Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
Wyoming. Ihm bot sich ein atemberaubender Ausblick über majestätische Berge und üppige grüne Täler. Alles war Zane so unendlich vertraut: die Sättel, die Arbeitsstiefel, die Kühe, vor allem aber die Pferde. Das große Haus war vollgestopft mit Büchern, Katzen ließen es sich in den Ställen gut ergehen. Die Mutter verwöhnte ihn mit ihrer hartnäckigen, liebevollen Fürsorge, vor der es kein Entrinnen gab, der Vater mit seinem Verständnis und seiner unverbrüchlichen Loyalität.
Es war nicht das erste Mal, dass Zane angeschossen worden war. Er war mit einem Messer aufgeschlitzt worden, hatte Knochenbrüche gehabt, auch eine punktierte Lunge. Er war schon früher schwer verletzt worden, aber so nahe war er dem Tod noch nie gewesen. Wenn Barrie nicht die Wunde mit ihrem ganzen Körpergewicht abgedrückt hätte, wäre Zane auf dem Boot verblutet. Ihr schnelles, entschlossenes Handeln hatte den Unterschied gemacht. Santos, der das Plasma in seine Adern gepumpt hatte, hatte den Unterschied gemacht. Zane konnte ein Dutzend Details aufzählen, die ihn gerettet hatten. Hätte eines davon gefehlt …, er wäre jetzt tot.
Seit Zane aus dem Militärkrankenhaus nach Hause gekommen war, verhielt er sich ungewöhnlich still. Nicht dass er deprimiert war, es gab einfach nur vieles, über das er nachdenken musste. Was sich als nicht ganz leicht erwies, wenn sich die gesamte Familie davon überzeugen wollte, dass es ihm den Umständen entsprechend gut ging, und zu Besuch auf den Berg kam.
Joe war aus Washington eingeflogen, um seinen kleinen Bruder zu begutachten, Michael und Shea waren mehrere Male mit ihren beiden Lausebengeln gekommen, Josh und Loren mit ihren drei Sprösslingen waren übers Wochenende geblieben. Maris war die ganze Nacht durchgefahren, um da zu sein, als Zane nach Hause gebracht wurde. Zum Glück konnte ich da schon allein laufen – wenn auch nur langsam –, sonst wäre Maris wahrscheinlich immer noch hier, überlegte Zane.
Maris hatte sich einen Stuhl genommen, sich vor Zane gesetzt und ihn stundenlang stumm mit ihren dunklen Augen angestarrt, so als wolle sie ihre Lebensenergie auf ihn übertragen. Vielleicht hatte sie das sogar. Seine kleine Schwester war anders als andere Menschen. Nahezu mystisch.
Zum Teufel, sogar Chance war aufgetaucht. Er hatte ihre Mutter und die Schwester mit argwöhnischen Blicken im Auge behalten, so als seien die beiden Zeitbomben, die jederzeit losgehen konnten, aber er war da und saß neben Zane auf der Veranda.
„Du spielst mit dem Gedanken, den Dienst zu quittieren.“
Zane fragte erst gar nicht, woher Chance wusste, was ihm im Kopf umging. Nachdem sie sich mit vierzehn eine saftige Prügelei geliefert hatten, waren sie zu einem selten tiefen gegenseitigen Verstehen gelangt. Vielleicht lag es auch daran, dass sie so viel miteinander durchgemacht hatten – die Schulzeit, die Mädchen, das Militär. Doch auch nach so langer Zeit war Chance ein einsamer Wolf geblieben. Er mochte es nicht, wenn Menschen ihm zu nah kamen, gegen seine Familie allerdings war er machtlos.
Bevor Mary ihn unter ihre Fittiche genommen hatte, hatte er nicht gewusst, was Liebe ist. Die quirligen Mackenzies hatten ihn einfach überwältigt. Es war lustig zu beobachten, wie er sich immer noch dagegen sträubte – und sich nach spätestens einer Stunde geschlagen gab. Mary ließ ihm einfach keine andere Wahl, und Maris schon gar nicht. Und nachdem er Chance einmal als seinen Bruder akzeptiert hatte, war Zane nie wieder auf sein Misstrauen eingegangen. Nur Wolf war bereit gewesen, seinem Adoptivsohn Zeit zum Eingewöhnen zu lassen. Aber nicht allzu lange.
„Stimmt“, gab Zane schließlich zu.
„Weil es dieses Mal wirklich knapp war?“
Zane schnaubte. „Wann hätte das je einen Un ter schied für einen von uns gemacht?“ Er war der Einzige in der Familie, der genau über Chances Job Bescheid wusste. Sie witzelten ständig darüber, wer von ihnen denn nun den gefährlicheren Auftrag hatte.
„Dann hat deine letzte Beförderung das ausgelöst.“ „Sie haben mich praktisch von der Front abgezogen.“
Zane lehnte sich vorsichtig in den Stuhl zurück. Er hatte schnell heilendes Fleich, aber dieses Mal machte ihm die Wunde selbst nach zwei Wochen noch zu schaffen. „Wären nicht zwei meiner Männer auf der Montgomery verwundet worden, hätten sie mich gar nicht auf diese Mission mitgehen lassen.“
Chance wusste, welchen Mist die Jungs auf der Montgomery gebaut hatten. „Mist
Weitere Kostenlose Bücher