Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
hinter sich, während er die Waffe, die bisher über seiner Schulter gehangen hatte, in Anschlag brachte. Sie standen vor der Tür, absolut reglos, und lauschten auf den Lärm auf der anderen Seite. Barrie konnte drei Stimmen unterscheiden und erkannte sie alle wieder. Da waren mehr Schreie und mehr Flüche in der Sprache, die sie gehört hatte, aber nicht verstehen konnte. Die Flüche wurden härter, als man den toten Wachposten und Barries Abwesenheit bemerkte. Etwas knallte gegen die Wand, als einer der Entführer seiner Wut Luft machte.
„Hier Eins. Ab sofort Plan B.“
Bei dem Flüstern zuckte Barrie zusammen. Verwirrt starrte sie ihren Retter an und versuchte, den Sinn hinter seinen Worten auszumachen. Natürlich, er war nicht allein gekommen, da draußen war höchstwahrscheinlich eine ganze Truppe. Er hatte soeben eine Nachricht an seine Männer weitergegeben. Sie mussten jetzt nur noch aus diesem Gebäude herauskommen. Bestimmt wartete ein Helikopter auf sie oder ein Lastwagen oder ein Schiff. Ihr war es gleich, und wenn sie mit dem Fahrrad gekommen waren – sie wollte nur weg von hier.
Offensichtlich war wohl geplant gewesen, sie unbemerkt zum Fenster hinauszuschmuggeln, aber etwas schien schiefgegangen zu sein, die anderen waren entdeckt worden. Jetzt saßen Barrie und ihr Retter hier in diesem Raum fest, ohne die Möglichkeit, zu den anderen zu stoßen.
Barries Körper begann, gegen den Stress und die Anstrengung zu revoltieren, gegen die Angst und die Schmerzen. Mit seltsam losgelöstem Interesse registrierte sie, wie ihre Muskeln zu zittern anfingen, wie sich die Schauer an ihren Beinen hocharbeiteten, über ihren Leib liefen, in ihre Schultern fuhren, bis sie unkontrolliert zu wanken begann. Liebend gern hätte sie sich an ihren Retter gelehnt, doch sie befürchtete, ihn dann in seinen Bewegungen einzuschränken. Ihr Leben – und seines – hing jetzt von seinem Können ab. Helfen konnte sie ihm nicht, aber sie konnte ihm wenigstens nicht im Weg stehen.
Trotzdem, sie musste sich dringend anlehnen. Vorsichtig tastete sie sich zwei Schritte zurück zur Wand. Er spürte es und drehte sich halb um, fasste mit der linken Hand nach ihr und zog sie zurück an seinen Rücken. Sie sollte wohl greifbar sein, falls ein sofortiger Rückzug nötig wurde.
Seine Nähe wirkte auf Barrie elementar beruhigend. Ihre Entführer hatten ihr eine solche Angst und einen solchen Ekel eingejagt, hatten jeden weiblichen Instinkt in ihr angegriffen, sodass Barrie sich entsetzt gefragt hatte, ob sie je wieder einem Mann vertrauen könnte. Die Antwort war: Sie konnte, zumindest diesem Mann.
Dankbar ließ sie sich gegen seinen Rücken fallen und lehnte die Wange an seine Schulter. Seine Körperwärme war wunderbar, er roch sogar warm, wie sie betäubt bemerkte, sein Duft war eine Mischung aus leichtem, frischem Schweiß und herber Männlichkeit, ein Aroma wie feinster Whiskey. Mackenzie. Er hatte gesagt, sein Name sei Mackenzie.
Sie standen absolut regungslos in dem dunklen Raum, für eine Ewigkeit, lauschten auf die Schüsse und die Schreie, die sich entfernten, so lange, dass Barrie sogar kurz einnickte. Der Mann vor ihr verharrte wie ein Fels, unerschütterlich, geduldig, ohne die geringste Bewegung. Nicht einmal eine Andeutung, dass seine Muskeln verspannt sein könnten und nach Lockerung schrien. Sein Atem und damit das regelmäßige Heben und Senken seiner Brust waren das Einzige. Sanfte Wellen, ein Schaukeln, das sie einlullte, wie auf einem Floß sanft dahintreiben ließ …
Barrie wachte auf, als er nach hinten griff und sie leicht schüttelte. „Sie glauben, wir seien entkommen“, flüsterte er. „Rühren Sie sich nicht von der Stelle, geben Sie keinen Laut von sich. Ich sehe nach.“
Gehorsam drückte sie sich von ihm ab und hätte am liebsten über den Verlust seiner Körperwärme geweint. Der dünne Strahl einer Taschenlampe, deren Linse zum größten Teil abgeklebt war, leuchtete auf und enthüllte einen leeren Raum, in dem lediglich an einer Wand Kisten gestapelt standen. Spinnweben hingen an der Decke, der Boden war mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Barrie erblickte ein kleines Fenster an der gegenüberliegenden Wand, ihr Retter achtete sorgsam darauf, den Lichtstrahl nicht in diese Richtung zu halten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Diesen Raum schien seit Ewigkeiten niemand mehr benutzt zu haben.
Mackenzie lehnte sich zu ihr herüber, sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr, als er ihr
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