Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
schimmern und erkannte den Umriss seines Kopfes, den hellen Fleck seines Gesichts.
Nur ein anderer Mann.
Sie schreckte nicht zusammen. Sie war längst jenseits von Panik, jenseits von allem außer Wut. Sie wartete. Wartete, um sich zu wehren, wartete, um zu sterben. Als einzige Waffe hatte sie ihre Zähne, die würde sie einsetzen, wenn sie es schaffte. Sie würde ihrem Angreifer Stücke aus seinem Fleisch herausbeißen, ihn vor ihrem Tod so schwer wie möglich verletzen. Wenn sie Glück hatte, konnte sie die Zähne vielleicht sogar in seine Kehle schlagen und wenigstens einen von diesen Dreckskerlen mit in den Tod nehmen.
Er ließ sich Zeit, starrte sie an. Ihre gefesselten Hände ballten sich zu Fäusten. Verflucht sei er! Verflucht seien sie alle!
Dann ging er neben ihr in die Hocke und brachte seinen Kopf nahe an ihr Gesicht heran. Für einen schrecklichen Sekundenbruchteil fragte Barrie sich, ob er sie küssen wollte … die Vorstellung schien ihr unerträglich. Sie bereitete sich darauf vor, ihm an die Kehle zu gehen, sobald er nah genug war.
„Mackenzie, United States Navy“, hörte sie ihn tonlos an ihrem Ohr flüstern.
Englisch, mit einem eindeutig amerikanischen Akzent. Barrie zuckte zusammen. Es dauerte, bevor sie den Sinn der Worte begriff: Navy. United States Navy. Seit Stunden hatte sie keinen Ton von sich gegeben, hatte sich beharrlich geweigert, irgendetwas zu ihren Entführern zu sagen, aber jetzt entrang sich ihrer Kehle unwillkürlich ein scharfer Laut.
„Sch, keinen Ton“, warnte er, immer noch in diesem tonlosen Flüstern. Noch während er sprach, griff er über ihren Kopf, und plötzlich ließ die Spannung in ihren Armen nach. Dieses Lockern jagte einen unerträglichen Schmerz durch Barries Schultergelenke, und sie sog erstickt die Luft in die Lungen, um dann hastig die Zähne zusammenzubeißen.
„Tut mir leid“, wisperte sie kaum hörbar, als der Schmerz erträglicher wurde.
Sie hatte kein Messer in seiner Hand gesehen, aber die kühle Klinge an ihrer Haut gespürt, als er die Stricke mit einer einzigen Bewegung durchtrennte. Jetzt versuchte sie, die Arme herunterzunehmen, doch die Muskeln gehorchten ihr nicht und blieben absolut regungslos.
Er wusste es, ohne dass sie es ihm sagen musste. Er steckte das Messer in die Scheide zurück und legte seine behandschuhten Hände auf ihre Schultern, begann, zu massieren und vorsichtig zu kneten, bevor er ihre Arme nahm und sie behutsam an ihre Seiten brachte. Ihre Gelenke brannten wie Feuer, als würden ihr die Gliedmaßen ausgerissen. Barrie biss die Zähne zusammen und weigerte sich, einen weiteren Laut durch die Barriere ihrer Lippen entschlüpfen zu lassen, auch wenn ihr vor Schmerz der kalte Schweiß auf die Stirn trat und eine Welle der Übelkeit durch sie hindurchrauschte.
Er drückte die Daumen in ihre Schultern, rieb über die geschwollenen, überspannten Sehnen und verstärkte den Schmerz damit nur noch. Barrie krümmte sich, bäumte sich auf, doch er drückte sie hinunter auf die Matratze, massierte unablässig weiter, um den Durchblutungsprozess wieder in Gang zu bringen. Schmerz schwappte über sie, benebelte sie, raubte ihr die Sicht und klares Denken. Sie stand kurz vor einer Ohnmacht.
Sie durfte nicht bewusstlos werden. Nicht jetzt. Sie würde es nicht zulassen. Mit aller Macht klammerte sie sich an den Gedanken, und tatsächlich, nach Augenblicken, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, begann der Schmerz abzuebben. Der Navy-Offizier fuhr mit der Massage fort, führte sie durch den Schmerz und hin zu Erleichterung. Barrie erschlaffte, sank auf die Matratze zurück und atmete in langen Zügen wie nach einem Spurt.
„Braves Mädchen“, flüsterte er, als er sie losließ. Ein Lob, das Balsam für ihre geschundene Seele war. Er richtete sich auf und zog erneut das Messer hervor, um ihre Füße zu befreien.
Sie spürte das kühle Metall, den kurzen Ruck, und unwillkürlich rollte sie sich zusammen, ohne dass ihr Gehirn ihrem Körper den Befehl erteilt hätte. Sie presste die Schenkel zusammen, kreuzte die Arme über ihrer bloßen Brust und barg das Gesicht in der modrigen Matratze. Sie konnte ihn nicht ansehen, sie konnte einfach nicht. Tränen brannten in ihren Augen, ließen einen dicken Kloß in ihrer Kehle wachsen.
„Sind Sie verletzt?“, fragte er mit diesem gespenstischen Flüstern, das ihr wie eine Berührung über die Haut fuhr. „Können Sie laufen?“
Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um die Nerven zuverlie
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