Die Ehre der Königin
sie als überraschende Abendunterhaltung für ihre Crew eine unangekündigte Gefechtsalarmübung plante.
McKeon war froh, daß es so gekommen war. Er mochte Alice Truman, doch sosehr Honors andere Skipper sie auch respektieren mochten, wußte er nur zu gut, daß keiner davon ihr ein Gesprächsthema aufdrängen könnte, das sie nicht selbst aufgebracht hatte. Aus persönlicher Erfahrung wußte er darüber hinaus, daß sie nicht im Traum daran denken würde, ihre Probleme mit jemandem an Bord ihres Schiffes zu teilen – und daß sie längst nicht so immun gegen Anspannung und Selbstzweifel war, wie sie glaubte, sein zu müssen.
Er war mit seinem Pfirsich-Cobbler fertig und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzen zurück. MacGuiness goß ihm frischen Kaffee in die Tasse.
»Vielen Dank, Mac«, sagte McKeon und schnitt eine Grimasse, als der Chefsteward Honor die Tasse mit Kakao füllte.
»Ich begreife einfach nicht, wie Sie dieses Zeug trinken können«, beschwerte er sich, als MacGuiness sich zurückzog. »Besonders nach etwas so Süßem und Klebrigem wie diesem Dessert!«
»Das ist nur fair«, entgegnete Honor und nahm grinsend einen Schluck. »Ich begreife nämlich nicht, wie jemand von euch diesen Kaffee trinken kann. Pfui Teufel!« Sie erschauerte. »Er riecht ja sehr gut, aber ich würde die Brühe nicht einmal als Schmiermittel nehmen.«
»So schlimm ist er nun auch wieder nicht!« protestierte McKeon.
»Ich kann dazu nur vermuten, daß man sich an den Geschmack vielleicht gewöhnen kann. Ich beabsichtige nicht, dies zu tun.«
»Wenigstens ist Kaffee nicht klebrig und sämig.«
»Das ist, abgesehen vom Geruch, wahrscheinlich das einzig Gute am Kaffee.« Honors dunkle Augen funkelten. »Mit Sicherheit würde er Sie nicht während eines langen sphinxianischen Winters am Leben halten. Dazu muß ein Getränk nämlich wirklich heiß sein!«
»Ich glaube, ich wäre überhaupt nicht daran interessiert, einen sphinxianischen Winter zu erleben.«
»Das liegt daran, daß Sie ein saft- und kraftloser Manticoraner sind. Sie wollen Ihre linden Lüfte doch wohl nicht als Wetter bezeichnen?« Sie schniefte. »Sie sind so verweichlicht, daß sie einen mickrigen Meter Schnee schon als Blizzard bezeichnen!«
»Tatsächlich? Nun, dann warte ich darauf, daß Sie endlich nach Gryphon umziehen.«
»Die Tatsache, daß ich Wetter mag, macht mich noch lange nicht zur Masochistin.«
»Ich glaube, daß Commander DuMorne diese versteckte Verunglimpfung seiner Heimatwelt nicht sehr mögen würde«, erwiderte McKeon grinsend.
»Ich glaube, Steve ist seit seinem Abgang von der Akademie nicht häufiger als zwomal nach Gryphon zurückgekehrt, und wenn Sie glauben, daß ich das gryphonische Wetter herunterputze, dann sollten Sie ihn erst mal hören. Saganami Island hat aus ihm einen wahren Gläubigen gemacht, und er hat schon vor Jahren seine komplette Familie an die Jasonbai umgesiedelt.«
»Ich verstehe.« McKeon spielte mit seiner Kaffeetasse, dann sah er auf und trug eine Miene, die halb Lächeln und halb Besorgnis war. »Wo wir gerade von wahren Gläubigen sprechen, was halten Sie von Grayson?«
Aus Honors Augen wich ein erheblicher Teil ihrer guten Laune. Wie um Zeit zu gewinnen, schlürfte sie noch einen Schluck Kakao, doch McKeon wartete geduldig.
Er hatte den ganzen Abend lang versucht, das Gespräch auf das Thema Grayson zu bringen, und jetzt würde er Honor nicht mehr vom Haken lassen. Er mochte ihr Untergebener sein, aber er war auch ihr Freund.
»Ich versuche, nicht daran zu denken«, antwortete sie schließlich. Ihr Tonfall war ein stillschweigendes Zugeständnis an seine Beharrlichkeit. »Die Graysons sind rückständig, engstirnig und bigott, und wenn der Admiral es mir nicht gestattet hätte, mich von ihnen zurückzuziehen, hätte ich vermutlich ein paar Schädel eingeschlagen.«
»Nicht unbedingt die diplomatischste Form der Kommunikation, Ma’am«, murmelte McKeon. Honors Lippen zuckten, und sie mußte wider Willen lächeln.
»Mir war auch nicht sonderlich diplomatisch zumute. Und wenn ich ehrlich sein soll, war mir auch nicht danach, mit den Kerlen zu kommunizieren.«
»Das war nicht gut«, stellte McKeon sehr ruhig fest. Ihr Mund verkrampfte sich vor Dickköpfigkeit, welche McKeon nur zu gut kannte. Dennoch fuhr er im gleichen, ruhigen Tonfall fort: »Vor langer, langer Zeit hatten Sie einmal einen echten Blödmann von Eins-O, der es zuließ, daß seine Gefühle seinen Pflichten in den Weg gerieten.«
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