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Die Ehre der MacKenzies (German Edition)

Die Ehre der MacKenzies (German Edition)

Titel: Die Ehre der MacKenzies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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meist mit zerbrochenen Elternhäusern, nicht eingehaltenen Versprechen, hektischen Pflichtbesuchen oder völligem Desinteresse hatten fertig werden müssen, aber bei ihr war das nie so gewesen. Ihr Vater betete sie an. Er war an allem interessiert, was sie betraf – ihre Sicherheit, ihre Freunde, ihre Schule. Wenn er sagte, er würde sie anrufen, dann erfolgte der Anruf pünktlich auf die Minute. Jede Woche war ein Geschenk mit der Post gekommen, nichts übermäßig Teures, sondern eine liebe kleine Aufmerksamkeit. Barrie konnte nachvollziehen, warum er sich so um ihre Sicherheit sorgte. Warum er sie in die Schweiz in das exklusive Mädcheninternat mit den strengen Regeln geschickt hatte, anstatt in eine öffentliche Schule, in der es betriebsam zuging wie in einem Taubenschlag. Sie war alles, was ihm geblieben war.
    Und er war alles, was sie hatte. Als der schreckliche Anschlag damals die Familie traf, hatte Barrie sich voller Angst monatelang an ihren Vater geklammert und war nicht von seiner Seite gewichen. Wenn die Arbeit ihn doch von ihr fortgeholt hatte, weinte sie ununterbrochen, bis er wieder zurück war. Irgendwann war die Angst in ihr gewichen, dass auch er nicht mehr zurückkommen könnte. Doch der übermäßige Beschützerdrang war längst bei Barries Vater etabliert.
    Jetzt war sie fünfundzwanzig, eine erwachsene Frau. Auch wenn die Besorgnis ihres Vaters sich während der letzten Jahre ein wenig gelegt hatte, so gefiel Barrie ihr Leben doch eigentlich zu sehr, um dagegen zu protestieren. Sie mochte ihren Job in der Botschaft so sehr, dass sie ernsthaft mit dem Gedanken spielte, auf Dauer eine diplomatische Karriere einzuschlagen. Sie übernahm gern die Gastgeberpflichten für ihren Vater. Das Protokoll lag ihr, sie hatte es perfekt verinnerlicht, und mittlerweile repräsentierten immer mehr weibliche Botschafter ihre Länder auf dem internationalen Parkett. Es war ein exklusiver, privilegierter Kreis, aber Barrie verfügte über alle nötigen Voraussetzungen für die Aufgabe. Sie war ruhig, beherrscht und besaß Takt und Einfühlungsvermögen.
    Jetzt jedoch, nackt auf diesem Bett und voller dunkler Blutergüsse auf der hellen Haut, kochte eine Wut in Barrie, die so tief und so existenziell war, dass sie fürchtete, etwas an ihrem grundlegenden Charakter sei maßgeblich verändert worden. Eine komplette Umwälzung ihres eigentlichen Wesens. Sie würde nicht tatenlos zulassen, was „sie“ mit ihr vorhatten. „Sie“ – diese namenlosen, bösartigen Kreaturen mit ihrem Plan. Wenn sie sie töten wollten … dann würden sie es tun müssen. Barrie war bereit. Lieber das, als sich aufzugeben.
    Die Vorhänge bauschten sich.
    Die Bewegung zog ihren Blick an, Barrie drehte den Kopf zum Fenster. Es war eine automatische Reaktion, ohne wirkliches Interesse. Ihr war so kalt, dass nicht einmal der Wind, stark genug, um die schweren Vorhänge zu bewegen, ihre Neugier wecken konnte.
    Abrupt hielt sie den Atem an.
    Stumm beobachtete sie den schwarzen Schatten, der durch das Fenster hereinschlüpfte. Ein Mensch konnte es nicht sein, Menschen machten Geräusche, wenn sie sich bewegten. In der absoluten Stille des Raumes hätte sie auf jeden Fall etwas hören müssen, das Rascheln des Vorhangstoffs, einen Atemzug vielleicht, das Auftreten eines Fußes auf den Boden …, irgendetwas.
    Die Vorhänge fielen nicht wieder so perfekt geschlossen zusammen, nachdem der Schatten hindurchgeschlüpft war. Ein kleiner Spalt blieb offenstehen, durch den Licht hereinfiel – Mondlicht, Sterne, Straßenlaterne, welche Quelle auch immer. Barrie konzentrierte sich auf die dunkle Kontur, die jetzt auf sie zukam. Sie schrie nicht und sagte nichts. Schlimmer konnte es nicht werden.
    Vielleicht schlief sie ja auch und das Ganze war nur ein Traum. Real schien es ihr auf jeden Fall nicht. Obwohl … nichts, was ihr in den letzten schrecklichen Stunden seit der Entführung widerfahren war, schien real zu sein. Außerdem war ihr viel zu kalt, um schlafen zu können. Nein, das war kein Traum.
    Der schwarze Schatten stand jetzt neben ihrem Bett, ragte über ihr, groß und kräftig, und schien sich an ihrem Anblick zu weiden. Dann rührte er sich, hob eine Hand hoch und zog an etwas … an etwas Schwarzem …
    Eine Maske. Barrie blinzelte. Es dauerte einen Moment, bevor ihr erschöpfter Verstand eine logische Erklärung fand: ein Mann, der eine Maske trug. Kein Tier, kein Phantom, sondern ein Mann aus Fleisch und Blut. Sie sah seine Augen

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