte Haar setzte. Er freute sich darauf, wieder auf der eigens gepolsterten Schulter ihrer Uniformjacke sitzen zu können, sobald sie fertig angekleidet war.
Sie hob ihn hoch, setzte ihn auf die richtige Stelle und machte sich auf den Rückweg in ihr Quartier. Eigentlich hätte sie nun schlafen gehen sollen, es war spät genug, aber es gab immer noch ein wenig Papierkram, um den sie sich zu kümmern hatte, also begab sie sich ins Arbeitszimmer.
Sie berührte den Lichtschalter mit der Handfläche und ging zu ihrem Schreibtisch. Resolut weigerte sie sich, sich von dem von Kniehöhe bis an die Decke reichenden Bullauge ablenken zu lassen, bevor sie alle lästigen Pflichten erledigt hatte. Immerhin aber gestattete sie sich, innezuhalten und einen Blick auf das baumkatzengroße Lebenserhaltungsmodul zu werfen, das neben dem Schreibtisch am Schott befestigt war. Das Modul war das neueste Modell, mit allem Drum und Dran, erhöhter Standzeit und zusätzlichen Sicherheitsbonbons. Und es war neu. Zu Honors täglicher Routine gehörte es, die Anzeigen regelmäßig zu überprüfen, und bis sie mit allen Funktionen des Moduls absolut vertraut war, beabsichtigte sie, es jedesmal zu überprüfen, wenn sie daran vorbeikam.
Auf ihrer Schulter gab Nimitz einen leisen, zustimmenden Laut von sich. Er wußte, wozu – und für wen – das Modul bestimmt war. Persönliche Erfahrung hatte ihn zu einem glühenden Befürworter ihrer Gewissenhaftigkeit gemacht.
Sie grinste bei dem Laut, dann rückte sie mit äußerster Sorgfalt eine durch starke Hitze verformte, goldene Medaillenplakette an der Wand gerade und setzte sich hinter den Schreibtisch.
Sie hatte kaum ihr Terminal aktiviert, da erschien auch schon MacGuiness mit einer dampfenden Tasse neben ihr, und zum wiederholten Male fragte Honor sich, ob er in den Eingeweiden des Computers ein Energiemeßgerät untergebracht hatte. Stets erschien er, so kam es ihr vor, in dem Augenblick, in dem sie das System hochfuhr, und selbst so spät in der Nacht konnte sie darauf zählen, daß er sie mit dem aromatischen, süßen Kakao versorgte, den sie so gern bei der Arbeit trank.
»Vielen Dank, Mac«, sagte sie, als sie die große Tasse entgegennahm.
»Gern geschehen, Ma’am.« MacGuiness schloß mit einem Lächeln das Ritual ab. Der Chefsteward war ihr von ihrem alten Kommando an Bord dieses Schiffes gefolgt, und im Laufe der vergangenen 27 Monate hatte sich eine angenehme Routine zwischen ihnen entwickelt. Er war ein wenig zu sehr entschlossen, ihr alles mögliche abzunehmen, und Honor hatte entdeckt, daß sie sich gern verwöhnen ließ (und empfand dabei gewisse Schuldgefühle).
Er verschwand wieder in seine Küche, und Honor sah auf ihren Bildschirm. Offiziell war sie nicht ausdrücklich zur Unterstützung von Admiral Courvosiers Mission abkommandiert. Statt dessen war sie Befehlshaberin des Geleitschutzes für einen Konvoi, dessen Ziel das Casca-System war, 22 Lichtjahre jenseits von Jelzins Stern. Weder Jelzins Stern noch Casca lagen in einem besonders sicheren Sektor der Milchstraße, denn die Einzelsystem-Staaten dort draußen waren das, was man als ›ertragsarmen Boden‹ bezeichnete. Viele von ihnen hatten mit Piratenüberfällen bittere Erfahrungen gemacht, und sie waren
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